Schmelzer bei ArcelorMittal: Beschäftigte der nordwestdeutschen Stahlindustrie herhalten 4 Prozent mehr Lohn
Foto: DPA"Die Auftragsbücher sind bei den meisten Unternehmen voll", stellt der Stahlexperte Nils Naujok von der Strategieberatung PwC fest. Angesichts von Preiserhöhungen zwischen 10 und 15 Prozent im vergangenen Jahr könnten sich die Unternehmen über steigende Margen freuen. Doch trotz steigender Preise bleibt die Branche auch im laufenden Jahr weiter unter Druck. Vor allem weiter wachsende Stahlimporte aus China bereiteten der Branche jedoch Sorgen, berichtet Naujok.
"Die Hütte brummt", ist sich auch Dieter Lieske, erster Bevollmächtigter der IG Metall Duisburg-Dinslaken, sicher. Derzeit seien die Stahlwerke gut ausgelastet. "Bis Oberkante-Unterlippe", sagt der Gewerkschafter. Für andauernde Klagen aus der Branche hat er dagegen kein Verständnis: "Die Stahlbosse sind die Jammerlappen der deutschen Industrie", meint er.
Am frühen Freitagmorgen hatten sich Arbeitgeber und IG Metall auf ein deutliches Lohnplus zunächst in der nordwestdeutschen Stahlindustrie geeinigt. In zwei Stufen sollen die rund 72 000 Beschäftigten insgesamt 4 Prozent mehr Geld erhalten.
Der Abschluss passe zur aktuellen Situation in der Stahlbranche, meinte IG Metall-Verhandlungsführer Knut Giesler. Arbeitgeber-Verhandlungsführer Andreas Goss sah dagegen keinen Anlass zum Jubeln. Insbesondere die verbesserte Stahlkonjunktur habe einen Tarifabschluss mit einer geringeren Belastung verhindert, beklagte er.
Tatsächlich lag die Kapazitätsauslastung der deutschen Stahlbranche zum Jahresbeginn mit 89 Prozent auch nach den Zahlen der Wirtschaftsvereinigung Stahl nicht nur deutlich über dem langjährigen Durchschnitt, sondern auch in der Nähe der technisch machbaren Vollauslastung. Der Präsident des Branchenverbands, Hans Jürgen Kerkhoff, hatte jedoch vor wenigen Tagen zunächst noch zurückhaltend von einer "konjunkturellen Stabilisierung" gesprochen. Zu Preisen macht der Verband dagegen traditionell keine Angaben.
Thyssenkrupps Stahlsparte zählt noch zu den Sorgenkindern
"Wir sind mit Rückenwind ins Jahr 2017 gestartet", stellte etwa der Chef des weltgrößten Stahlkonzerns ArcelorMittal, Lakshmi Mittal, vor wenigen Wochen bei der Bilanzvorlage für 2016 fest. Das Unternehmen konnte dabei vor allem von einer Erholung der Stahlpreise profitieren. Nach vier Verlustjahren in Folge hatte der Stahlriese für 2016 wieder schwarze Zahlen geschrieben. Nun sollen auch die Investitionen wieder hochgefahren werden.
Auch der zweitgrößte deutsche Hersteller, Salzgitter, konnte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016 vor dem Hintergrund sich wieder stabilisierender Stahlpreise in die Gewinnzone zurückkehren. Die Aussichten erschienen derzeit "so günstig wie schon seit 2012 nicht mehr", stellte Vorstandschef Heinz Jörg Fuhrmann Ende Februar fest.
Beim deutschen Branchenprimus ThyssenKrupp zählte die europäische Stahlsparte dagegen zum Start in das neue Geschäftsjahr 2016/17 (30.9.) noch zu den Sorgenkindern des Konzerns. Hintergrund waren vor allem langfristige Lieferverträge, welche die Weitergabe von teils drastischen Preisanstiegen bei den Rohstoffkosten an Kunden zunächst verhindert hatten, beklagte das Unternehmen.
Auch der Stahlbranche Digitalisierungs-Welle bevor
Angesichts der wieder angestiegenen Stahlpreise klagten Kunden wie der Industrieverband Blechumformung bereits über einen "Stahlpreis-Schock". Zulieferer befürchteten Lieferprobleme, hieß es in einer Mitteilung des Verbands. Vor allem Mittelständler seien durch den Kostenschub bedroht.
