Ulrich Lehner (l), springt Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger zur Seite
Foto: REUTERSIm Machtkampf bei Thyssenkrupp mit dem Investor Cevian hat Aufsichtsratschef Ulrich Lehner dem Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger den Rücken gestärkt. "Eine Zerschlagung des Konzerns ist überhaupt kein Thema", sagte Lehner im Interview mit dem "Handelsblatt" (kostenpflichtig). Großinvestor Cevian kritisiert er heftig: "Wenn sich ein Aktionär in der Art und Weise öffentlich positioniert, dann schadet das dem Unternehmen."
Cevian kommt der Umbau des Essener Industriekonzerns nicht schnell genug voran. Zuletzt hatte der Investor sogar öffentlich die Zerschlagung des Konzerns gefordert. "Die Strategie hat nicht das geliefert, was man versprochen hat", hatte Cevian-Gründer Lars Förberg öffentlich erklärt. An diesem Dienstag treffen sich nach Informationen der Zeitung Lehner und Hiesinger mit Cevian-Gründer Förberg.
Selbst die eher zurückhaltende Fondsgesellschaft Union Investment hadert mit den Sanierungskurs Hiesingers. Doch Lehner stellt sich in dem Interview vor seinen Vorstandschef: "Die Mannschaft um Heinrich Hiesinger bringt eine tolle Leistung. Sie hat die volle Unterstützung des Aufsichtsrats, und ich schätze die Zusammenarbeit sehr. Dass manche ungeduldig sind, müssen wir aushalten." Auch der Vorstand setze sich hohe Ziele. Er müsse aber die "richtige Balance zwischen Geschwindigkeit und dem Mitnehmen von Mitarbeitern finden".
"Mannschaft um Hiesinger hat die volle Unterstützung des Aufsichtsrats"
Um Thyssenkrupp zukunftssicher zu machen, will Hiesinger unter anderem den Stahlbereich mit Tata Steel Europe verschmelzen, wogegen die Gewerkschaften heftig protestieren. Die Arbeitnehmervertreter befürchten bei einer Fusion der bisherigen Konkurrenten den Abbau von deutlich mehr als den vom Unternehmen angekündigten 2000 Jobs und kritisieren die von Thyssenkrupp anvisierte Verlegung des Sitzes der Stahlsparte in die Niederlande. Daneben fordern sie Arbeitsplatz- und Standort-Garantien.
Thyssenkrupp-Chef Hiesinger hatte erst vor wenigen Tagen gesagt, dass die geplante Fusion aus Sicht des Unternehmens absolute Priorität genießt. Ohne den Zusammenschluss drohten der Stahlsparte noch größere Einschnitte. Allerdings hatte eben jene Stahlsparte im abgelaufenen Geschäftsjahr zu einem deutlich höheren Gewinn beigetragen. Davon aber sollte man sich "nicht blenden" lassen, verteidigte Hiesinger seine Pläne.
Die Zustimmung der Arbeitnehmer zu der Stahlfusion ist nicht zwingend notwendig. Notfalls könnte Thyssenkrupp den Zusammenschluss auch gegen die Stimmen ihrer Vertreter im Aufsichtsrat durchsetzen. Hiesinger setzt allerdings darauf, eine "gute Lösung" zu finden.
Der Streit um die Stahlsparte von ThyssenKrupp geht in die Endphase. Der Konzern hat mit Tata Steel eine Absichtserklärung unterzeichnet, nach der Thyssens Stahlgeschäft mit jenem des indischen Konkurrenten fusioniert werden soll. Ob es tatsächlich so kommt, hängt allerdings von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab, in dem die Arbeitnehmerseite, die dem Vorhaben kritisch gegenübersteht, die Hälfte der Sitze hat. Weitere Beteiligte am Ringen um Thyssens Stahlbereich sind beispielsweise die Großaktionäre sowie die Politik. Hier der Überblick darüber, wer in der Causa welches Interesse verfolgt:
ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger:
Hiesinger will den Konzern eigentlich als Ganzes erhalten, versucht aber dennoch seit zwei Jahren, das Stahlgeschäft herauszulösen. Der Grund: Die Stahlbranche durchlief in den vergangenen Jahren eine Krise, in der ein weltweites Überangebot die Preise in den Keller rutschen ließ. Zuletzt gab es zwar Zeichen der Besserung, das Geschäft gilt jedoch weiterhin als hochvolatil und wirft keine üppigen Margen ab.
Hiesinger hält daher offenbar die Konsolidierung der Branche für den richtigen Weg - und mit dem Tata-Deal könnte er aktiv daran teilnehmen. Scheitert das Vorhaben, könnte das nach aller Anstrengung zudem auch Konsequenzen für Hiesingers Karriere haben.
Krupp-Stiftungs-Chefin Ursula Gather:
Hauptaktionär von ThyssenKrupp ist mit 23 Prozent der Anteile die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung (kurz: Krupp-Stiftung), die auch zwei Mitglieder in den ThyssenKrupp-Aufsichtsrat entsandt hat. Die Dividenden aus dieser Beteiligung dienen der Stiftung als wichtige Geldquelle, aus der sie ihre Projekte und Förderungen finanziert.
Stiftungs-Chefin Gather stand zwar auf Anfrage für ein Statement nicht zur Verfügung. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Stiftung eine ähnliche Linie vertritt, wie Konzernchef Hiesinger: Generell sollte der ThyssenKrupp-Konzern erhalten bleiben, dem Zusammenschluss der Stahlsparte mit Tata Steel dürften sich die Vertreter der Stiftung im Aufsichtsrat aber kaum widersetzen.
