Eitelkeit, Falle der Frauen: die polnische Staatsanwältin Katarzyna Sawicka fühlte sich offenbar gebauchpinselt, als sie von der Mafia zum Silvesterball eingeladen wurde. Die Sache flog auf. Jetzt muss Sawicka um ihren Posten bangen.
Warschau - Es mag eine rauschende Ballnacht gewesen sein,
aber für die Warschauer Staatsanwältin Katarzyna Sawicka und ihre
Vorgesetzten folgte ein raues Erwachen, als das Magazin "Wprost" in
dieser Woche erschien.
"Die Mafia und die Staatsanwältin - frohes
Neues Jahr!" hieß es unter dem Bild, das die brünette Juristin im
schulterfreien Abendkleid an der Seite eines Geschäftsmannes zeigte,
der erst im vergangenen Dezember nach Zahlung einer Kaution von 1,5
Millionen Zloty (333.000 Euro) aus der Untersuchungshaft entlassen
wurde. Ihm wird vorgeworfen, Schmiergeld in Millionenhöhe angenommen
zu haben.
Doch der mutmaßliche Weiße-Kragen-Täter war nicht der einzige
polizeibekannte Gast an Tisch 33 im gediegenen Warschauer Hotel
"Sobieski", der die Silvesternacht in der Gesellschaft der
Staatsanwältin verbrachte. Sawicka ermittelt seit 1991 in der
Abteilung VI der Warschauer Bezirksstaatsanwaltschaft Geldwäsche und
Wirtschaftskriminalität im Rahmen des Organisierten Verbrechens.
Herzlich Willkommen
Auch ein unter dem Pseudonym "Sproket" bekannter örtlicher
Mafiaboss gehörte zur Ballgesellschaft, sprach die Juristin dem
"Wprost"-Artikel zufolge freundschaftlich mit Vornamen an und rühmte
sich gar seiner Bekanntschaft mit der Staatsanwältin, als er mit
einem als Auftragskiller verdächtigen "Kollegen" am Nebentisch
sprach.
"Sproket" selbst soll sich auf Schutzgelderpressung, Raub und
Autodiebstahl spezialisiert haben und gehörte den Angaben zufolge
früher der "Bande von Pruszkow" an, Polens gefährlichster Mafia-
Organisation, gegen die auch Sawicka ermittelte.
Seit Montagabend ist Sawicka vom Dienst suspendiert. Ihrer
Karriere droht nach dem Silvesterball das Aus. Die Anklagebehörde
erfuhr bereits in der ersten Januarwoche von der "ehrenwerten
Gesellschaft" der Juristin in der Silvesternacht, sagte Zygmunt
Kapusta von der Warschauer Staatsanwaltschaft. "Wir berücksichtigen,
dass es sich um eine Provokation handeln kann und die Staatsanwältin
absichtlich in diese Lage manövriert wurde", versuchte er sich in
Schadensbegrenzung.
"Frau Staatsanwältin war nicht an den Tisch gekettet"
"Frau Staatsanwältin war nicht an den Tisch gekettet"
Nach den bisherigen Erkenntnissen habe Sawicka
zwar die ganze Silvesternacht mit insgesamt vier Personen verbracht,
"an denen die Ermittlungsorgane interessiert sind". Sie selbst sei
allerdings nicht mit Ermittlungen gegen einen der Männer befasst
gewesen.
Der stellvertretende Generalstaatsanwalt Kazimierz Olejnik jedoch
lehnte im polnischen Rundfunk die Theorie ab, Sawicka sei
mit der kompromittierenden Ballbegleitung in eine Falle gelockt
worden. "Ich habe auf dem Bild nicht gesehen, dass die Frau
Staatsanwältin an den Tisch gekettet worden ist", sagte er.
Es stehe
außer Frage, dass sie in Begleitung eines Mannes den Ball besucht
habe, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittle. "Aus den bisherigen
Ermittlungen geht hervor, dass sie wusste, mit wem sie am Tisch
sitzt, und dass ein Teil dieser Personen mit der Welt des Verbrechens
verbunden ist."
Sawicka selbst darf sich unter Androhung von Disziplinarmaßnahmen
nicht zu den Vorwürfen äußern. Seit Ende vergangener Woche läuft ein
Ermittlungsverfahren gegen die Staatsanwältin. Ihre Kollegen
untersuchen, ob sie Dienstgeheimnisse verraten haben könnte.