Experte Naujok sieht jedoch auch die Stahlbranche weiter gefordert. "Der Branche geht es besser, aber sie muss sich auf weitere Herausforderungen vorbereiten", sagt er.
Neben Unwägbarkeiten wie der künftigen Ausgestaltung des Emissionsrechtehandels und weiter steigenden Importen aus China müsse man sich auch mit einem Vorantreiben der Digitalisierung fit für die Zukunft machen. Beim technologischen Fortschritt habe die Branche im Rennen mit China derzeit noch die Nase vorn, sagt Naujok. Der Vorsprung sei aber auf einen Entwicklungszeitraum von nur noch etwa fünf Jahren geschrumpft.
Die schwedische Investmentgesellschaft Cevian Capital von Christer Gardell (Foto) und Lars Förberg sucht Rendite mit der Strategie "aktivistischer Investoren". Das heißt: Sie stiften üben Druck auf das Management ihrer Beteiligungsfirmen aus, um deren Wert zu steigern. Zerschlagen, heißt das oft.
Auf Cevians Website klingt das so: Das Unternehmen erwirbt Anteile an aus seiner Sicht unterbewerteten Firmen und versucht durch Einflussnahme auf das Management den Wert der Beteiligung zu steigern.
Vorbild und einer der größten Geldgeber ist der US-Investor Carl Icahn der schon viele Schlachten gegen Unternehmen (und gegen rivalisierende Investoren wie Intimfeind Bill Ackman) geschlagen hat. Anders als Icahn, meiden die Schweden öffentlichen Klamauk. Sie machen eher hinter geschlossenen Türen Druck auf das Management. Ausnahmen gibt es...
Über den Schweizer Industriekonzern ABB schrieb Christer Gardell in der schwedischen Zeitung "Svenska Dagbladet" im September 2016 einen Kommentar: Die Zweiteilung in eine Elektro- und eine Automatisierungsfirma sei "die einzige rationale und logische Geschäftsentscheidung". ABB-Chef Ulrich Spiesshofer prüfte das Ansinnen des Großaktionärs, mochte der Logik dann aber doch nicht folgen.
Bei ThyssenKrupp schielt der knapp 20-prozentige Besitzer auf dieselbe Form der Wertsteigerung: lukrative Sparten wie das Geschäft mit Aufzügen könnten glänzen, wenn nicht ...
... das schwierige Stahlgeschäft dabei wäre, über dessen Bestand auch der Hauptaktionär Krupp-Stiftung mit Vetorecht wacht. Immerhin ist eine Fusion mit Tata Steel Europe in Vorbereitung. Gegenüber manager magazin konzedierte Cevian-Mitgründer Lars Förberg im Sommer, dass "sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen".
"Unser schlechtestes Investment aller Zeiten" nennt Förberg den Baudienstleister Bilfinger, wo Cevian mit 26 Prozent der Anteile durchregieren kann. Aber während ein Geschäftsteil nach dem anderen abgestoßen wird, mit Ex-Politiker Roland Koch, Bilfinger-Veteran Herbert Bodner und dem Norweger Per Utnegaard drei Chefs in kurzer Zeit verschlissen wurden, hängt der Unternehmenswert immer noch durch.
Den Aufsichtsrat führt der ehemalige Daimler- und Metro-Topmanager Eckhard Cordes. Cordes wurde 2012 zum Cevian-Partner ernannt, als die Schweden nach Informationen von manager magazin mit einem Anteil unter der Meldeschwelle (rund 2 Prozent) versuchten, Druck auf Daimler-Chef Dieter Zetsche zu machen. Was daraus wurde? Jedenfalls ist der Aktienkurs seitdem kräftig gestiegen.
Als Erfolg in Deutschland können die Schweden den Kranhersteller Demag Cranes verbuchen, wo ein spektakulärer Wertzuwachs gelang. Binnen eines Jahres verdoppelte der Fonds seinen Einsatz. Den 2010 gekauften 10-Prozent-Anteil reichten die Schweden im Jahr darauf an den US-Baumaschinenkonzern Terex weiter, der Demag übernahm.
