Lange befand sich der BDI fest in der Hand der Großkonzerne. Doch angesichts ihrer aktuellen Schwächen ist der Ehrgeiz der Familienunternehmen erwacht. Sie stellen mittlerweile nicht nur den Chef des wichtigen Industrieverbandes, sondern künftig auch seines wichtigsten Ausschusses.
Hubert Lienhard: Der Chef des Familienunternehmens Voith leitet künftig den wichtigen APA-Ausschuss des BDI
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Hamburg -
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BASF - das Präsidium des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) liest sich wie ein Who-is-Who der Deutschen Wirtschaft. Doch neuerdings tauchen immer mehr auch Namen von Familienunternehmen auf, die, wenn auch deutlich kleiner, nicht unbedingt weniger erfolgreich sind.
Und sie wollen mitreden.
Der erste Paukenschlag war zum Jahresstart 2013 die Wahl des Familienunternehmers Ulrich Grillo an die Spitze des Verbandes, der den früheren Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel beerbte. Nun folgt der zweite: Mit Voith-Chef Hubert Lienhard übernimmt erstmals in der mehr als 20-jährigen Geschichte des wichtigsten Gremiums des Verbandes, des Asien-Pazifik-Auschusses (APA) - ein Vertreter eines Familienkonzerns das Ruder.
Wie wichtig diese Rolle ist, macht neben der Bedeutung des Asienhandels für die deutsche Wirtschaft ein Blick auf die Vorgängerliste Lienhards deutlich. Vor ihm hatte das Amt der ehemalige Siemens-Chef Peter Löscher inne, vor diesem Ex-BASF-Chef Jürgen Hambrecht und davor der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer.
Bei der Amtseinführung am Montagabend in Berlin wird entsprechend auch Bundeskanzlerin Angela Merkel dabei sein, schließlich mischt der APA wirtschaftpolitisch ganz oben mit, wenn es um Gespräche, Verhandlungen und Reisen mit Vertretern der Region Asien geht, die laut BDI für 14 Prozent der deutschen Exporte verantwortlich zeichnen - darunter China mit allein 6 Prozent. Eine Region, die ein Wachstumstempo an den Tag legt, von dem Europa nur träumen kann.
Für Lienhard selbst ist das Geschäft nicht völlig neu. Seit Jahren ist der als analytisch, präzise und unprätentiös geltende Chemiker, der unter anderem bei
EnBW , Heraeus und der SGL
Group im Aufsichtsrat sitzt, im BDI aktiv und berät den Verband hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen zu Indien.
Beim heimischen Anlagenbauer, den Lienhardt seit 2008 führt, läuft es derzeit alles andere als gut. Und doch könnte Lienhard Qualitäten haben, die ihn für den APA-Chefposten qualifizieren. Er hat keine Scheu, politisch Position zu beziehen, hat keine Berührungsängste mit Großunternehmen, und er verfügt über jede Menge Durchhaltevermögen. Einen Marathon läuft der über 60-Jährige Familienvater aus dem Schwarzwald angeblich in weniger als vier Stunden.