Viktor Vekselberg (Bild Archiv) legt sich mit Schweizer Großbanken an
Foto: Anatoly Maltsev/ picture alliance / dpaDie angedrohten US-Sanktionen machen russischen Oligarchen und ihren Beteiligungen mittlerweile schwer zu schaffen. Der Putin-nahe Unternehmer und Chef des Aluminiumkonzerns Rusal, Oleg Deripaska, bekommt das seit Wochen zu spüren - und gibt nach. Zuletzt kündigte er an, sich aus der Führung der Holding EN+, die fast die Hälfte der Rusal-Anteile besitzt, zurückzuziehen und seine Anteile daran zu reduzieren. Um Rusal zu retten, gaben kürzlich die Rusal-Chefin und die Hälfte der Aufseher ihre Ämter auf.
Auch der in der Schweiz wohnende Viktor Vekselberg sowie seine Managementgesellschaft Renova sind von den Sanktionen betroffen. Bis zum 5. Juni müssen seine Geschäftspartner die Verbindungen zu dem Unternehmer aufgelöst haben, fordert das US-amerikanische Office of Foreign Asset Control (Ofac). Dabei gilt Vekselberg unter Beobachtern bislang eher als politisch unauffällig.
Über seine Management-Gesellschaft Renova hält der Oligarch erhebliche Anteile an Schweizer Industrieunternehmen wie Oelrikon, Sulzer und Schmolz und Bickenbach, die teils auch in den USA tätig sind. Bei allen drei Konzernen hat Vekselberg zumindest formell seine Beteiligung bereits unter die Schwelle von 50 Prozent gesenkt, um sie vor den Folgen der gegen ihn erlassenen US-Sanktionen zu schützen, berichtete unter anderem die Neue Züricher Zeitung (NZZ).
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Jetzt schlägt der russische Milliardär zurück. Nach verschiedenen Schweizer Berichten geht Vekselberg gegen mehrere Schweizer Banken vor, weil sie quasi in vorauseilendem Gehorsam und in Angst vor US-Behörden bis zu zwei Milliarden Franken seines Privatvermögens eingefroren haben sollen, berichtet unter anderem die "Schweiz am Wochenende". Vekselbergs Anwälte bereiteten Klagen unter anderem gegen Credit Suisse, UBS und auch Julius Bär vor.
Da die Konten nach Schweizer Recht sowie in Schweizer Franken und nicht in Dollar angelegt seien, sei ihre Sperrung widerrechtlich, berichtete die Zeitung unter Berufung auf gut unterrichtete Kreise.
Die Geldinstitute sollen dem Milliardär zumindest vorübergehend auch den Zugriff auf große Aktienpakete verwehrt haben, die als Sicherheit für zwei Kredite hinterlegt waren. Die Kredite in Milliardenhöhe seien aber längst zurückgezahlt und somit die Aktienpakete wieder freizugeben, so die Argumentation Vekselbergs. Russische Geschäftsbanken jedoch nicht der russische Staat sollen dem Milliardär bei der kurzfristigen Rückzahlung der Kredite geholfen haben, heißt es.
Einer der von Deripaska vor einem Londoner Gericht Beklagten ist Roman Abramowitsch. Abramowitsch (11,2 Milliarden Dollar, elftreichster Russe laut "Forbes") galt einst als Wegbereiter Putins, hat sich aber privat und geschäftlich immer mehr nach Westeuropa zurückgezogen. Deripaska will jetzt verhindern, dass Abramowitsch seine Minderheitsanteile an Norilsk Nickel verkauft. Das würde das Gleichgewicht der Eigentümer stören - gerade jetzt, da der Rohstoffproduzent eine Schlüsselrolle im Elektroautoboom erhofft.
Der zehntreichste Russe Alischer Usmanow (13 Milliarden Dollar) ist ebenfalls im Metallgeschäft aktiv, aber seit 2017 nicht mehr an Norilsk Nickel beteiligt - und wie Abramowitsch im Londoner Fußball (Arsenal statt Chelsea). Nebenher ist der gebürtige Usbeke Großinvestor in Internetfirmen wie Mail.ru, Vkontakte, Facebook, Alibaba oder Airbnb. Über ein Jahrzehnt lang steuerte er auch die Investmentabteilung des Staatskonzerns Gazprom. Mit dem Oppositionspolitiker Alexei Nawalny lieferte er sich 2017 auf Youtube einen offenen Streit über Korruptionsvorwürfe.
