Flowtex-Skandal "Big Manni" will neu auspacken
Mannheim - Nach mehr als drei Jahren in Untersuchungshaft kündigt der ehemalige Flowtex-Chef Manfred Schmider über seinen Anwalt ein neues Geständnis an. Das erste Geständnis war nach den Worten von Schmiders Verteidiger Klaus-Ulrich Ziegler "ein Hochglanzgeständnis", jedoch: "Das waren nicht Schmiders Gedanken. Das war nicht seine Diktion."
Schmider (Spitzname: "Big Manni") will offenbar seine Schuld an dem Betrugsskandal nicht in Frage stellen, sondern vielmehr das Verhalten hochrangiger Politiker und Finanzbeamter erläutern. Den ersten Tag Verhandlung verfolgte er nahezu wort- und regungslos.
Das neue Geständnis werde Schmiders Straftaten bei den milliardenschweren Geschäften mit nicht existierenden Tiefbohrsystemen in einem neuen Licht darstellen, sagte Verteidiger Ziegler. Schmider habe seine Luftgeschäfte am Firmensitz Ettlingen nur mit Duldung der Behörden abwickeln können, behauptet Ziegler.
Die Flowtex-Manager hatten rund 3300 nicht vorhandene Horizontal-Bohrsysteme an Leasingfirmen verkauft und damit einen strafrechtlichen Schaden von mehr als zwei Milliarden Euro angerichtet.
Strafmildernder Größenwahn
Zum Auftakt des vor dem Landgericht Mannheim zum Teil neu aufgerollten Prozesses sagte der Verteidiger weiter: "Es gab ein Klima des Wohlwollens, das sich bis auf die Ebene der Betriebsprüfer auswirkte."
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Verurteilung Schmiders zu zwölf Jahren Haft aufgehoben, weil die drei Berufsrichter in einem der größten Wirtschafts-Strafverfahren in Deutschland 2001 womöglich befangen waren. In dem neuen Prozess wird nur über das Strafmaß verhandelt. Eine höhere Strafe ist ausgeschlossen.
Ein Gutachter hatte in dem Verfahren nicht ausgeschlossen, dass Schmider unter strafmilderndem Größenwahn gelitten habe. Das Gericht hatte darauf eine Verlegung Schmiders nach Stuttgart-Stammheim angeordnet, um ein zweites psychologisches Gutachten anfertigen zu lassen. Schmiders Aussagen seien mit den Bedingungen in der Untersuchungshaft zu erklären, sagte Ziegler.
Schmider im "Schockzustand"
"Seit seiner rechtswidrigen Verlegung befand sich Herr Schmider in einem Schockzustand. Er musste damit rechnen, wie eine Laborratte beobachtet zu werden", argumentiert die Verteidigung. Die Verlegung Schmiders hatte der Bundesgerichtshof bei der Revision gerügt.
Einen erneuten Befangenheitsantrag des Verteidigers gegen eine Richterin sowie Anträge auf Aussetzung des Verfahrens stellte das Gericht am Dienstag zurück. In dem Verfahren sollen auch Schmiders Beziehungen zu Landespolitikern zur Sprache kommen. Sein Verteidiger wies auf mehrere Termine mit dem baden- württembergischen CDU-Ministerpräsidenten und scheidenden Vorstandschef von Jenoptik, Lothar Späth hin. Außerdem las er aus einem Brief zur Schmiders 50. Geburtstag vor, den der amtierende Landeschefs Erwin Teufel (CDU) abgesandt hatte.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen Betriebsprüfer des Karlsruher Finanzamts, der frühzeitig von den Machenschaften Schmiders gewusst, diese aber gedeckt habe. Der Konkursverwalter und die Gläubiger von Flowtex versuchen, dem Land deswegen eine Mitschuld an der Milliardenpleite anzulasten und haben dazu eine milliardenschwere Staatshaftungsklage eingereicht. Das Urteil gegen Schmider soll am 7. Mai verkündet werden.
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