Das Geld für Demag hatte Cevian aus seinem drei Jahre lang gehaltenen 3-prozentigen Anteil an Munich Re. Spekulationen, die Finanzinvestoren könnten auf eine Trennung vom Erstversicherungsgeschäft der Tochter Ergo drängen, bewahrheiteten sich allerdings nicht. Cevian zog weiter, ohne Spuren zu hinterlassen - aber auch, ohne den Aktienkurs hochzutreiben.
Durchgesetzt hat sich Cevian bei dem traditionsreichen britischen Technologiekonzern Cookson mit Sitz an der Londoner Fleet Street. Ein Jahr nach dem Einstieg wurde das Unternehmen Ende 2012 in die Firmen Alent und Vesuvius zweigeteilt. Das sei wertsteigernd, fanden die Schweden, die an beiden Firmen beteiligt und im Aufsichtsrat vertreten sind.
Das erste Investment, mit dem Cevian von sich Reden machte, war 2004 der Einstieg beim schwedischen Versicherer Skandia. Mit den Genre-üblichen Methoden konnte der Investor seinen Einsatz binnen zwei Jahren verdoppeln. In Zeitungsberichten wurde Cevian seinerzeit gar als "Schlachter" bezeichnet.
Auch bei Volvo gab es Ärger, nachdem Cevian 2006 eingestiegen war. Cevian-Chef Gardell trat dort zwar ausnahmsweise für die Einheit des Konzerns ein, forderte aber die Abberufung eines Topmanagers in der Baumaschinensparte. Dies verurteilte ein anderer Großaktionär, der Industriekapitän Carl Bennet, der kurz darauf ...
... seinen Posten als Aufsichtsrat beim Telefonkonzern TeliaSonera räumen musste, wo Cevian ebenfalls beteiligt war.
... das schwierige Stahlgeschäft dabei wäre, über dessen Bestand auch der Hauptaktionär Krupp-Stiftung mit Vetorecht wacht. Immerhin ist eine Fusion mit Tata Steel Europe in Vorbereitung. Gegenüber manager magazin konzedierte Cevian-Mitgründer Lars Förberg im Sommer, dass "sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen".
Foto: PATRIK STOLLARZ/ AFP"Unser schlechtestes Investment aller Zeiten" nennt Förberg den Baudienstleister Bilfinger, wo Cevian mit 26 Prozent der Anteile durchregieren kann. Aber während ein Geschäftsteil nach dem anderen abgestoßen wird, mit Ex-Politiker Roland Koch, Bilfinger-Veteran Herbert Bodner und dem Norweger Per Utnegaard drei Chefs in kurzer Zeit verschlissen wurden, hängt der Unternehmenswert immer noch durch.
Foto: ? Lisi Niesner / Reuters/ REUTERSDen Aufsichtsrat führt der ehemalige Daimler- und Metro-Topmanager Eckhard Cordes. Cordes wurde 2012 zum Cevian-Partner ernannt, als die Schweden nach Informationen von manager magazin mit einem Anteil unter der Meldeschwelle (rund 2 Prozent) versuchten, Druck auf Daimler-Chef Dieter Zetsche zu machen. Was daraus wurde? Jedenfalls ist der Aktienkurs seitdem kräftig gestiegen.
Foto: Rainer Jensen/ dpaDas Geld für Demag hatte Cevian aus seinem drei Jahre lang gehaltenen 3-prozentigen Anteil an Munich Re. Spekulationen, die Finanzinvestoren könnten auf eine Trennung vom Erstversicherungsgeschäft der Tochter Ergo drängen, bewahrheiteten sich allerdings nicht. Cevian zog weiter, ohne Spuren zu hinterlassen - aber auch, ohne den Aktienkurs hochzutreiben.
Foto: DPAAuch bei Volvo gab es Ärger, nachdem Cevian 2006 eingestiegen war. Cevian-Chef Gardell trat dort zwar ausnahmsweise für die Einheit des Konzerns ein, forderte aber die Abberufung eines Topmanagers in der Baumaschinensparte. Dies verurteilte ein anderer Großaktionär, der Industriekapitän Carl Bennet, der kurz darauf ...
Foto: Volvo