Wiktor Wechselberg (Nummer 9, 14,8 Milliarden Dollar) geriet ebenfalls bereits in Nawalnys Visier. Sein Reichtum gründet auf dem Aluminiumgeschäft, das er an Deripaska abgab. Er gehörte zu den Milliardären, die sich einst im Streit über das russische Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP den britischen Ölmulti BP aus dem Land vergraulten und das Geschäft 2013 schließlich an den Staatskonzern Rosneft verkauften. Seine Renova-Holding hat stark in die Schweizer Industrie (Oerlikon, Sulzer, Schmolz + Bickenbach) investiert und heuerte Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann an, zeitweise auch den früheren Siemens-Boss Peter Löscher.
Michail Fridman (Nummer 8, 15,5 Milliarden Dollar) mit seiner Alfa Group war die Schlüsselfigur in der TNK-BP-Episode. Anschließend blieb er neben seinen Bank- und Handelsgeschäften auch dem Ölsektor treu und kaufte 2015 dem deutschen RWE-Konzern die Deutsche Erdoel AG in Hamburg ab, mit Ex-BP-Chef Lord Browne als Chefkontrolleur. In Großbritannien stieß die russische Beteiligung jedoch auf politischen Widerstand. Inzwischen will Fridman sie in die BASF-Tochter Wintershall einbringen, wodurch ein großer deutscher Öl- und Gaskonzern entstünde. Fridmans Alfa Bank wird auch in US-Berichten über angebliche Verbindungen zwischen den Präsidenten Trump und Putin genannt.
Andrei Melnitschenko (Nummer 7, 16 Milliarden Dollar) ist vor allem für seine Luxusjachten namens "A" bekannt. Eine Zeitlang mischte der Eigner des Düngemittelkonzerns Eurochem auch bei dem deutschen Wettbewerber K+S als Großaktionär mit. Sein Verhältnis zur politischen Macht in Moskau ist unklar, ausgewiesene Nähe hatte er zu den Privatisierern unter Putins Vorgänger Boris Jelzin in den 90er Jahren. Melnitschenko erhielt zwar immer wieder Großkredite der staatlichen Großsparkasse Sberbank, setzte sich aber über Putins Weisung hinweg, den Kapitalexport in den Westen zu stoppen.
Wladimir Potanin (mit 16,4 Milliarden Dollar der sechstreichste Russe) ist Deripaskas Widersacher bei Norilsk Nickel. 2012 organisierte Putin den Kompromiss der milliardenschweren Streithähne und setzte Minderheitsaktionär Abramowitsch als Schlichter ein - für fünf Jahre, die nun vorbei sind. Potanin nutzt die steigende Nachfrage nach Rohstoffen für Elektroautobatterien, um den weltgrößten Nickelproduzenten zum von westlichen Autokonzernen umworbenen Machtfaktor auszubauen.
Gennadi Timtschenko ist mit 16,7 Milliarden Dollar auf Rang 5 des "Forbes"-Rankings der reichsten Russen - und der einzige in den Top 20, gegen den die USA bereits Sanktionen verhängt haben, wegen der Ukraine-Krise. Einen Tag, bevor diese 2014 in Kraft traten, gab er seine Anteile an dem globalen Rohstoffhändler Gunvor an seinen schwedischen Partner Torbjörn Törnqvist ab. Seine Volga Group ist noch stark an Novatek beteiligt, dem größten privaten Wettbewerber des Staatskonzerns Gazprom im russischen Gasmarkt, und eine Macht in der Güterbahnlogistik.
Vagit Alekperow gründet seinen Reichtum von 17,4 Milliarden Dollar (Platz 4) vor allem auf den von ihm als Vizeölminister der Sowjetunion gegründeten Ölkonzern Lukoil, seinerseits der größte private Konkurrent des mehrheitlich staatlichen Riesen Rosneft. Im Gegensatz zum früheren Kollegen Michail Chodorkowski hat sich Alekperow nie ernsthaft mit dem Kreml angelegt. "Ich stehe Putin nicht nahe, aber ich behandle ihn mit großem Respekt", beschrieb er sein Erfolgsrezept einmal der "New York Times".
Leonid Michelson ist Chef und Großaktionär des Gasproduzenten Novatek und bringt es als drittreichster Russe auf 18,8 Milliarden Dollar. Ihm gehörte bis zum Verkauf an chinesische Staatsfirmen 2015 auch ein großer Anteil der Petrochemiefirma Sibur. Seine Partner dort: US-Sanktionsopfer Timtschenko und Putins Schwiegersohn Kirill Schamalow.
