
Aufzug-Sparte macht Hälfte des Gewinns ThyssenKrupp wird zum Aufzugskonzern

Angesichts schwacher Stahlpreise muss Konzernchef Hiesinger den Umbau noch schneller vorantreiben
Foto: Marius Becker/ picture alliance / dpaThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger will nach Gewinneinbußen durch die Stahlsparte den Umbau des Konzerns vorantreiben. "Die großen Schwankungen auf den Werkstoffmärkten zeigen, dass wir die Transformation zu einem starken Industriekonzern fortsetzen müssen", sagte der Manager am Donnerstag bei der Vorlage der Bilanz für das Geschäftsjahr 2015/16 (per Ende September).
Das schwächelnde Stahlgeschäft, aber auch Einbußen im Anlagenbau führten dazu, dass der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) um 12 Prozent auf 1,47 Milliarden Euro schrumpfte. Im neuen Jahr soll er auf 1,7 Milliarden Euro klettern. Hier hatten Analysten dem Konzern bislang mehr zugetraut. Das galt auch für die Dividende, die für das vergangene Jahr unverändert bei 15 Cent je Aktie liegen soll.
Die Investoren zeigten sich verschnupft über die Zahlen und den Ausblick: Vorbörslich rutschte die Aktie von ThysssenKrupp um 2 Prozent ab.
Analysten hatten im Schnitt mit einer Ausschüttung von 18 Cent je Anteilsschein gerechnet und den operativen Gewinn im neuen Jahr auf fast 1,9 Milliarden Euro taxiert.
Angesichts schwacher Stahlpreise muss Konzernchef Hiesinger den Umbau noch schneller vorantreiben
Foto: Marius Becker/ picture alliance / dpaHiesinger bekräftigte, dass er auf Dauer sogar zwei Milliarden Euro anpeilt, nannte dafür aber erneut keinen Zeitraum. Der 56-Jährige hatte Anfang 2011 das Ruder bei dem Traditionskonzern übernommen. Der ehemalige Siemens-Manager richtet ThyssenKrupp seitdem weniger auf das Stahlgeschäft aus, sondern auf die Technologiegeschäfte mit Aufzügen, Autoteilen, Anlagen oder U-Boote.
Aufzugsparte stellt fast die Hälfte des Konzerngewinns
"Wir wollen den Anteil der Industriegüter- und Dienstleistungsgeschäfte ausbauen und profitabel wachsen", kündigte Hiesinger nun an. Vor allem die Aufzugsparte konnte ihr operatives Ergebnis erneut steigern und stellt mit 860 Millionen Euro mehr als die Hälfte des gesamten Konzerngewinns.
Der Anlagenbau musste ebenso Einbußen hinnehmen wie das europäische Stahlgeschäft. Der Gewinn von Steel Europe fiel um gut ein Drittel auf 315 Millionen Euro. Der Schwerindustrie um Weltmarktführer ArcelorMittal machen seit Jahren Billigimporte aus China, Preisdruck, Überkapazitäten und immer schärfere Klimaschutzauflagen zu schaffen. Thyssenkrupp lotet deswegen seit Monaten eine Fusion der Stahlsparte mit dem Konkurrenten Tata Steel aus - bislang ohne Ergebnis.
Unter dem Strich verdiente Thyssenkrupp im abgelaufenen Geschäftsjahr nach Anteilen Dritter 296 Millionen Euro. Das waren 13 Millionen weniger als vor Jahresfrist. Analysten hatten auch hier mehr erwartet.
Beste Aussichten: 246 Meter ragt der Testturm von ThyssenKrupp am Rande des Städtchens Rottweil in die Höhe. In diesem Bauwerk testet Thyssen seine neuen Aufzüge. Auch ein neues Aufzugssystem, das ohne Tragseil auskommt, soll in diesem Turm zur Marktreife kommen. Es könnte die Art und Weise, wie Wolkenkratzer künftig gebaut werden, grundlegend verändern ...
Bislang galt das Prinzip: Eine Aufzugskabine fährt an einem Seil hängend in einem Schacht nach oben und unten (wie in diesem konventionellen Aufzug). Dies sorgt für Wartezeiten am Aufzug, benötigt viel Platz im Gebäudekern und schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten der Architekten beim Bau neuer Wolkenkratzer ein. Thyssens Aufzug "Multi" soll sich anders bewegen - und für neue Freiheiten sorgen ...
Wie bei der Magnetschwebebahn Transrapid bewegen sich im "Multi" Aufzug Kabinen durch die Aufzugsschächte - wie Züge auf Schienen. Die Kabinen werden nicht von Seilen gezogen: Linearmotoren sorgen dafür, dass die Kabinen berührungslos nach oben, unten oder auch horizontal durch die Schächte gleiten können. Es ist wie ein eigenes Nahverkehrssystem innerhalb des Gebäudes, ein elektromagnetischer Hyperloop im Hochhaus. Die Planungen reichen bereits weit über Skizzen hinaus ...
In der Konzernzentrale in Essen sind bereits seit Jahren magnetische Aufzüge im Einsatz, die es erlauben, dass in einem Aufzugsschacht mehrere Kabinen unabhängig voneinander fahren. Im neuen Testturm in Rottweil geht Thyssen noch weiter ...
