Köpfe 2000 Shawn Fanning: Der Ex-Pirat
Er war ein normaler amerikanischer Teenager, der gerne stundenlang an seinem Computer saß und programmierte. Bis zu dem Zeitpunkt als er die Software Napster entwickelte und damit eine Revolution in der Musikbranche auslöste.
Shawn Fanning bezeichnet sich selber als schüchtern. Doch die vielen Interviews und Auftritte in der Öffentlichkeit haben ihn mittlerweile sicherer gemacht. Fanning ist berühmt wie nur wenige aus der Internet-Branche. Mit seinen 20 Jahren gehört er schon zu den Veteranen im World Wide Web.
Doch aus dem einstigen Revoluzzer ist ein Geschäftsmann geworden. Nach dem Einstieg des Gütersloher Bertelsmann-Konzerns bei Fannings Web-Musiktauschbörse Napster, hat sich alles verändert. Napster soll gezähmt werden. Und der Musikpirat gleich mit.
"Mein Leben ist verrückt geworden", sagte Fanning in einem Interview mit dem "Spiegel". Sein Bild zierte bereits die Titel von "Business Week" und "Time". Auf der Straße werde er ständig angesprochen. Bei einem Spaziergang seien ihm sogar wildfremde Mädchen um den Hals gefallen, berichtet er. Ansonsten jettet er durch die Gegend, gibt Interviews und sucht nach Wegen, seine Musiktauschbörse zu legalisieren.
Erfinder der ersten Stunde
Shawn Fanning hat das Tauschprogramm für MP3-Dateien erfunden. Der Studienabbrecher war es leid, stundenlang und meist erfolglos im Netz nach Musikdateien zu suchen. Denn bei herkömmlicher Suche sind viele der gelieferten Links entweder hoffnungslos überlastet oder veraltet und nicht mehr existent.
Bei Napster passiert das nicht. Denn es basiert auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Wer etwas haben will, muss auch etwas anbieten. Dabei befinden sich die Musikstücke nicht auf irgendwelchen Servern im Netz, sondern auf den Festplatten der teilnehmenden User.

Dass sein Programm einen solch beispielslosen Erfolg hinlegte, überraschte Fanning aber dann doch. Über 40 Millionen Nutzer sollen es weltweit sein. Kein Wunder denn die Musik gab es bislang kostenlos. Und das war gerade das, was die Musikindustrie so fürchtete und ärgerte. Napster außer Kontrolle zur Freude der Fans. Doch es vergingen nur wenige Wochen nach dem Start der Internet-Plattform als die erste Klage ins Haus flatterte.
Protesthagel der Nutzer
Den Jubelrufen setzte allerdings der Einstieg des Bertelsmann-Konzerns ein Ende. Das Unternehmen sprang dem Erfinder mit einem 50 Millionen-Dollar-Kredit zur Seite sprang, in der Hoffnung von der bekannten Marke im Internet zu profitieren.
Von Boykott-Aufrufen war zu lesen, von Verrat und Geldgier. Ja, Fanning hat wahrscheinlich ausgesorgt. Jetzt kümmert er sich nur noch ums Geschäft. Denn noch sind die juristischen Auseinandersetzungen mit den Musikfirmen nicht ausgestanden. Auch soll das Konzept verändert werden - zukünftig werden die Nutzer zur Kasse gebeten, damit die Urheberrechte nicht mehr verletzt werden.
Fanning ist zufrieden. Dennoch irgendwo vermisst er auch noch die alten Zeiten, als er noch im Kämmerchen saß und in Ruhe programmieren konnte.