Lebensmittel aus dem Hochhaus
In Dänemark entsteht die größte Vertical Farm Europas
Ganzjährige Ernte in mehrstöckigen Gewächshäusern: In den USA und Asien boomen die sogenannten Vertical Farms. Nun will ein dänisches Start-up gemeinsam mit einer Technologiefirma aus Taiwan dafür sorgen, dass Europa nicht den Anschluss verliert.
Weniger Pestizide, mehr Nährstoffe: In der Vertical Farm von Nordic Harvest sollen täglich bis zu drei Tonnen Kräuter und Salat geerntet werden
Foto: THIBAULT SAVARY / AFP
Minze, Basilikum, Rucola und junger Spinat aus dem Hochregal: Vor den Toren Kopenhagens entsteht eine der weltweit größten Vertical Farms für den Anbau von Kräutern und Salaten. Das dänische Start-up Nordic Harvest und die Technologiefirma Yes Health aus Taiwan bauen die nach eigenen Angaben größte und effizienteste überdachte Farm Europas auf, die bei Vollauslastung einen Ernteertrag von bis zu drei Tonnen täglich erzielen soll. Die Produktion soll Anfang 2021 beginnen.
Beim Vertical Farming werden Pflanzen überdacht in Hallen und unter kontrollierten Bedingungen in Wasser statt in Erde angebaut. Diese Art von Anbau bringt laut Nordic Harvest mehrere Vorteile für den Endkunden: Gründer Anders Riemann verspricht einen intensiveren Geschmack der Produkte und einen höheren Nährstoffgehalt. Pestizide oder andere Chemikalien werden nicht verwendet, Wasser wird deutlich weniger verbraucht. Hinzu kommt eine höhere Ernährungssicherheit, eine längere Haltbarkeit und die Tatsache, dass das ganze Jahr über geerntet werden kann. Dagegen ist der Energieverbrauch solcher Farmen in der Regel groß - unter anderem deshalb sind die Preise solcher Lebensmittel vergleichsweise hoch. Während größere Farmen dieser Art in Deutschland und Europa noch kaum Einzug gefunden haben, ist man in Asien und den USA deutlich weiter.
Mit dem Bau der Farm in Dänemark soll sich das nun ändern. Der erste Teilabschnitt ist nach sechsmonatigen Arbeiten fertig, der Rest soll bis Ende 2021 folgen. Die Kräuter sollen auf insgesamt 14 Etagen geerntet werden, erste Restaurants und Geschäfte bereits im ersten Quartal 2021 beliefert werden. Wenn die gesamte Anlage steht, will Nordic Harvest rund 20 Salat- und Kräutersorten anbauen, wie Anders Riemann sagte. Die Technologie dafür - darunter Roboter, Software und Beleuchtung - liefert die taiwanesische Spezialfirma Yes Health Group.
Gemessen an der jährlichen Produktionsmenge von 1000 Tonnen im vollen Betrieb werde die Anlage die größte ihrer Art in Europa sein, sagte Riemann. Nordic Harvest will damit im ersten Jahr Gewinn erwirtschaften. Yes Health will mit der Farm zeigen, dass vertikale Landwirtschaft im größeren Maßstab machbar sein kann.
Nordic Harvest ist nicht das einzige europäische Unternehmen, das die vertikale Landwirtschaft voranbringen will. Das in München ansässige Start-up &Ever etwa hat in Kuwait eine 3400 Quadratmeter große kommerzielle Farm gebaut. Nach Unternehmensangaben hat sie eine Produktionskapazität von 550 Kilogramm pro Tag.