Arztbesuch in Warschau, Familienfeier beim Italiener, ein privates Hochzeitsgeschenk - und das alles auf Kosten des Stadtsäckels. Die Vorwürfe sind hart, denen das Gericht im Fall der Hanauer Ex-Bürgermeisterin "Queen Margret" Härtel nachgehen muss. Der "Sonnenkönigin" droht eine Haftstrafe.
Hanau - Zwischen Himmel und Hölle liegen für die Hanauer
CDU-Politikerin Margret Härtel gerade einmal zwölf Monate. Noch vor
einem Jahr war sie in der hessischen Stadt am Main als volksnahe
Oberbürgermeisterin Liebling der Wähler. "Queen Margret" nannten sie
manche liebevoll.
Doch nach einer monatelangen Affäre, die die hessische Lokalpolitik in ihren Grundfesten erschütterte, wählten die Bürger
die 59-Jährige im Mai aus dem Amt. Jetzt könnte es noch schlimmer für
Härtel kommen: Von Donnerstag an muss sie sich wegen Untreue und
Betrugs vor Gericht verantworten. Ihr droht sogar eine Haftstrafe.
Für die Staatsanwaltschaft besteht kein Zweifel an der Schuld
Härtels. Sie hatte öffentlich zugegeben, in einem Dienstwagen samt
Chauffeur der Stadt zu einem privaten Arztbesuch nach Warschau
gefahren zu sein. Gleich zwei Mal rechnete sie laut Anklagebehörde
private Restaurantbesuche über die Stadt ab, darunter eine
Familienfeier für 650 Euro in einem italienischen Restaurant. Auch
ein privates Hochzeitsgeschenk soll die Stadt bezahlt haben.
Schunkeln mit Völler
Mit einem lockeren Mundwerk hatte sich die CDU-Frau einen Platz in
den Herzen der Hanauer erobert. Sie schunkelte vor tausenden Menschen
mit DFB-Teamchef Rudi Völler auf dem Rathaus-Balkon, als der
berühmteste Sohn der Stadt nach der Fußballweltmeisterschaft die
Ehrenbürgerwürde erhielt. Ihren größten politischen Erfolg feierte
sie 2002 mit der Landesgartenschau, die sie gegen Widerstände
durchgeboxt hatte. Kritiker hielten ihr aber schon damals vor, sie
behandele die Stadt wie eine "Sonnenkönigin" ihr Eigentum.
Die Staatsanwaltschaft stützt sich auf Belege aus der Stadtkasse.
So waren auf den Quittungen für die Restaurantbesuche Namen von
Personen aufgetaucht, die niemals an den Essen teilgenommen hatten.
Für einen Sprecher der Staatsanwaltschaft steht fest: "Härtel hat
nichts selbst gefälscht." Während der vier geplanten Verhandlungstage
muss das Gericht nun klären, ob ihr Büro eigenmächtig oder im Auftrag
der 59-Jährigen handelte. Hinter den Kulissen soll Härtel ihre
Mitarbeiter unter Druck gesetzt und angeschrien haben. Von einer
"diktatorischen" Stimmung ist sogar die Rede. Die Gescholtene wies
die Vorwürfe stets zurück.
Hat sie geschummelt oder ihre Mitarbeiter?
Es wird für das Urteil maßgeblich sein, ob das ehemalige
Aushängeschild der CDU nach Meinung des Gerichts ihr Amt missbraucht
hat. Sollte das der Fall sein, könnte es auf eine Haftstrafe
entscheiden, wenn auch auf Bewährung. Auch ein mögliches
Schuldeingeständnis spielt eine Rolle. Für die "schlimmen und
schweren Fehler" hatte Härtel zwar die volle Verantwortung
übernommen. Im gleichen Atemzug betonte sie aber, es sei ihr größter
Fehler gewesen, ihre Mitarbeiter nicht stärker kontrolliert zu haben.
Kritiker sahen darin einen Versuch, sich von jeder Schuld
reinzuwaschen.
Der 59-Jährigen geht es nach Angaben ihres Anwalts "gesundheitlich
nicht gut". Nach einem Kreislaufzusammenbruch an Weihnachten, dem
Höhepunkt der Affäre, war die CDU-Politikerin mehrere Monate lang
krankgeschrieben. Sie will sich erst einmal nicht mehr in der
Öffentlichkeit äußern. Ihr Anwalt kündigte aber an, Härtel werde
"aller Wahrscheinlichkeit nach" während des Prozesses eine Erklärung
abgeben.