Heikle Mission: Bahn-Chef Grube will trotz der drohenden Eskalation des Konflikts in der Ost-Ukraine einen Milliardenauftrag mit Russland an Land ziehen
Foto: Rainer Jensen/ dpaHamburg - Die politischen Unruhen in der Ost-Ukraine drohen zu eskalieren, die USA und EU drohen mit weiteren Sanktionen gegen Russland. Geschäfte mit der einstigen Weltmacht sind in so einer Situation ein heikles Unterfangen - erst recht für ein Staatsunternehmen wie die Deutsche Bahn.
"Business as usual" verbietet sich da im Grunde. Dennoch will Bahn-Chef Rüdiger Grube für ein deutsches Konsortium einen lukrativen Auftrag der russischen Staatsbahn RZD sichern und sich in geheimer Mission mit RZD-Chef Wladimir Jakunin in Paris treffen, berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf Industriekreise.
Jakunin steht wegen der Krim-Krise auf der Sanktionsliste der USA. Vor diesem Hintergrund und des eskalierenden Konflikts in der Ost-Ukraine habe die Bahn ein offizielles Treffen mit dem mächtigen Manager in Moskau zuvor abgesagt, heißt es in dem Bericht.
Die russische Staatsbahn plant den Bau einer 800 Kilometer langen Strecke von Moskau nach Kasan. Zur Fußball-WM 2018 soll das 20 Milliarden Euro schwere Projekt fertiggestellt sein. Dem Konsortium gehören Siemens, Deutsche Bank, Deutsche Bahn und weitere Eisenbahnfirmen an. So soll an dem Geheimtreffen in Paris auch Guillaume Pepy, Chef der französischen Bahn SNCF, teilnehmen.
Bahn: Keine Gespräche über geplante Hochgeschwindigkeitsstrecke
Die Deutsche Bahn wollte dem Bericht zufolge die geänderten Reisepläne ihres Vorstandschefs Grube nicht kommentieren. Montagvormittag erklärte das Unternehmen, Grube reise am Dienstag nach Paris zur Versammlung des Weltverbandes der Eisenbahngesellschaften (UIC), dessen Präsident auch Wladimir Jakunin ist. Berichte, wonach es dabei Gespräche über die geplante Hochgeschwindigkeitsstrecke Moskau-Kasan geben werde, dementierte die Bahn als "schlichtweg falsch".
Grube selbst hatte zuletzt anlässlich seiner Reisepläne nach Moskau noch formuliert: "Über Jahrzehnte sind diese Partnerschaften mit viel Energie und Kraft aufgebaut worden, so etwas ist aber schnell zerstört." Dass Grube nun in in dieser Woche nach Paris reist, interpretieren Beobachter als heiklen Versuch, trotz politischer Unruhen ins Geschäft zu kommen und dabei nicht in die gleiche Falle zu tappen wie seinerzeit Siemens-Chef Jo Kaeser.
Sein Besuch in Moskau bei Präsident Wladimir Putin hatten russische Medien genüsslich ausgeschlachtet. Umgekehrt hatten die lobenden Worte des Siemens-Chefs über den russischen Autokraten dem Manager hierzulande scharfe Kritik eingebracht.
"Wenn der Siemens-Chef das Vorgehen Putins auf der Krim als 'kurzfristige Turbulenz' bewertet und die Wertegemeinschaft mit Putin beteuert, ist das peinlich und unverantwortlich", hatte etwa der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), kritisert. Der Christdemokrat warf Kaeser vor, damit die deutschen Interessen zu unterlaufen.
Diese Kritik wollte Bahn-Chef Grube offenbar umgehen und hinter den Kulissen trotzdem die Geschäftsinteressen der deutschen Industrie vertreten - mit dem Segen von Kanzlerin Angela Merkel, so scheint es. Wünscht sich die Regierungschefin doch dem Bericht zufolge , dass "der Kontakt zwischen Deutschland und Russland nicht abreißt". Gespräche und Treffen mit russischen Wirtschaftsvertretern sollten aber "diskret geführt werden".
Ob das Grube jetzt noch gelingt, scheint zweifelhaft.
Der Westen will mit den Sanktionen Verantwortliche für die Lage auf der Krim bestrafen. Von den EU-Sanktionen sind 13 Russen und 8 Krim-Spitzenpolitiker betroffen. Sie trügen alle Verantwortung für die Zuspitzung der Lage, heißt es. Die USA haben insgesamt 31 Personen auf ihre Sanktionslisten gesetzt, zwölf Namen sind deckungsgleich mit den EU-Sanktionen. Die wichtigsten Personen im Überblick.
Die meisten von Russlands Superreiche bleiben von Sanktionen durch EU und die USA verschont. Mit einer Ausnahme: Der sechstreichste Russe Gennadi Timtschenko steht auf der US-Sanktionsliste, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das US-Magazin Forbes schätzt Timschenkos Vermögen auf 15,3 Milliarden Dollar. Doch der Unternehmer reagierte schnell - und verkaufte seine Beteiligung am Rohstoffhandelskonzern Gunvor an seinen schwedischen Geschäftspartner. Damit könnte er dem Einfrieren seines Vermögens teilweise entgehen.
