Werner-von-Siemens-Straße 1: Der Weltkonzern residiert künftig an repräsentativer Adresse am Münchener Altstadtring. Die neue Zentrale wird an diesem Freitag eröffnet. Ein Rundgang in Bildern.
Transparenz und Offenheit sind ein Leitmotiv des Baus, der nach der vor zehn Jahren publik gewordenen Korruptionsaffäre begonnen wurde. Sinnbildlich stand das alte Hauptquartier, gegen außen verschlossen, auch für dunkle Gänge.
Quer durch die Zentrale zieht sich nun auch eine weitestgehend öffentlich zugängliche "Siemens-Passage".
Die dänischen Architekten vom Büro Henning Larsen Architects haben in den Innenhöfen mehrere Treffpunkte in luftiger Atmosphäre für die 1200 dort arbeitenden Siemensianer geschaffen.
Hier der zweistöckige Newsroom der Kommunikationsabteilung. Sie hat das Außenbild des Konzerns zu pflegen, das derzeit mal wieder überwiegend positiv wirkt: Siemens hat mit zweistelligen Renditen und annähernd skandalfrei in die Erfolgsspur zurückgefunden, von gelegentlich wiederkehrenden Nachrichten zu Jobabbau einmal abgesehen.
Zwischen dem vielen Weiß werden sich die meisten Beschäftigten kaum persönlich einrichten können. Personalchefin Janina Kugel spricht von einer "Clean-Desk-Strategie". Nach Feierabend sind die Schreibtische zu räumen, am nächsten Tag kann ein anderer Arbeitsplatz bezogen werden. Ein Hauch von Silicon Valley ...
Die Solarmodule auf dem Dach sollen ein Drittel des für die Zentrale nötigen Stroms liefern. Mit dem Anspruch der Nachhaltigkeit geht es neben der Sparsamkeit auch um den Ehrgeiz des Konzerns, den Chef Joe Kaeser "entlang der Wertschöpfungskette der Elektrifizierung und der Automatisierung" ausrichten will.
Der repräsentativste Teil der Zentrale bleibt das Palais Ludwig Ferdinand am Wittelsbacherplatz, wo im 19. Jahrhundert bayerische Prinzen residierten. Das Palais wurde saniert und in den Neubau integriert. Bei den Arbeiten kam es darin allerdings zu einem Brand. Die Rauchschäden sollen behoben sein.
Am neuen Haupteingang werden Besucher von der zehn Meter hohen Aluminiumskulptur "Wings" des Architekten Daniel Libeskind begrüßt, die zuvor auf der Mailänder Expo zu sehen war. Mit Lichteffekten aus LEDs will Siemens das Zukunftsthema Digitalisierung visualisieren. Die Lichttechnik wurde allerdings mit der einstigen Konzerntochter Osram 2013 ausgegliedert.
Auch innen schmückt sich Siemens mit Werken hochkarätiger Künstler, so der Bronzeskulptur "Schwestergruppe" von Georg Baselitz.
Er ist der Herr im Haus: Siemens-Chef Joe Kaeser, der den Konzern seit Amtsantritt vor drei Jahren auf sich zugeschnitten hat und von manager magazin den Titel "König Joe I." verliehen bekam. Der Arbeitersohn aus dem Bayerischen Wald möchte auf diesen Adelsanspruch allerdings lieber verzichten, er sieht sich als Teamplayer.
Zur feierlichen Grundsteinlegung - kurz vor dem Wechsel an der Konzernspitze im Juli 2013 - durfte noch der damalige Vorstandsvorsitzende Peter Löscher im Licht seiner grünen Konzernvision erscheinen.
Fragt man heute nach Mr Siemens, werden außerhalb Erlangens die meisten wohl an Joe Kaeser denken, den in unerreichter Machtfülle glänzenden Konzernchef.
Erfunden wurde der Titel aber für Heinrich von Pierer, der fast 15 Jahre lang Deutschlands Industrieikone führte und radikal umbaute, vor der Uno sprach und auch mal als möglicher Bundespräsident gehandelt wurde.
Den Karriereknick markiert der Herbst 2006, als Siemens Börsen-Chart zeigen von einem Skandal in den nächsten geriet. Erst ging die kurz zuvor an BenQ abgestoßene Mobilfunksparte pleite, dann sorgte der Beschluss, die Vorstandsgehälter um 30 Prozent zu erhöhen, für öffentlichen Unmut. Und Mitte November startete mit einer Großrazzia eine Serie von Enthüllungen über ein milliardenschweres System schwarzer Kassen zur Bestechung ausländischer Auftraggeber. Mehr als zwei Milliarden Euro musste der Konzern daraufhin an Anwälte und Behörden zahlen.
Ganz unbeschadet kam keiner der damals Verantwortlichen aus der Affäre - aber ihre Wege unterscheiden sich doch deutlich, wie unsere Übersicht zeigt.
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