Alexei Mordaschow (19,3 Milliarden Dollar, Rang 2) ist Großaktionär und langjähriger Chef des Stahlkonzerns Severstal. Nebenbei gehören ihm 23 Prozent der Tui-Aktien, wo der frühere Daimler-Manager Klaus Mangold, den Mordaschow aus dem Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft kennt, den Aufsichtsrat führt. Seine US-Stahlbeteiligungen musste Severstal wegen der politischen Spannungen verkaufen. Ansonsten zählt Mordaschow zu den wenigen russischen Industriellen, die sowohl in Moskau als auch in der westlichen Geschäftswelt großes Vertrauen genießen. "Wir haben nicht viel mit der Regierung zu tun", behauptet er.
Der reichste Russe ist laut "Forbes" Wladimir Lissin mit einem Vermögen von 20,2 Milliarden Dollar. Der von dem Metallurgie-Experten geführte Stahlkonzern Novolipetsk ist hochprofitabel, eine Ausnahme in der Branche. Lissin pflegt sein Macho-Image. Der Waffennarr ist Präsident des Europäischen Schützenbunds. Noch im Februar, ungeachtet der Metoo-Debatte, unterhielt er Putin mit einem Vergewaltigungswitz.
Immer wieder kursieren Berichte, Wladimir Putin selbst sei der reichste Mann Russlands, wenn nicht gar der Welt - mit Schätzungen von 70 bis 200 Milliarden Dollar. "Forbes" gibt keinen Wert für den russischen Präsidenten an. Die Schätzungen beruhen auf der Annahme, über Reichtümer mancher Oligarchen verfüge in Wahrheit Putin - oder gleich über alles, was in der Russischen Föderation vonstatten geht.
Einer der von Deripaska vor einem Londoner Gericht Beklagten ist Roman Abramowitsch. Abramowitsch (11,2 Milliarden Dollar, elftreichster Russe laut "Forbes") galt einst als Wegbereiter Putins, hat sich aber privat und geschäftlich immer mehr nach Westeuropa zurückgezogen. Deripaska will jetzt verhindern, dass Abramowitsch seine Minderheitsanteile an Norilsk Nickel verkauft. Das würde das Gleichgewicht der Eigentümer stören - gerade jetzt, da der Rohstoffproduzent eine Schlüsselrolle im Elektroautoboom erhofft.
Foto: Clive Mason/ Getty ImagesWiktor Wechselberg (Nummer 9, 14,8 Milliarden Dollar) geriet ebenfalls bereits in Nawalnys Visier. Sein Reichtum gründet auf dem Aluminiumgeschäft, das er an Deripaska abgab. Er gehörte zu den Milliardären, die sich einst im Streit über das russische Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP den britischen Ölmulti BP aus dem Land vergraulten und das Geschäft 2013 schließlich an den Staatskonzern Rosneft verkauften. Seine Renova-Holding hat stark in die Schweizer Industrie (Oerlikon, Sulzer, Schmolz + Bickenbach) investiert und heuerte Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann an, zeitweise auch den früheren Siemens-Boss Peter Löscher.
Foto: Anatoly Maltsev/ picture alliance / dpaMichail Fridman (Nummer 8, 15,5 Milliarden Dollar) mit seiner Alfa Group war die Schlüsselfigur in der TNK-BP-Episode. Anschließend blieb er neben seinen Bank- und Handelsgeschäften auch dem Ölsektor treu und kaufte 2015 dem deutschen RWE-Konzern die Deutsche Erdoel AG in Hamburg ab, mit Ex-BP-Chef Lord Browne als Chefkontrolleur. In Großbritannien stieß die russische Beteiligung jedoch auf politischen Widerstand. Inzwischen will Fridman sie in die BASF-Tochter Wintershall einbringen, wodurch ein großer deutscher Öl- und Gaskonzern entstünde. Fridmans Alfa Bank wird auch in US-Berichten über angebliche Verbindungen zwischen den Präsidenten Trump und Putin genannt.
Foto: SERGEI KARPUKHIN/ REUTERSLeonid Michelson ist Chef und Großaktionär des Gasproduzenten Novatek und bringt es als drittreichster Russe auf 18,8 Milliarden Dollar. Ihm gehörte bis zum Verkauf an chinesische Staatsfirmen 2015 auch ein großer Anteil der Petrochemiefirma Sibur. Seine Partner dort: US-Sanktionsopfer Timtschenko und Putins Schwiegersohn Kirill Schamalow.
Foto: Alexander Zemlianichenko/ AP