Prognose angehoben Rückenwind für den neuen Siemens-Chef Roland Busch

Der alte und der neue Chef: Mit der heutigen Hauptversammlung übernimmt Roland Busch (r.) die Konzernführung von Joe Kaeser
Foto: Peter Kneffel / dpaRoland Busch (56) startet mit Rückenwind in seine neue Position als Siemens-Chef. Der Technologiekonzern hat nach einem guten ersten Quartal, für das Busch bereits die operative Verantwortung trug, seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr angehoben. So erwartet das Unternehmen nun einen deutlichen Gewinnanstieg, auch das Umsatzwachstum aus eigener Kraft soll höher ausfallen als zunächst geplant. Treiber ist dabei das Geschäft mit der Digitalisierung.
Siemens geht damit mitten in der Corona-Pandemie mit positiven Nachrichten in die später am Mittwochvormittag beginnende Hauptversammlung. Es ist die letzte des langjährigen Konzernchefs Joe Kaeser (63). "Das Team hat trotz eines komplexen Umfelds eine hervorragende Leistung abgeliefert. Ich bin dankbar, so ein starkes Unternehmen an die neue Führungsriege übergeben zu können", sagte er.
2020/21 (per Ende September) soll der Umsatz auf vergleichbarer Basis nun im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich wachsen, wie das Unternehmen am Mittwoch in München mitteilte. Den Gewinn nach Steuern sieht das Management in einer Bandbreite von 5 bis 5,5 Milliarden Euro, nach 4,2 Milliarden Euro im Vorjahr. Bislang war der Konzern bei den beiden Kennziffern von einem jeweils moderaten Anstieg ausgegangen. Gegenwind erwartet Siemens dabei weiter von der Währungsseite. Für Umsatz und Ergebnismarge der Digitalisierungssparte zeigte sich Siemens ebenfalls optimistischer. Auch das Geschäft mit intelligenter Infrastruktur soll eine höhere Rendite liefern als bisher geplant.
Siemens habe nicht nur die unerwartet rasche Erholung etwa in der Autoindustrie und im Maschinenbau geholfen, sagte Busch. Vor allem in China, aber auch in Deutschland brummte das Geschäft. Wegen der Corona-Beschränkungen habe Siemens für Dienstreisen zugleich fast zwei Drittel weniger ausgegeben.
Knapp 40 Prozent mehr Gewinn
Im ersten Geschäftsquartal profitierte das Unternehmen von einer starken operativen Entwicklung seiner Automatisierungs- und Softwaregeschäfte sowie dem Bereich intelligente Infrastruktur. Auch die Medizintechniktochter Healthineers trug zu der positiven Entwicklung bei - das Unternehmen hatte bereits zu Wochenbeginn starke Zahlen geliefert und seine Prognose erhöht.
Insgesamt stieg der Umsatz im ersten Quartal um 3 Prozent auf 14,1 Milliarden Euro. Vergleichbar - also ohne Währungsumrechnungs- und Portfolioeffekte - stieg der Umsatz um 7 Prozent. Der Auftragseingang nahm um 11 Prozent auf 15,9 Milliarden Euro zu. Negative Währungseffekte belasteten das Wachstum dabei mit jeweils 5 Prozentpunkten. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebita) der Industriegeschäfte stieg um fast 40 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Hier profitierte der Konzern neben der starken operativen Entwicklung auch von deutlich gesunkenen Restrukturierungskosten. Nach Steuern verdiente Siemens 1,5 Milliarden Euro, und damit 38 Prozent mehr als im Vorjahr.
Kaeser übergibt den Staffelstab an Busch
Siemens hatte bereits Ende Januar starke operative Zahlen für seine Kerngeschäfte vorgelegt, die zum Teil deutlich über den Erwartungen der Analysten lagen. Dabei hatte das Unternehmen bereits angekündigt, die Prognose überprüfen zu wollen.
Vorstandschef Kaeser wird auf der online stattfindenden Hauptversammlung das letzte Mal den Siemens-Aktionären Rede und Antwort stehen und danach den Staffelstab endgültig an Busch übergeben. Der seit 2013 als Konzernchef wirkende Kaeser hinterlässt seinem Nachfolger ein bestelltes Feld. Was Busch von Kaeser unterscheidet, lesen Sie hier.
Die jahrelange Neuausrichtung hin zum Kerngeschäft Digitalisierung fand im vergangenen September mit der Abspaltung des Energiegeschäfts vorläufig ihren Abschluss. Siemens wird künftig noch stärker auf das Geschäft mit Automatisierung und Software sowie intelligenter Infrastruktur setzen, von dem sich die Münchener große Wachstumschancen versprechen. Busch steht nun vor der Aufgabe, das Geschäft von Siemens mit der digitalen Technik weiterzuentwickeln und einen schlagkräftigen Konzern zu formen.