Deutsche Messe Der Grandsigneur der Basare tritt ab

Ob Expo oder Cebit: Jahrelang war Klaus E. Goehrmann die erste Instanz im Deutschen Messewesen. Jetzt gibt der Pionier der Verkaufsschauen die Leitung der Messegesellschaft ab.

Hannover - 20 Jahre lang stand er an der Spitze von Deutschlands größter Messegesellschaft, der Deutsche Messe AG, war Herr über das größte Messegelände der Welt.

Jetzt gibt er den Vorstandsposten bei der Deutschen Messe AG ab: Klaus E. Goehrmann übergibt zum Ende des Jahres den Chefsessel an seinen Vorstandskollegen Sepp D. Heckmann. Mit einer Feier verabschiedet sich der 65-Jährige von seinem bisherigen Arbeitgeber.

Goehrmann gilt als eloquenter Netzwerker mit guten Kontakten zur internationalen Wirtschaft und Politik. Microsoft-Chef Bill Gates kam nach Hannover, Siemens-Chef Heinrich von Pierer geht auf dem Messe-Gelände ein und aus. Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, schaut regelmäßig vorbei.

Cebit contra Industrie

Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist Dauergast und lässt kaum eine große Messe in Hannover verstreichen, spricht bei Eröffnungen von Cebit oder Hannover Messe und drängt sich durch das Getümmel in den Messehallen, ebenso wie Ex-Kanzler Helmut Kohl.

Goehrmann, Oberst der Reserve, brachte in seiner Zeit die Deutsche Messe AG entscheidend voran. Als erstes großes Projekt musste er kurz nach seinem Antritt die Trennung der Hannover Messe Industrie und der damals noch kleinen Bürotechnik-Messe CeBIT vollziehen.

Der Schritt gelang. Die Cebit gilt inzwischen als weltweit wichtigste Branchenmesse. Die Hannover Messe Industrie allerdings, an sich Goehrmanns Lieblingskind, rückte im Laufe der Jahre immer mehr in den großen Schatten der High-Tech-Schau.

Fluch und Segen der Expo

Fluch und Segen der Expo

Außerdem hatte er großen Anteil daran, dass die Weltausstellung Expo 2000 nach Hannover kam. Immer wieder nutzte er sein Netzwerk zu Politik und Wirtschaft für die Weltausstellung.

Insider meinen, dass er dies nicht nur aus Faszination für die Expo machte, sondern auch, weil das Messegelände profitierte - mit einem neuen Bahnhof, bester Verkehrsanbindung an Autobahn und Flughafen und zahlreichen neuen Hallen.

Dass die Expo schließlich für Bund und Land Niedersachsen ein Milliardengrab wurde, hatte Goehrmann nicht zu verantworten. Ganz im Gegenteil. Beobachter waren damals der Meinung, die Expo wäre anders verlaufen, wenn die Deutsche Messe AG mehr in die Verantwortung genommen worden wäre.

Schlachtschiffe mit Schlagseite

Unter seiner Federführung suchte die Deutsche Messe AG auch den Weg ins Ausland. Die Messe beteiligte sich an einem Ausstellungszentrum im chinesischen Schanghai und richtet dort Miniausgaben der Hannover Messe oder der Computermesse Cebit aus. Auch in der Türkei oder in New York gibt es inzwischen Ableger der Computermesse. Das stetig wachsende Auslandsgeschäft, so hat die Messe ermittelt, stützt die Veranstaltungen in Hannover.

Allerdings verlässt der Messe-Kapitän die Deutsche Messe AG nicht in den besten Zeiten. Die beiden großen Schlachtschiffe Cebit und Hannover Messe leiden beide unter der anhaltend flauen Konjunktur sowie sinkenden Besucher- und Ausstellerzahlen. Das Management hat dem Unternehmen, an dem die Stadt Hannover und das Land Niedersachsen die Anteile halten, einen strikten Sparkurs verordnet.

Zur Ruhe setzt sich Goehrmann allerdings nicht. Er ist noch Präsident von Niedersachsens größter Industrie- und Handelskammer in Hannover, des Deutschen Marketing-Verbandes und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und lehrt als Professor für Technologiemanagement.

Hartwig von Saß, dpa

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