Sparprogramm BASF streicht 2600 Stellen und schließt Anlagen

Der Chemieriese BASF nennt Details zu seinem umfangreichen Sparprogramm: Vorstandschef Martin Brudermüller streicht weltweit 2600 Stellen, der Großteil davon in Deutschland. Auch Produktionsanlagen sollen geschlossen werden. 2022 fiel der Verlust deutlich geringer aus als erwartet.
BASF-Chef: Martin Brudermüller will auch Produktionsanlagen schließen

BASF-Chef: Martin Brudermüller will auch Produktionsanlagen schließen

Foto: Uwe Anspach/dpa

Der weltgrößte Chemiekonzern BASF will weltweit 2600 Stellen streichen. Davon entfallen rund 65 Prozent auf Deutschland, teilte der Dax-Konzern am Freitag mit. Insgesamt beschäftigt BASF weltweit rund 111.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, knapp 52.000 davon in Deutschland. BASF-Chef Martin Brudermüller (61) hatte im vergangenen Jahr wegen der explodierenden Energiekosten in Europa und der abflauenden Konjunktur ein Sparprogramm angekündigt. Mit diesem will er ab 2024 jährlich 500 Millionen Euro außerhalb der Produktion einsparen, davon soll die Hälfte in Ludwigshafen realisiert werden.

Schwerpunkte für die Kosteneinsparungen sind Service-, Unternehmens- und Forschungsbereiche sowie die Konzernzentrale. Zudem sollen am Standort Ludwigshafen eine der beiden Ammoniak-Anlagen und eine TDI-Anlage sowie Anlagen für die Vorprodukte DNT und TDA geschlossen werden. Damit soll das Stammwerk langfristig besser für den immer schärfer werdenden Wettbewerb gerüstet werden.

BASF litt im vergangenen Jahr unter milliardenschweren Abschreibungen auf die Tochter Wintershall Dea. Diese brockten dem Chemiekonzern einen Verlust von 627 Millionen Euro ein. Das war deutlich weniger als BASF im Januar angekündigt hatte. Da war das Unternehmen noch von einem Verlust von knapp 1,4 Milliarden Euro ausgegangen. Die BASF-Tochter beklagt eine faktische Enteignung ihrer Beteiligungen in Russland und plant einen vollständigen Rückzug aus dem Land. Ein Jahr zuvor hatte BASF noch rund 5,5 Milliarden Euro verdient. Trotz des Verlusts 2022 will BASF genauso viel Geld an die Aktionäre ausschütten wie für das Jahr 2021. Der Vorstand plane eine Dividende von 3,40 Euro je Aktie, teilte der Konzern weiter mit. Experten hatten im Schnitt mit 3,50 Euro gerechnet. Die Aktie  gab am Freitagmorgen um mehr als 6 Prozent nach.

Für den geplanten Rückkauf von Aktien hat BASF deutlich weniger Geld ausgegeben als geplant. Anstatt bis zu drei Milliarden Euro seien lediglich 1,4 Milliarden Euro ausgegeben worden, teilte das im Dax notierte Unternehmen am Freitag in Ludwigshafen mit. Damit hat das Unternehmen mehr Geld in der Kasse, um zum Beispiel zu investieren oder um es in den Konzernumbau zu stecken. Das eigentlich bis Ende 2023 laufende Aktienrückkaufprogramm sei vorzeitig beendet worden, hieß es.

2023 deutlicher Ergebnisrückgang erwartet

Für das laufende Jahr rechnet BASF mit einem deutlichen Rückgang beim operativen Ergebnis. Die hohen Unsicherheiten aus dem vergangenen Jahr infolge des Kriegs in der Ukraine, hoher Rohstoff- und Energiekosten in Europa, steigender Preise und Zinsen werden auch 2023 fortbestehen, teilte der Dax-Konzern am Freitag ebenfalls mit. All diese Faktoren würden die weltweite Nachfrage belasten. Das Unternehmen gehe deshalb für die Weltwirtschaft im laufenden Jahr nur von einem moderaten Wachstum aus.

Außerdem peilt der Chemiekonzern 2023 Umsätze von 84 bis 87 Milliarden Euro an. Im Vorjahr hatte BASF gut 87 Milliarden Euro erlöst. Beim operativen Ergebnis (bereinigtes Ebit) rechnet BASF mit 4,8 bis 5,4 Milliarden Euro. Das wäre ein Rückgang von bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei erwartet BASF ein schwaches erstes Halbjahr. Die Ergebnissituation dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte aufgrund von Aufholeffekten, insbesondere in China, verbessern.

Hohe Kosten und Genehmigungen belasten Wettbewerbsfähigkeit

"Die Wettbewerbsfähigkeit der Region Europa leidet zunehmend unter Überregulierung", sagte Brudermüller laut Mitteilung. Sie leide auch immer mehr unter langsamen und bürokratischen Genehmigungsverfahren und vor allem unter hohen Kosten für die meisten Produktionsfaktoren. All dies habe bereits über viele Jahre das Marktwachstum in Europa im Vergleich zu anderen Regionen gebremst. Zusätzlich belasteten jetzt die hohen Energiepreise die Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit in Europa. Die Anpassung in Ludwigshafen würden ab Ende 2026 voraussichtlich zu jährlich über 200 Millionen Euro niedrigeren Fixkosten führen, teilte BASF weiter mit.

Bereits zuvor war ein spektakulärer Wechsel bei BASF bekannt geworden: Saori Dubourg (51), im BASF-Vorstand bisher zuständig für Petrochemie, Performance Materials und die Region Europa, verlässt den weltgrößten Chemiekonzern  nach insgesamt 27 Jahren. Die Managerin geht im Streit über die richtige China-Strategie . Mit ihrem Ausscheiden werden in der Konzernführung die China-Befürworter um Vorstandschef Brudermüller gestärkt, gleichzeitig verliert BASF eine langjährige Kandidatin für die Nachfolge des CEOs, dessen Vertrag im Frühjahr 2024 ausläuft.

dri/dpa-afx
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