Jean-Claude Trichet gerät unter Druck. Weil der mögliche Nachfolger von EZB-Chef Wim Duisenberg der Bilanzfälschung verdächtigt wird, zeigt sich EU-Präsident Romano Prodi besorgt. Schon wird über Alternativen zu Trichet nachgedacht.
Berlin/Hamburg - EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat sich besorgt über das Nachfolge-Problem bei der Europäischen Zentralbank geäußert. Der bisherige Favorit für das Präsidentenamt, der französische Notenbank-Chef Jean-Claude Trichet, wird sich vermutlich wegen Bilanzfälschung vor Gericht verantworten müssen.
"Natürlich kann das zum Problem werden", sagte Prodi der "Berliner Zeitung". "Ich weiß nicht, wie ernst der Ärger um Trichet noch werden kann." Wichtig sei aber, dass der Euro nicht gelitten habe. Dies zeige, dass die Europäische Zentralbank an den Finanzmärkten bereits als eine starke Institution akzeptiert sei, wer immer sie auch führe.
Der deutsche Wirtschaftsweise Bert Rürup warnte ebenfalls in der "Berliner Zeitung" davor, Trichet im Falle eines laufenden Verfahrens an die EZB-Spitze zu berufen. "Das wäre unschön", sagte Rürup. "Es gibt die ungeschriebene Regel, dass der EZB-Präsident auch persönlich absolut integer sein muss."
Als einen idealen Ausweg schlug Rürup vor, dass der amtierende EZB-Präsident Wim Duisenberg nicht vorzeitig abtreten solle. "Duisenberg sollte seine volle Amtszeit bis 2006 machen." Duisenberg hatte angekündigt, im Juli 2003 zurückzutreten. Der frühere niederländische Finanzminister wollte damit an der EZB-Spitze Platz für Trichet machen.