Der Testturm biete optimale Bedingungen, um das Multi-System zur Marktreife zu bringen und zu zertifizieren, sagt Thyssen-Vorstand Andreas Schierenbeck. Besonders bei Wolkenkratzern von mehr als 300 Metern Höhe soll das neue System seine Stärken ausspielen ...
Die Kabinen des "Multi" sollen mit Geschwindigkeiten von bis zu 5 Meter pro Sekunde durch die Schächte gleiten - bei einer höheren Geschwindigkeit verspüren einige Menschen Unwohlsein. Alle 15 bis 30 Meter können Menschen ähnlich wie in einem Paternoster die Kabinen verlassen oder zusteigen. Das System soll Platz und Energie sparen ...
Wegen der berührungslosen Energieübertragung vom Schacht auf die Kabine kommt der Multi-Aufzug mit einem rund 6 Quadratmeter großen Schacht aus (Bild: Testanlage von ThyssenKrupp im spanischen Gijon). Konventionelle Aufzüge benötigen 9 Quadratmeter und mehr. Derzeit nehmen Aufzugs- und Versorgungsschächte in Hochhäusern bis zu 40 Prozent der Grundfläche ein, diese Fläche will Thyssen mit Hilfe der neuen Technologie halbieren.
Im "3D Cave" der Universität Stuttgart hat Thyssen das elektromagnetische Aufzugsystem weiterentwickelt, bevor es jetzt im Testturm in Rottweil real gebaut und geprüft wird ...
Andreas Schierenbeck, Vorstand der ThyssenKrupp Elevator Sparte, spricht bereits vom "Heiligen Gral" der Aufzugsindustrie: Mehrere unabhängige Kabinen in einem Schacht, ohne Seil, Bewegungen horizontal wie vertikal. Nach dem Flop des Transrapid, den Thyssen gemeinsam mit Siemens entwickelt hatte, bekommt das Linearmotor-System nun in der Aufzug-Technologie nun eine neue Chance.
Die Aufzugsparte von ThyssenKrupp ist die Ertragsperle des krisengebeutelten Konzerns. Während die Stahlsparte leidet, ist "Elevators" längst die profitabelste Sparte im Konzern. Zukunftsträchtig ist das kabellose Multi-Aufzugsystem auch deshalb, weil derzeit rund 180 Wolkenkratzer mit einer Höhe von 300 Meter und mehr im Bau sind. Für diese "Supertalls" ist Thyssens elektromagnetisches Gebäude-Transportsystem ausgelegt. Die neuen Wolkenkratzer streben immer weiter Richtung Himmel ...
Das neue Dubai-Projekt: Es soll einmal das höchste Gebäude der Welt werden und den derzeit höchsten Wolkenkratzer Burj Kalifa überragen. Entworfen wurde das Gebäude von dem spanisch-schweizer Architekten Santigao Calatrava Valls.
Schlank und rank: New York feierte jüngst die Fertigstellung des neuen Wolkenkratzer "432 Park Avenue" von Architekt Rafael Viñoly. Das 425,5 Meter hohe Bauwerk gilt als das höchste reine Wohngebäude der Welt.
Ebenfalls in Manhattan steht das One World Trade Center. David Childs entwarf das mit knapp 542 Metern höchste Gebäude der USA auf Ground Zero.
Der aktuell noch Größte unter den Giganten: Der Burj Kalifa in Dubai, 828 Meter hoch ist der Turm von Architekt Adrian Smith, der im Jahr 2010 fertiggestellt wurde.
Der Shanghai Tower ist mit 632 Metern das zweithöchste Gebäude der Welt und wurde im Sommer 2015 fertiggestellt. Architekt Jun Xia entwarf für das US-amerikanische Architekturbüro Gensler den Wolkenkratzer mit Hotel, Büros, Ausstellungen und Shopping-Mall.
Das höchste Gebäude in Südamerika ist der Gran Torre Santiago in Santiago de Chile (Baujahr 2014). Mit 300 Metern Höhe ist er für einen "Supertall" eher klein. Entworfen hat ihn Architekt César Pelli.
Vielleicht sieht der Testturm in Rottweil auch deshalb aus wie eine gigantische Schraube, die in den Himmel ragt.
Bislang galt das Prinzip: Eine Aufzugskabine fährt an einem Seil hängend in einem Schacht nach oben und unten (wie in diesem konventionellen Aufzug). Dies sorgt für Wartezeiten am Aufzug, benötigt viel Platz im Gebäudekern und schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten der Architekten beim Bau neuer Wolkenkratzer ein. Thyssens Aufzug "Multi" soll sich anders bewegen - und für neue Freiheiten sorgen ...
Foto: ThyssenKruppDie Aufzugsparte von ThyssenKrupp ist die Ertragsperle des krisengebeutelten Konzerns. Während die Stahlsparte leidet, ist "Elevators" längst die profitabelste Sparte im Konzern. Zukunftsträchtig ist das kabellose Multi-Aufzugsystem auch deshalb, weil derzeit rund 180 Wolkenkratzer mit einer Höhe von 300 Meter und mehr im Bau sind. Für diese "Supertalls" ist Thyssens elektromagnetisches Gebäude-Transportsystem ausgelegt. Die neuen Wolkenkratzer streben immer weiter Richtung Himmel ...
Foto: Marius Becker/ dpa