
Konkurrenz für Kaffeeimperium Dieser Amerikaner legt sich mit dem Reimann-Clan an
Kaffee-Spezialitäten sind nicht nur in San Francisco schwer angesagt. Von Washington über Philadelphia bis New York schwappt derzeit eine Craft-Coffee-Welle über die USA. In den Tassen keine Allerwelts-Kaffees, wie man sie bei McDonalds oder Starbucks schon zigfach getrunken hat.
Bei Edelläden wie Intelligentsia Coffee, Strumpton, Blue Bottle, La Colombe oder Sightglass wird Kaffee als Gesamtkunstwerk zelebriert: brasilianischer Fazenda Sertaozinho in riesigen gläsernen Glaskolben frisch aufgebrüht. Äthiopische Yirgacheffe Koke Bohnen, für ein sanfteres Aroma über Nacht eingeweicht. Und es wird dafür gesorgt, dass die Kaffeetrinker genau wissen, von welcher fair betriebenen Plantage die guatemaltekischen Huehuetenango Chichimes Bohnen stammen, die gerade durch den aromatechnisch optimal geformten Filter tropfen.
Hohe Kaffeekunst, für die viele Kunden klaglos hohe Preise zahlen. Sechs Dollar pro Tasse Kaffee oder hippem-Kaffeegetränke wie Espresso Tonic oder einen Cold Brew aus dem Zapfhahn sind keine Seltenheit.
Nachdem der Craftbeer-Boom die US-amerikanische Brauereilandschaft durchgewirbelt hat, ist nun der Craft-Coffee-Boom in vollem Gange. Und anders als beim Biergeschäft, wo die Großkonzerne von der Craft-Welle ziemlich überrascht wurden, wollen Konzerne bei der neuen Kaffee-Welle von Anfang an mitmischen.
Nach Craft-Beer kommt jetzt Craft-Coffee
Dass sich mit der neuen Kaffeeeverliebtheit eine Menge Geld verdienen lässt, haben Branchengrößen wie Starbucks und Nespresso längst gemerkt. So bietet Nespresso in seinen edlen Kaffeeshops bereits seit längerem "Pure origin"-Sorten wie "Bukeela ka Ethiopia" oder Rosabaya aus Kolumbien an. Und auch der US-Kaffeereise Starbucks hat mit seinen "Reserve Roasteries" ein auf das neue Luxus-Klientel ausgerichtetet Angebot aus dem Boden gestampft.
Mehr als 500 solcher Luxus-Läden, in denen Kunden zusehen können, wie der Barista ihren limitierten Costa Rica La Candelilla Estate im Glaskolben aufbrüht, sollen in den nächsten Jahren entstehen.

Und auch der neu geschaffenen Kaffeeriese der deutschen Milliardärsfamile Reimann hat ein Auge auf den lukrativen US-Edel-Kaffeemarkt geworfen, der nach Meinung von Experten eine Bedeutung bekommen könnte, wie es die Craft-Bier-Bewegung für den Biermarkt hat. Kleine, individuelle Brauer haben sich hier in den USA mittlerweile einen Umsatzanteil von 19 Prozent am US-Biermarkt erobert. Und wachsen mehr als 30 mal so schnell wie die Massen-Konkurrenz.
Der Reimann-Clan, der gerade dabei ist, ein weltweites Kaffeeimperium aufzubauen, hat jedenfalls schon einmal kräftig eingekauft. Seit der Übernahme des Kaffeegeschäftes von Mondelez kontrolliert der Clan mit Jacobs Douwe Egberts (Jacobs, Tassimo und Carte Noire, Douwe Egberts, Senseo) schon jetzt einen markanten Teil des europäischen Kaffee-Geschäfts. Ende 2015 folgte dann die Übernahme des
amerikanischen Nespresso-Konkurrenten Keurig.
Wird der Reimann-Clan zum Anheuser Busch des Kaffeemarkts?
Und auch in der amerikanischen sogenannten " Speciality Coffee Szene" hat sich der Konzern unter der der Führung von Chairman und Mastermind Bart Becht bereits eingekauft. Erst für rund eine Milliarde Dollar die beliebte kalifornische Kaffeehaus-Kette und Rösterei "Peet's Coffee and Tea" sowie die Kette Caribou Coffee. Später folgten - teils über Beteiligungen - die Oregoner-Edelmarke Stumptown Coffee Roasters und die angesagte Edelkette Intelligentsia Coffee.
Mehr als 30 Milliarden Dollar hat der Clan laut der Nachrichtenagentur Reuters für seine Kaffee-Investments in den vergangenen vier Jahren ausgegeben.

Angesichts derartig teurer Zukäufe in so kurzer Zeit wundert es kaum, dass Branchenbeobachter JAB mit ABInbev vergleichen, die mit ähnlichen Zukäufen den Biermarkt erobert und es zum unangefochtenen Spitzenreiter gebracht haben.
Und tatsächlich scheint es, als ob sich der Reiman-Clan einiges bei dem brasilianischen Bierimperium abgeschaut hat. Schließlich saßen beziehungsweise sitzen von den drei Männern, die die Geschäfte des Reiman-Clans steuern, zwei, nämlich Peter Harf und Olivier Goudet im Aufsichtsrat des Bierriesens.
