Flowtex-Skandal Der Büttel soll bluten
Stuttgart/Mannheim - Im neuen Flowtex-Prozess hat der Angeklagte Manfred Schmider (Spitzname: "Big Manni") am Dienstag erstmals das Wort ergriffen und wie angekündigt sein früheres Geständnis widerrufen.
Seine Aussage beim ersten Prozess sei falsch gewesen, weil der milliardenschwere Betrug ohne die Mitwirkung der Finanzbehörden nicht möglich gewesen wäre, sagte Schmider vor dem Landgericht Mannheim. Wegen Betrugs war der ehemalige Flowtex-Chef zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil im Strafmaß aufgehoben.
Wie weiter bekannt wurde, wird nun erstmals auch ein Landesbeamter im Zusammenhang mit dem milliardenschweren Flowtex-Skandal angeklagt. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat die Ermittlungen gegen einen Betriebsprüfer des Finanzamts Karlsruhe-Durlach abgeschlossen und die Anklageschrift dem Landgericht Mannheim übergeben. Ein Sprecher des Gerichts wollte sich zu Details nicht äußern.
Aussage verweigert
Der Finanzbeamte hatte im Mai 2002 vor dem Flowtex-Untersuchungsausschuss des Landtags eine Auskunft zu den Vorgängen verweigert. Mehr als zwei Jahre hatten die Mannheimer Ankläger gegen ihn ermittelt. Der Verdacht: Bestechlichkeit, Strafvereitelung im Amt und Beihilfe zum Betrug.
Dem Mann, der laut Anklage seit 1996 zur steuerlichen Prüfung von Firmen der Flowtex-Gruppe eingesetzt war, wird laut Ermittlungen zur Last gelegt, bereits Ende 1996 oder Anfang 1997 von den Scheingeschäften gewusst zu haben.
Gleichwohl habe er dies in dem von ihm gefertigten Betriebsprüfungsbericht nicht aufgeführt und gleichzeitig den Hauptverantwortlichen der Firmen zugesagt, dies auch bei der im Jahre 1999 anstehenden Betriebsprüfung für die Folgejahre nicht zu erwähnen.
"Straftaten interessieren uns nicht"
"Straftaten interessieren uns nicht"
Schmider habe dem Betriebsprüfer im Januar 1997 ein Notebook nebst Zubehör mit einem Neuwert von damals 5500 Mark zum Preis von 1000 Mark überlassen. Außerdem habe der damalige Flowtex-Chef in Zusammenhang mit dem Kauf eines privaten Autos durch den Betriebsprüfer im August 1998 den von ihm in der Folge dann auch bezahlten Betrag in Höhe von 20.000 Mark übernommen.
Weiter besteht gegen den Finanzbeamten der Verdacht, Schmider im Januar oder Februar 2000 von dem seinerzeit gegen diesen eingeleiteten Ermittlungsverfahren und der bevorstehenden Verhaftung informiert und gewarnt zu haben. Schmider wird dementsprechend in der Anklage Bestechung in zwei Fällen vorgeworfen. Ein Termin zur Hauptverhandlung stand zunächst noch nicht fest.
Sind Scheinrechnungen "gang und gäbe"?
Ein ehemaliger Sachgebietsleiter für Betriebsprüfung in Karlsruhe hatte schon im Januar gegenüber dem Landtags-Untersuchungsausschuss zu Protokoll gegeben, es sei bei den Arbeiten der Steuerprüfer zunächst nicht um strafrechtliche Konsequenzen gegangen. "Wir sind Steuerprüfer. Sonstige Straftaten interessieren uns nicht oder nur am Rande." Scheinrechnungen seien heute "gang und gäbe", so der Beamte weiter.
In der Vergangenheit war immer wieder über eine Mitschuld der Behörden an dem Flowtex-Skandal - einem der größten deutschen Wirtschaftsbetrugsfälle der Nachkriegszeit - spekuliert worden. Die baden-württembergische CDU/FDP-Landesregierung hatte Fehler jedoch stets zurückgewiesen.
Der Insolvenzverwalter von Flowtex, Eberhard Braun, stützt eine Staatshaftungsklage auf Schadenersatz in Millionenhöhe gegen das Land Baden-Württemberg auch auf eine Mitschuld und Schlamperei der Behörden. Gegen Schmider war schon öfters ermittelt worden. Die Verfahren waren aber dann immer eingestellt worden.
Flowtex-Skandal: "Big Manni" will neu auspacken Flowtex: Manfred Schmider - nur bedingt schuldfähig? Flowtex: Steuerprüfer wussten Bescheid