Siemens Von Pierer geht in die Verlängerung
München - Eine Verlängerung des bis September 2004 laufenden Vertrages von Siemens-Chef Heinrich von Pierer (62) um weitere zwei Jahre gilt in der Münchner Konzernzentrale nach Informationen aus informierten Kreisen als sicher. Von Pierer ist seit elf Jahren Siemens-Chef.
Gleichzeitig wurde bekannt, dass von Pierer die Führung der kriselnden High-Tech-Sparte nach einem kurzen Intermezzo wieder abgibt. Der Aufsichtsrat wird auf seiner Sitzung am kommenden Mittwoch einen neuen Chef für das größte Arbeitsgebiet Information und Kommunikation (I+C) benennen.
Pierer hatte die Führung der Sparte - zu der das Mobilfunkgeschäft ICM, der Netzwerkbereich ICN und der IT-Dienstleister SBS gehören - im Juli kommissarisch übernommen. Die Leitung von I+C ist einer der wichtigsten Posten, die Siemens zu besetzen hat.
Umsatzrückgang von zehn Prozent
Mit der Übernahme der Verantwortung für I+C wollte Pierer ein Zeichen setzen. Die betroffenen Bereiche seien "in der entscheidenden Phase ihrer Zukunftssicherung", hieß es damals. Die potenziellen Anwärter für den Posten hätten noch genug in ihren Verantwortungsbereichen zu tun.
Als aussichtsreichste Kandidaten für den Posten gelten ICN-Chef Thomas Ganswindt, der ICM-Bereichsleiter Rudi Lamprecht und Amerika-Chef Klaus Kleinfeld. Allerdings wird auch eine Umgruppierung des Vorstands nicht ausgeschlossen. Dann könnte beispielsweise Konzernstratege Johannes Feldmeyer, der erst im Juli in den Zentralvorstand aufgerückt war, die Leitung von I+C übernehmen.
Es wird erwartet, dass von Pierer bei der Bilanzpressekonferenz am kommenden Donnerstag für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr einen Umsatzrückgang um zehn Prozent auf rund 73 Milliarden Euro vorlegen werde. Der Gewinn solle in der Nähe des Vorjahreswerts von 2,6 Milliarden Euro liegen.
Sanierung schreitet voran
Sanierung schreitet voran
Nach Ansicht von Experten ist die Sanierung des bisher defizitären Netzwerkbereichs ICN ein großes Stück voran gekommen.
"ICN sollte im vierten Quartal Gewinn gemacht haben", erklärte Analyst Axel Funhoff von Bear Stearns. Im Durchschnitt erwarten die Analysten bei ICN einen knappen Quartalsgewinn (Ebit) von sieben Millionen Euro, verglichen mit Verlusten von 125 Millionen Euro im Vorquartal und 325 Millionen Euro im Vorjahresquartal.
Damit sei aber noch lange nicht gesagt, dass ICN eine dauerhafte Ertragswende geschafft habe. Fraglich sei, ob der von der Schwäche der Telekommunikationsfirmen getroffene Bereich bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres das von der Konzernspitze vorgegebene Renditeziel von acht bis elf Prozent erreichen könne.
Renditeziele könnten angepasst werden
"Es ist durchaus möglich, dass die Ziele der aktuellen Marktlage angepasst werden und etwas realitätsnäher festgesetzt werden, sagt Analyst Andre Remke von der Vereins- und Westbank.
Siemens hatte 2001 - noch vor dem Ende des weltweiten Internet- und Kommunikationsbooms - ein Verbesserungsprogramm beschlossen, nach dem jeder der 13 Konzernbereiche bis zum Herbst 2003 bestimmte Renditeziele erreichen muss. Für ICN und vier weitere Bereiche wurde diese Frist später um ein Jahr verlängert.
Nicht zuletzt wegen der Verzögerungen im Renditeprogramm rechnen auch die Analysten damit, dass Konzernchef Heinrich von Pierer seinen zum Ende des laufenden Geschäftsjahres auslaufenden Vertrag noch einmal verlängert. "Das wäre besser, als jetzt zu gehen, wenn alles halb fertig ist", sagte ein Analyst.