Flowtex "Märchen aus 1001 Nacht"
Stuttgart - Mehrere prominente Karlsruher haben vor dem Flowtex-Untersuchungsausschuss in Stuttgart erneut bestritten, sich für die Ex-Manager der Skandal-Firma eingesetzt zu haben.
Neben dem früheren Karlsruher Oberbürgermeister Gerhard Seiler (CDU) wies auch der Ehrenvorsitzende der baden-württembergischen Landes-FDP Jürgen Morlok entsprechende Vorwürfe zurück. Ein angebliches Treffen zum Schutz des ehemaligen Firmenbosses Manfred Schmider sei "ein Märchen aus 1001 Nacht, das nur dazu dient, Personen zu verleugnen", sagte Morlok.
In einem anonymen Brief wird angeblich behauptet, Seiler und Morlok hätten bei der Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe interveniert. Der FDP-Politiker und frühere Geschäftsführer einer Tochterfirma Schmiders wiederholte seine Aussagen vom vergangenen Sommer und betonte, es habe "keine Gespräche mit der OFD in den Steuerfällen Schmider" gegeben. Er habe bis zum Februar 2002 nichts von "den ganzen kriminellen Vorfällen" und Scheinbuchungen in den früheren Unternehmen der Schmider-Brüder in dreistelliger Millionenhöhe gewusst.
Gründe für die Vorwürfe "schleierhaft"
Die Behauptungen, Morlok, Seiler und der frühere OFD-Chef Karlsruhe, Hans-Dieter Grub, hätten versucht, strafrechtliche Ermittlungen gegen die Flowtex-Manager zu bremsen, waren angeblich in einem anonymen Schreiben an die Landtags-Grünen enthalten.
Demnach sollen Seiler und Morlok bei Grub interveniert haben, nachdem 1996 staatliche Betriebsprüfer dem Flowtex-Betrug auf die Schliche gekommen waren. Das Trio hatte die Vorwürfe bereits als "üble Nachrede" und "erfunden" zurückgewiesen. Auf die Frage nach der Motivation für angebliche Vorwürfe sagte Seiler am Mittwoch vor dem Landtagsausschuss: "Das ist mir völlig schleierhaft."
Schmider und drei weitere Mittäter waren im Dezember 2001 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Ettlinger Unternehmen Flowtex hatte 3000 nicht vorhandene Horizontal-Bohrgeräte an Leasingfirmen verkauft und damit einen Schaden von mehr als zwei Milliarden Euro angerichtet, der strafrechtlich verfolgt wird.
War die Richterin befangen?
Unterdessen ist der Befangenheitsantrag gegen die Richterin abgelehnt worden. Es bestehe kein Grund zur Annahme, die Beisitzerin sei in ihrer unparteilichen Haltung gefährdet, sagte der Vorsitzende Richter.
Die Verteidigung des Ex-Managers Schmider hatte den Antrag zum Prozessauftakt damit begründet, dass die Richterin im ersten Flowtex-Prozess zu dem Gremium gehörte, das einen Befangenheitsantrag gegen die Richter des Mannheimer Landgerichts abgelehnt hatte.
In dem Verfahren hatte ein psychiatrischer Gutachter nicht ausgeschlossen, dass Schmider nur bedingt schuldfähig sei. Die Mannheimer Richter hatte ein zweites Gutachten angeordnet, bei dem der ehemalige Firmenboss während seines Aufenthaltes in einem psychiatrischen Krankenhaus von Mithäftlingen sowie dem Personal beobachtet wurde.
Persönlichkeitsrechte verletzt
Das sah der BGH als Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte an und ließ die Revision zu. Als Begründung hieß es, es könne der Eindruck erweckt werden, das zweite Gutachten sei mit dem Ziel angeordnet worden, die erste Beurteilung zu widerlegen.
Am zweiten Prozesstag, bei dem das Urteil des Bundesgerichtshofes verlesen wurde, machte Schmider nicht von seinem Aussagerecht Gebrauch. Sein Anwalt kündigte aber erneut an, dass sich Schmider während des Verfahrens noch äußern werde. Zum Auftakt hatte der Verteidiger erklärt, der ehemalige Firmenchef werde sein Geständnis widerrufen. Schmider war im Dezember 2001 zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden.
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