IWF "Schlimmste Entscheidung, die je getroffen wurde"
Berlin - Anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt als geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) wachse nun auch organisationsintern die Kritik an Köhler, schreibt die "Berliner Zeitung" in ihrer Montagausgabe.
"Geldhahn zu spät abgedreht"
Wie erst jetzt bekannt geworden sei, habe der angesehene Nationalökonom und langjährige IWF-Chefvolkswirt, Michael Mussa, seinen Posten im Sommer aus Verärgerung über die Freigabe einer weiteren Kredittranche für Buenos Aires geräumt. Diese Entscheidung bezeichnete Mussa dem Bericht zufolge nun als "die schlimmste, die der Währungsfonds je getroffen hat". Einige Experten, selbst innerhalb des IWF, bemängelten, dass die fiskalische Disziplin, die der IWF seinen Mitgliedern als Preis für die großzügige Kreditvergabe aufzwinge, die Abwärtsspirale in Argentinien beschleunigt habe.
"Die Rezession wird auf Grund unserer Politik länger dauern und tiefer sein, als wenn wir den Geldhahn ein halbes Jahr früher abgedreht hätten", zitiert die Zeitung einen hochrangigen IWF-Manager. Köhler habe "noch im Sommer gutes Geld dem schlechten hinterhergeworfen", obgleich dem inzwischen zurückgetretenen Präsidenten Fernando de la Rua "schon damals das Wasser bis zum Hals gestanden" habe. Die zusätzlichen Kredite seien wirkungslos verpufft.
Weitere Überweisungen gestoppt
Nach langen Beratungen hatte das Exekutivdirektorium des IWF im August eine weitere Kredittranche in Höhe von acht Milliarden Dollar (rund neun Milliarden Euro) freigegeben. Argentinien hat gegenüber dem Fonds nun Verpflichtungen in Höhe von vierzehn Milliarden Dollar. Im Rahmen der gültigen Kreditvereinbarung könnte die argentinische Regierung noch weitere neun Milliarden Dollar in Anspruch nehmen. Doch auf Druck der US-Regierung wurden neuerliche Überweisungen vorläufig gestoppt.
Wie Kritiker meinen, hätte der Fonds schon früher die Taschen zuhalten müssen. "Die Entscheidung im August war ein großer Fehler", wird Fred Bergsten, Direktor des renommierten Institute for International Economics, in dem Bericht zitiert. "Der IWF wird oft wegen seiner gegenüber Nehmerländern zu harten Politik kritisiert. Diesmal war er eindeutig zu weich und hätte nicht nachgeben dürfen". Köhler müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, Argentinien gegenüber zu lange ein Auge zugedrückt zu haben. Die weltweite Rezession habe die Lage dann noch weiter erschwert.