Wellington Partners Hohe Anforderungen
mm.de:
Herr Böhnke, ein deutliches Anziehen der Konjunktur lässt noch auf sich warten. Allgemein heißt es, die Lage für Gründer ist viel schwieriger als noch vor drei Jahren. Dennoch sind Stimmen zu hören, die Zeit für Gründer sei gut. Risikokapital stehe ausreichend bereit, Mitarbeiter seien zu vernünftigen Gehältern zu bekommen. Teilen Sie diese Einschätzung?
Frank Böhnke: Nein, es ist sehr viel schwieriger. Obwohl grundsätzlich immer noch viel Kapital im Markt vorhanden ist, sind die Kapitalgeber heute sehr viel zurückhaltender. Die Vorraussetzungen für Gründer und Start-ups sind heute sehr hoch, sowohl was persönliche Erfahrung angeht als auch bei der Frage, wie weit die Firmenentwicklung vorangeschritten ist.
mm.de: Wellington Partners stellt Risikokapital zur Verfügung. In welches Start-up haben Sie zuletzt investiert?
Böhnke: Die zwei zuletzt finanzierten Unternehmen waren die Garderos GmbH und die Enocean GmbH. Beides waren Spin-offs von Siemens.
mm.de: Worauf sind diese Unternehmen spezialisiert?
Böhnke: Garderos entwickelt eine Software, mit deren Hilfe Netzbetreiber Wireless LAN Netzwerke betreiben können. Dabei geht es also um den schnurlosen breitbandigen Internetzugang an öffentlichen Plätzen wie Hotels und Flughäfen. Kunde ist beispielsweise die Deutsche Telekom.
Enocean ermöglicht die schnurlose Signalübertragung ohne externe Energiequelle. Eine einfache Anwendung wäre ein Lichtschalter, der nicht mehr über Kabel mit einer Lampe verbunden ist, sondern frei bewegt werden kann. Das Schaltsignal wird durch Druck auf den Lichtschalter erzeugt, eine Batterie ist nicht erforderlich.
mm.de: In welche Branchen investieren Sie außerdem?
Böhnke: Da wir langfristig ausgerichtet sind, suchen wir heute nach Start-ups, die trotz eines rezessiven Umfeldes ihre Umsätze steigern können und zusätzlich mittelfristig hohes Wachstumspotenzial haben. Solche Unternehmen finden wir heute dort, wo der Einsatz ihrer Technologien relativ kurzfristig zu erheblichen Produktivitätssteigerungen oder zu verminderten Risiken führt. Beispiele finden wir in den Bereichen Breitbandtechnologie, Netzwerk- und Datensicherheit und im Bereich Gesundheit.
mm.de: Würden Sie heute noch Internet-Unternehmen Geld zur Verfügung stellen?
Böhnke: In Einzelfällen ist das sicher möglich. Aber die Messlatte bezüglich Management Team und dem bereits Erreichten würde sehr hoch liegen. In der Regel wollen wir bei unseren Start-ups eine solide Technologiebasis sehen.
mm.de: Wie viel Geld haben Sie angesichts des Niedergangs der Aktienkurse mit ihren Start-ups verloren?
Böhnke: Geld, dass man nie besessen hat, kann man auch nicht verlieren. Aber Sie haben natürlich insofern recht, dass die Wertsteigerung bei unseren Portfoliounternehmen ohne Börsengänge sehr viel schwieriger geworden ist.
mm.de: Welche Fehler hat Wellington Partners während des Internetbooms gemacht?
Böhnke: Der größte Fehler war sicher, dass wir mit manchen Investments zu sehr auf den Bereich Business-to-business (B2B) gesetzt haben. Interessanterweise haben wir im Segment Business-to-consumer (B2C) insgesamt eine deutlich positive Rendite für unsere Investoren erwirtschaftet.
mm.de: Wie viele Gründer-Ideen landen heute noch bei Ihnen auf dem Tisch?
Böhnke: Etwa 1000 bis 1500 pro Jahr.