Cevian-Deutschlandchef Jens Tischendorf:
Zweitgrößter Aktionär bei ThyssenKrupp ist mit gut 15 Prozent seit wenigen Jahren der Finanzinvestor Cevian aus Schweden, dessen Deutschland-Chef Jens Tischendorf auch einen Sitz im Aufsichtsrat des Konzerns hat.
Cevian galt lange als Unterstützer der Linie Hiesingers bei den Verhandlungen mit Tata Steel. Zuletzt hat der Großaktionär jedoch angeblich seine Haltung geändert. Anstelle des Tata-Deals favorisiere Cevian nun die komplette Aufspaltung des ThyssenKrupp-Konzerns, berichtete Bloomberg mit Verweis auf mit der Situation vertraute Personen.
Ein "Nein" Cevians gegen den Thyssen-Tata-Deal im Aufsichtsrat könnte fatale Folgen haben. Denn falls die Arbeitnehmer das Vorhaben im Kontrollgremium ablehnen sollten, wäre Konzernchef Hiesinger zumindest auf der Kapitalseite auf Einigkeit angewiesen.
ThyssenKrupp-Betriebsratschef Wilhelm Segerath:
Von der Arbeitnehmerseite bekommt ThyssenKrupp-Chef Hiesinger viel Gegenwind auf seinem Kurs zur Verschmelzung der Stahlsparte des Konzerns mit Tata Steel. Die Beschäftigten - rund 22.000 arbeiten noch in den Thyssen-Stahlwerken in Duisburg und Bochum - fürchten um ihre Jobs und um die bislang bestehenden Möglichkeiten zur Mitbestimmung. Tatsächlich rechnen Thyssen und Tata bei dem Deal mit Synergieeffekten von 400 bis 600 Millionen Euro. Durch den Zusammenschluss würden bis zu 2000 Jobs in der Verwaltung wegfallen und möglicherweise bis zu 2000 weitere in der Produktion. Die Lasten sollen beide Partner etwa zu gleichen Teilen tragen.
Am Freitag wollen die Stahlarbeiter in Bochum demonstrieren. Medienberichten zufolge bevorzugen die Arbeitnehmer sowie die IG Metall die Option, ThyssenKrupp-Stahl in eine Deutsche Stahl AG einzubringen, gemeinsam mit anderen Branchenfirmen. Diese Pläne sind aber nicht alles andere als konkret. Zuletzt sprachen Thyssens Betriebsräte denn auch weniger von Opposition gegen das Tata-Vorhaben, als von der Notwendigkeit, die "schlechte Entscheidung mitzugestalten".
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet:
Die Nordrhein-westfälische Schwarz-Gelbe-Landesregierung, die das Thema nicht zuletzt aufgrund der bevorstehenden Bundestagswahl wohl sehr sensibel behandeln sollte, hat sich bereits für den Deal mit Tata ausgesprochen. "Wir haben mit der möglichen Fusion mit Tata die Chance, mit einem starken Partner in Europa zusammengehen zu können", sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) kürzlich im Düsseldorfer Landtag. Die SPD dagegen ist gegen das Vorhaben und mahnt an, andere Optionen zu prüfen.
Der Streit um die Stahlsparte von ThyssenKrupp geht in die Endphase. Der Konzern hat mit Tata Steel eine Absichtserklärung unterzeichnet, nach der Thyssens Stahlgeschäft mit jenem des indischen Konkurrenten fusioniert werden soll. Ob es tatsächlich so kommt, hängt allerdings von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab, in dem die Arbeitnehmerseite, die dem Vorhaben kritisch gegenübersteht, die Hälfte der Sitze hat. Weitere Beteiligte am Ringen um Thyssens Stahlbereich sind beispielsweise die Großaktionäre sowie die Politik. Hier der Überblick darüber, wer in der Causa welches Interesse verfolgt:
Foto: Roland Weihrauch/ dpaKrupp-Stiftungs-Chefin Ursula Gather:
Hauptaktionär von ThyssenKrupp ist mit 23 Prozent der Anteile die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung (kurz: Krupp-Stiftung), die auch zwei Mitglieder in den ThyssenKrupp-Aufsichtsrat entsandt hat. Die Dividenden aus dieser Beteiligung dienen der Stiftung als wichtige Geldquelle, aus der sie ihre Projekte und Förderungen finanziert.
Stiftungs-Chefin Gather stand zwar auf Anfrage für ein Statement nicht zur Verfügung. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Stiftung eine ähnliche Linie vertritt, wie Konzernchef Hiesinger: Generell sollte der ThyssenKrupp-Konzern erhalten bleiben, dem Zusammenschluss der Stahlsparte mit Tata Steel dürften sich die Vertreter der Stiftung im Aufsichtsrat aber kaum widersetzen.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet:
Die Nordrhein-westfälische Schwarz-Gelbe-Landesregierung, die das Thema nicht zuletzt aufgrund der bevorstehenden Bundestagswahl wohl sehr sensibel behandeln sollte, hat sich bereits für den Deal mit Tata ausgesprochen. "Wir haben mit der möglichen Fusion mit Tata die Chance, mit einem starken Partner in Europa zusammengehen zu können", sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) kürzlich im Düsseldorfer Landtag. Die SPD dagegen ist gegen das Vorhaben und mahnt an, andere Optionen zu prüfen.