Ebenfalls auf der US-Liste steht Juri Kowaltschuk. Er ist Chef und größter Anteilseigner der ebenfalls von den US-Sanktionen betroffenen Bank Rossiya. Kowaltschuks Vermögen wurde von Forbes zuletzt auf 1,4 Milliarden Dollar geschätzt. Die USA frieren nun die Vermögen der auf der Liste erwähnten Personen ein - und verhängen Visasperren.
Als unerwünschte Personen in den USA gelten nun auch Arkadi Rotenberg (im Bild) und sein Bruder Boris, deren Vermögen laut Forbes zusammengerechnet 5,4 Milliarden Dollar beträgt. Die Rotenbers sind langjährige Judopartner von Präsident Wladimir Putin - und sollen bei den Olympischen Spielen in Sotschi zahlreiche Großaufträge erhalten haben. Der englischen Financial Times erzählte Rotenberg einmal, er kenne Putin seit sie als Jungen "durch die Straßen gelaufen" sind.
Doch auf den Listen von EU und USA finden sich deutlich mehr Politiker als Geschäftsleute. Diese Bildkombination zeigt vier der wichtigsten Zielpersonen der Sanktionen, die auf beiden Sanktionslisten stehen: Dmitrij Rogosin, der russische Vizeregierungschef, Valentina Matwijenko, die Vorsitzende des russischen Föderationsrats, Sergej Axjonow, Regierungschef der Krim, und Wiktor Janukowitsch, der nach Russland geflüchtete Ex-Präsident der Ukraine.
Betroffen von den Sanktionen ist der stellvertretende russische Ministerpräsident Dmitrij Rogosin - der wichtigsten Kreml-Männer in der Verteidigungs- und Außenpolitik. Rogosin gilt als Nationalist und war vier Jahre lang Nato-Botschafter. Laut der Financial Times ist er einer der Berater für die geplante Ausweitung des russischen Verteidigungsbudgets um 755 Milliarden Dollar in den kommenden zehn Jahren.
Wladimir Konstantinow ist der Sprecher des Krim-Parlaments. Er sprach frühzeitig von einer Abspaltung der Halbinsel von der Ukraine.
Der entmachtete ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch findet sich ebenfalls auf der Sanktionsliste der USA. Die EU hatte bereits Anfang März seine Konten gesperrt.
Der selbsternannte Krim-Regierungschef Sergej Axjonow ist von US- und EU-Sanktionen betroffen. Er hatte schon vor Schließung der Wahllokale am Sonntag per Twitter mitgeteilt: "Das Referendum wird so verlaufen, wie es das Volk der Krim will, es wird unerbittlich sein und keinen Widerspruch dulden, die Krim wird Teil Russlands!"
Auf den beiden Sanktionslisten der USA finden sich noch zahlreiche weitere Personen, die Putins innerem Machtzirkel zugerechnet werden - vom Chef des Militärgeheimdiensts bis hin zu Parlamentssprechern. Die Personen hat US-Präsident Obama per Regierungsdekret auf die Sanktionsliste gesetzt. Die EU hat noch einige hochrangige Militärs des russischen und ukrainischen Heers mit Sanktionen belegt.
Die meisten von Russlands Superreiche bleiben von Sanktionen durch EU und die USA verschont. Mit einer Ausnahme: Der sechstreichste Russe Gennadi Timtschenko steht auf der US-Sanktionsliste, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das US-Magazin Forbes schätzt Timschenkos Vermögen auf 15,3 Milliarden Dollar. Doch der Unternehmer reagierte schnell - und verkaufte seine Beteiligung am Rohstoffhandelskonzern Gunvor an seinen schwedischen Geschäftspartner. Damit könnte er dem Einfrieren seines Vermögens teilweise entgehen.
Foto: Alexander Nikolayev/ AP/dpaEbenfalls auf der US-Liste steht Juri Kowaltschuk. Er ist Chef und größter Anteilseigner der ebenfalls von den US-Sanktionen betroffenen Bank Rossiya. Kowaltschuks Vermögen wurde von Forbes zuletzt auf 1,4 Milliarden Dollar geschätzt. Die USA frieren nun die Vermögen der auf der Liste erwähnten Personen ein - und verhängen Visasperren.
Foto: ALEXANDER NIKOLAYEV/ AFPBetroffen von den Sanktionen ist der stellvertretende russische Ministerpräsident Dmitrij Rogosin - der wichtigsten Kreml-Männer in der Verteidigungs- und Außenpolitik. Rogosin gilt als Nationalist und war vier Jahre lang Nato-Botschafter. Laut der Financial Times ist er einer der Berater für die geplante Ausweitung des russischen Verteidigungsbudgets um 755 Milliarden Dollar in den kommenden zehn Jahren.
Foto: AP/ RIA Novosti