Dritter Knorr-Bremse-Chef in eineinhalb Jahren Thieles nächster Versuch

Will es mit Jan Michael Mrosik versuchen: Knorr-Bremse-Firmenpatriarch Heinz Hermann Thiele
Foto: HANDOUT/ AFPPatriarch Heinz Hermann Thiele (79) hat wieder jemanden gefunden für seinen Industriekonzern Knorr-Bremse. Der Aufsichtsrat bestellte am Mittwoch den Siemens-Manager Jan Michael Mrosik (56) mit Wirkung zum 1. Januar zum Vorstandsvorsitzenden. Die Position gilt als Schleudersitz. Mrosik wird der dritte Chef von Knorr-Bremse binnen weniger als anderthalb Jahren. Sein Vorgänger bei Knorr-Bremse, Bernd Eulitz (54), war Ende August nach nur zehn Monaten Knall auf Fall ausgeschieden.
"Tief greifende Meinungsverschiedenheiten" mit Aufsichtsratschef Klaus Mangold (77) und dem Firmenpatriarchen und Mehrheitsaktionär Heinz-Hermann Thiele bei "Fragen der Führung und der aktiven Gestaltung unternehmerischer Belange" hätten eine weitere Zusammenarbeit unmöglich gemacht, verlautete damals. Eulitz galt auch im Management als Fehlbesetzung.
Eulitz' Vorgänger Klaus Deller (58) hatte Knorr-Bremse erst erfolgreich an die Börse gebracht. Schließlich sei er Thiele aber zu selbstbewusst aufgetreten, hieß es im Unternehmen. Die Konsequenz: Im April 2019 schied Deller überraschend aus, offiziell wegen "unterschiedlicher Auffassungen von Führung und Zusammenarbeit".
Neuer, dritter Geschäftsbereich möglich
Der künftige Chef Mrosik, ein an der RWTH Aachen studierter Elektroingenieur, leitete zuletzt das operative Geschäft der Siemens-Sparte Digital Industries, die auf Industrieautomatisierung spezialisiert ist. Der designierte Vorstandschef sagte, er wolle bei Knorr-Bremse insbesondere die Digitalisierung vorantreiben. Bei Siemens wurde Mrosik lange als Favorit für die Chefposition bei Digital Industries gehandelt. Der künftige Konzernchef Roland Busch (55) gilt jedoch nicht als Mrosik-Freund; er bevorzugte einen anderen.
Bei Knorr-Bremse bekommt der neue Vorsitzende einen Drei-Jahres-Vertrag. Aufsichtsratschef Mangold sagte, mit dem promovierten Ingenieur Mrosik habe Knorr-Bremse einen Manager mit viel Kompetenz in der Führung komplexer Unternehmenseinheiten gewonnen. "Ich hoffe, er wird das Unternehmen mit Führungsstärke und mit Teamgeist gut zu neuen Ufern führen." Dazu gehörten die umfassende Digitalisierung des Konzerns und neues Wachstum in seinen beiden Sparten Nutzfahrzeuge und Schiene. Nach den jüngsten Übernahmen gebe es hier viel Potenzial, zum Beispiel beim autonomen Fahren. Ein neuer dritter Geschäftsbereich sei für ihn kein Thema, sagte der Aufsichtsratschef. Der Aufsichtsrat habe einen Techniker mit industrieller und internationaler Erfahrung gesucht und mit Mrosik auch gefunden, sagte Aufsichtsratschef Mangold.
Neuer Vertrag auch für den Bahntechnik-Vorstand Wilder
Gleichzeitig mit dieser Entscheidung verlängerte der Aufsichtsrat am Mittwoch auch den Vertrag des für das Bahngeschäft zuständigen Vorstands Jürgen Wilder (50) um fünf Jahre. An der Spitze der Nutzfahrzeugsparte steht unverändert Peter Laier (52). Im August hatte Thiele den Daimler-Manager Frank Markus Weber (50) als neuen Finanzvorstand an Bord geholt.
Die zentrale Figur bei Knorr-Bremse bleibt aber auch mit 79 Jahren Großaktionär Heinz Hermann Thiele. Er war im Juni 2020 nach vier Jahren Pause wieder in den Aufsichtsrat von Knorr-Bremse eingezogen und dominiert dort als stellvertretender Vorsitzender. Thiele hält mit seiner Familie rund 60 Prozent der Konzernanteile und macht immer wieder auch als Lufthansa-Großaktionär Schlagzeilen. Dort sperrte er sich zunächst gegen den Einstieg des Staates bei der Airline im Zuge des Rettungspakets. Jüngst drohte er mit 30.000 Kündigungen bei der Lufthansa, sollte es nicht bald zu einer Tarifeinigung kommen.
Knorr-Bremse ist an der Börse fast 17 Milliarden Euro wert; das Unternehmen erwirtschaftete im vergangenen Jahr 632 Millionen Euro Gewinn. Der Spezialist für Zug- und Lkw-Bremsen rechnet dieses Jahr mit einem Umsatzrückgang von 6,9 Milliarden auf 5,8 bis 6,2 Milliarden Euro und einem deutlich geringeren Betriebsergebnis.