Trienekens Das jähe Ende eines Müllbarons

Mit Bauernschläue und den richtigen politischen Kontakten schuf Hellmut Trienekens den größten Entsorgungskonzern Deutschlands. Erst der Kölner Spendenskandal beendete seine Karriere. Mit der Übernahme durch RWE wird auch der Name des umtriebigen Müllmoguls entsorgt.
Von Michael Dauer

Düsseldorf/Hamburg - Kungeleien halfen dem 63-jährigen Hellmut Trienekens beim Aufbau seines Müll-Imperiums. Doch seine umstrittenen Geschäftsgepflogenheiten lösten den Kölner Spendenskandal aus. Das Ende seiner Karriere war eingeläutet: Er stieg auf, stolperte und stürzte. Sein Posten als Berater wurde nach den Enthüllungen der Skandale von RWE annulliert. Nun wird nicht nur sein Posten, sondern auch sein Name entsorgt.

Anfang der 80er Jahre war Trienekens Star der Müllwerker. 15.000 Menschen besuchten täglich seine Müllverwertungsanlage in Neuss, die erste Rohstoff-Rückgewinnungsanlage Deutschlands. Während seine Konkurrenten den Müll unachtsam auf die Deponie warfen, sortierte Trienekens Eisen, Plastik und Gummi fein säuberlich aus. Dreck verwandelte er zu Geld und wurde so zum ersten Recycler Deutschlands.

Die Geschäfte liefen gut. Irgendwann hatte Trienekens offenbar so viel Geld, dass er großzügig spenden konnte: Seine Firma spielt eine Schlüsselrolle im Kölner SPD-Skandal.

Hat Trienekens zu naiv gehandelt?

Angefangen hat der gelernte Kaufmann 1961, im Heu- und Strohgroßhandelsgeschäft seines Vaters in Viersen. Er wandelte den Konzern zum Stadtreinigungsunternehmen um. Nach dem Tod seines Vaters, übernahm er 1968 den Betrieb und konzentrierte sich auf die Müllentsorgung. Der Vater von drei Töchtern netzwerkelte und wurde 1980 Vorstandsmitglied im Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft. Trienekens richtete Deponien für unterschiedlichste Abfallarten ein und gründete ein eigenes Labor zur Umwelt- und Abfallanalytik.

Der CDU-Mann hat über die Jahre ein engmaschiges Netz an Kontakten in ganz Nordrhein-Westfalen gesponnen. Ex-Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes stammt wie Trienekens aus Viersen. Antwerpes hatte sich Mitte der neunziger Jahre vehement für den Bau der Müllverbrennungsanlage (MVA) Köln eingesetzt und sich einen heftigen Streit mit NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) geliefert, die die MVA verhindern wollte. Sie sei an Antwerpes gescheitert, gab Höhn unlängst zu.

Gut geschmiert


Gut geschmiert

Antwerpes hatte Trienekens auch zum obersten Müllverbrenner in Nordrhein-Westfalen gemacht, da er für eine regelmäßige Auslastung der Anlagen und eine gleichmäßige Gebührenentwicklung sorgte. Trienekens wird vorgeworfen, im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage unkorrekt verbuchte Spenden an die Kölner SPD gezahlt zu haben.

Nach Inbetriebnahme der MVA kletterten die Kölner Müllgebühren in ungeahnte Höhen, die Stadt musste nach einem Gerichtsurteil 75 Millionen Euro an die Bürger zurückzahlen. Mit dem Bau der 410 Millionen Euro teuren Müllverbrennungsanlage im Kölner Stadtteil Niehl sollen fast 15 Millionen Euro an Schmiergeldern geflossen sein. Die SPD, die 43 Jahre lang bis 1999 die Domstadt regierte, hat im Zusammenhang mit dem Bau der MVA nach vorläufigem Erkenntnisstand mindestens 424.000 Euro illegale Spenden von insgesamt neun Unternehmen kassiert.

Die Schmier- und Bestechungsgelder an die SPD kamen zu einem großen Teil von der Trienekens AG . Diese hatte es inzwischen mit Unterstützung von SPD und CDU in den Kommunen Nordrhein-Westfalens geschafft, zum größten deutschen Unternehmen in der Abfallbeseitigungsbranche zu werden.

Als einziger Konzern hat die Trienekens AG Zugang zu Müllverbrennungsanlagen in mehreren Großstädten. Sie ist Miteigentümerin der Anlagen in Köln, Essen, Aachen, Krefeld und Düsseldorf und durch Kontingentverträge mit weiteren verbunden. Auf Grund der Überkapazitäten in NRW importiert Trienekens Müll aus ganz Europa; sogar aus dem süditalienischen Neapel kommt der Müll.

Untergang einer Marke

Trienekens' Goldesel war die Müllverbrennung. Schon jetzt müssen die Kommunen stetig wachsende Mengen Abfall verfeuern lassen. Von 2005 an darf in Deutschland überhaupt kein Müll mehr auf die Deponie.

Der Müllkönig setzte zuletzt 900 Millionen Euro jährlich mit seinem Konzern um. 4700 Mitarbeiter sammeln mit mehr als 1000 Fahrzeugen Unrat ein, sortieren, verbrennen und verkaufen. Trienekens war die Nummer eins auf dem deutschen Entsorgungsmarkt, schrieb das Bundeskartellamt, "mit Spielräumen im Wettbewerb, über die kein anderer verfügt".

Nach dem Kölner Spendenskandal stand Hellmut Trienekens zuletzt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung im Rampenlicht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn. Trienekens hatte eingeräumt, rund 76.700 Euro an den Ex-SPD-Fraktionschef in Köln, Norbert Rüther, privat gespendet zu haben. Dieser soll die Gelder illegal gestückelt und als Parteispenden verbucht haben.

Mit der Firmenübernahme durch die RWE Umwelt AG geht die Ära des Viersener Müllkönigs Hellmut Trienekens zu Ende. Der Markenname einer der größten deutschen Entsorgungsfirmen wird durch den unbefleckten Namen der RWE Umwelt AG ersetzt. Doch trotz des Niedergangs hat die Familie Trienekens eine dreistellige Millionensumme für den Konzern erhalten. Damit dürfte der Entsorger ausgesorgt haben - bis an sein Lebensende.

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