Doch der Reimann-Clan ist nicht der einzige, der ein Auge auf das lukrative Kaffee-Geschäft geworfen hat. Auch Wagniskapitalgeber wie Google Ventures, die Twitter-Gründer Jack Dorsey und Evan Williams, Fidelity und Morgan Stanley sind mit ihrem Geld ins Kaffee-Geschäft eingestiegen.
Kaffee boomt, und boomt
Evan Williams, Fidelity wie auch Morgan Stanley bei der Kaffeekette Blue Bottle. Dorsey bei Sightglass, einer Kette mit der sich ehemalige Blue-Bottle-Beschäftigte selbstständig gemacht haben, die jeweils mehrere Millionen bei Investoren eingesammelt habe. Und der Investor Summit Partners bei der angesagten Rästerei Philz Coffee.
Sie alle wollen einen Fuß in der Tür haben- in einem rapide wachsenden Markt. Alleine im vergangenen Jahr hat der Kaffeekonsum laut dem US-Kaffeeverband um 10 Prozent angezogen. Weltweit rechnen die Branchenexperten mit einem Plus von 15 Prozent über die nächsten vier Jahre.
Für einen Konkurrent allerdings scheint das Kaffee-Geschäft mehr zu sein als nur Liebhaberei oder ein lukratives Investment. Und der könnte sich dadurch als hartnäckiger Konkurrent für die Reimanns erweisen.
Sein Name: Todd Carmichael. Der Gründer und Chef der Kaffeekette La Colombe aus Philadelphia. Um 40 Prozent ist das Unternehmen, das bereits 3000 Unternehmen mit seinen Kaffeeprodukten beliefert und auch an Endkunden versendet, im vergangenen Jahr gewachsen.
Die nächste Kaffeewelle wird "kalt und mobil"
Und mindestens in diesem Tempo soll es auch weiter gehen. Rund 150 Läden will der Gründer der beliebten US-Edel-Kaffeekette und Erfinder des "Lattes vom Faß" in den nächsten Monaten aufmachen.
Und auch im Einzelhandel hat Carmichael große Pläne. So hat er einen zuckerarmen Schaum-Latte aus der Dose entwickelt, der sich danke eines speziellen Ventils vor dem Trinken aufschäumen lässt. Ein Produkt, mit dem er dem vom Reimann-Imperium teuer erkauften Stumptons -Cold Brew-Kaffee in Dosen Konkurrenz macht.
Die nächste Kaffeewelle sei "kalt und mobil", tönte der Kaffeemanager. Entsprechend sollen die nächsten Neuentwicklungen, eine Milch-Alternative und ein nach Schokokuchen schmeckender zuckerarmer Mocha, demnächst folgen.
Bislang ist der Markt der mehr als 1,5 Milliarden Dollar schwere Markt für Kaffeefertiggetränke fest in den Händen der North American Coffee Partnership, einem Joint Venture von Starbucks und Pepsi. Das sind mehr als 97 Prozent Marktanteil in der massiv wachsenden Getränkekategorie. Eine Kategorie, von der der neben Reimanns-Investment Stumptons auch Carmichael gerne einen wachsenden Teil abhaben möchte.
Konkurrenz auch im Kapselgeschäft
Und nicht nur davon. Auch ins Kapselgeschäft will sich Carmichael vorwagen. Allerdings mit einer umweltfreundlichen Variante. Schließlich ist die enorme Umweltschädlichkeit einer der größten Kritikpunkte am Kapselmarkt. Und Reiman-Investment Keurig dort eindeutiger Marktführer.
Vor allem aber dürfte Carmichaels Marketinggeschick den Reimann-Managern Sorgen bereiten. Anders als viele Konkurrenten weiß der der auch als TV-Moderator und Autor tätige La-Colombe-CEO sehr genau, welche Knöpfe er drücken muss, um möglichst viel öffentliche Aufmerksamkeit für seine Produkte zu bekommen.
So schaffte er es, US-Schauspieler Leonardo di Caprio als Namensgeber für einen Kaffee zu gewinnen, dessen Einnahmen an Leonardos Umwelt-Stiftung gingen. Und auch der Marktstart seines neuen Dosen-Lattes wurde national von den US-Medien gecovert.
Und er hat einen finanzkräftigen Partner: Den türkischstämmigen Molkerei- Unternehmer Hamdi Ulukay . Der gebürtige Kurde, der mit seiner Joghurtmarke Chobani innerhalb wenige Jahre den US-amerikanischen Markt eroberte und Milliarden verdiente, ist seit Ende 2015 Mehrheitseigner von La Colombe.
Das Geschäft will der aber auch in Zukunft Carmichael überlassen. Und der scheint fest entschlossen ganz vorne im Geschäft mit zu mischen. Und Entschlossenheit und Durchhaltevermögen hat Carmichael schon ausgiebig bewiesen -- als er 2009 als erster Amerikaner alleine auf Skiern die Antarktis durchquerte.