FACC-Chef Walther Stephan: Nach dem Einstieg der Chinesen 2009 zog er die "Chinese Walls" beim Luftfahrt-Zulieferer höher. Heute fühlt er sich als "freierer Herr als früher" - und FACC ist zurück in den schwarzen Zahlen
Foto: Dieter Mayr für manager magazinZuerst machten die Herren aus China noch einen kleinen Ausflug auf die Zugspitze. Danach fuhren sie zur Aufsichtsratssitzung ins österreichische Ried, das knapp hinter der deutschen Grenze liegt. Dort hat die FACC (430 Millionen Euro Umsatz, 2000 Beschäftigte) ihren Sitz. Am Tor wurden die Chinesen vom Werkschutz empfangen, der sie zur AR-Sitzung in der Hauptverwaltung eskortierte.
Schon merkwürdig: Da gehört den Chinesen das Unternehmen FACC, doch frei bewegen können sich die Eigentümer auf dessen Fabrikgelände nicht. Der Werkschutz begleitet sie auf Schritt und Tritt. Grund des Misstrauens: Die FACC - sie stellen Flügelspitzen und hochwertige Kunststoffteile für die Innenausstattung von Flugzeugen her - ist ein Zulieferer für die Luftfahrtindustrie. Und das ist eine hochsensible Hightech-Branche.
Oft haben die beiden dominanten Erzrivalen Airbus und Boeing dieselben Zulieferer. Sie beäugen deshalb diese sehr genau und achten sehr penibel darauf, dass dort die Mitarbeiter nicht untereinander Informationen über die Pläne des jeweils anderen austauschen.
Und jetzt ist mit FACC auch noch einer von diesen Zulieferern in chinesischem Besitz, und zwar der Xi'an Aircraft Industry Company (XAC), die wiederum zum gigantischen staatlichen Luftfahrtkonzern AVIC gehört. Und jetzt wird es sensibel: Die AVIC entwickelt derzeit mit der C 919 ein Konkurrenzprodukt zum Airbus 320 und Boeing 737. Der damalige Airbus-Chef Tom Enders sagte deshalb zu FACC-Chef Walter Stephan: "Ihr tanzt auf des Messers Schneide."
Chinesische Eigner, aber keine Mitarbeiter aus China
Seine beiden Großkunden Airbus und Boeing - sie machen jeweils rund 40 Prozent des Umsatzes von FACC aus - zu überzeugen und zu beruhigen, war für Walter Stephan nach dem Einstieg der Chinesen zum Jahresende 2009 die wichtigste Aufgabe. Er zog die "Chinese Walls" im Unternehmen noch höher, und er machte Zugeständnisse. "Wir dürfen auch keine chinesischen Mitarbeiter einstellen", sag Stephan. Minfen Gu, die Finanzchefin mit dem chinesischen Namen, ist Deutsch-Chinesin. Sie kam von Evonik.
So ist die FACC, obwohl in chinesischer Hand, eine Zone ohne Chinesen. Walter Stephan, der das Unternehmen aufbaute, ist darüber nicht unglücklich: "Ich bin ein freierer Herr als früher." Sein alleiniger Ansprechpartner ist der chinesische Aufsichtsratschef, der ein sehr gutes Englisch spricht und der die AR-Sitzungen dominiert. Dort redet nur er, die anderen Landsleute nicken.
Kürzlich haben sie die Pläne für ein neues Forschungszentrum abgenickt. Es kostet 33 Millionen Euro. soll im benachbarten St. Martin entstehen und Ende dieses Jahres fertig sein. "Das ist ein klares Commitment der chinesischen Eigentümer für den Standort hier", sagt Stephan.
Diese Entscheidung überzeugte auch die letzten Zweifler, die beim Einstieg der Chinesen Schlimmes befürchteten. "Es hatte damals jeder Angst," sagt Stephan, "Angst, dass Arbeitsplätze wegfallen und nach China verlagert werden".
"Die sind ja tougher als die Amerikaner"
Das Gegenteil ist eingetreten: Die Belegschaft ist aufgestockt worden- von 1900 auf derzeit 2400 Mitarbeiter. In den nächsten Jahren soll die Zahl gar auf 2800 steigen.
Die Auftragslage ist sehr gut, die Ertragslage auch. Als die Chinesen einstiegen, schrieb FACC rote Zahlen, heute sind sie schwarz. Knapp acht Prozent beträgt das EBIT. Die Chinesen wollen freilich noch mehr. Sie reden von 20 Prozent. "Die sind ja tougher als die Amerikaner", wundert sich Stephan. Doch er sagt auch: Ein solches Ziel sei unrealistisch, das schaffe in dieser brutal umkämpften Branche niemand.
Der Aufsichtsrat nahm den Einwand zur Kenntnis und nickte.
China schickt sich an, mehr und mehr Unternehmen im Ausland zu übernehmen und sich damit Knowhow und weitere Absatzmärkte zu erschließen. Treiber der Go-Out-Politik sind nicht nur die immensen Kapitalreserven, sondern auch einige einflußreiche Dealmaker.
Jiang Jiemin ist Chef der SASAC. Unter dem Dach dieser Holding befinden sich alle großen Staatsunternehmen, derzeit sind es 117.
Chen Yuan ist Chairman der China Development Bank. In dieser Funktion ist er Finanzier vieler milliardenschwerer Deals, vor allem im Rohstoffbereich.
Lou Jiwei, Chairman des Staatsfonds CIC, ist nun auch Finanzminister Chinas und damit einer der einflussreichsten Dealmaker weltweit.
Gao Hucheng ist Minister des MOFCOM, des chinesischen Handelsministeriums.