Kion-Chef Gordon Riske: "Jetzt reden wir über Zeiträume von fünf bis zehn Jahren"
Foto: Bert Bostelmann für manager magazinGordon Riske. Chef des Gabelstaplerhersteller Kion (früher: Linde), wusste, dass er da einen sehr sensiblen Deal plant. Entsprechend vor- und umsichtig ging er vor. Das Bundeskanzleramt und die Hessische Landesregierung waren über jeden wichtigen Schritt informiert. Und von Anfang an waren auch die Betriebsräte und die Vertreter der IG Metall in vertraulichen Gesprächen eingebunden. Keiner sollte von dem Deal überrascht werden.
Überrascht war dann nur die Öffentlichkeit, als Ende August 2012 Riske den in nur vier Monaten ausgehandelten Deal verkündete: Das chinesische Unternehmen Weichai Power Co. steigt mit 25 Prozent bei Kion (Umsatz 2012: 4,7 Milliarden Euro, 21 215 Mitarbeiter) und mit 70 Prozent bei dessen ausgelagerter Hydraulik-Sparte ein.
Knapp 740 Millionen Euro legten die Chinesen, ein Tochterunternehmen des staatlichen Mischkonzerns Shandong Heavy Industries, für diese beiden Beteiligungen hin - das bislang größte chinesische Investment in Deutschland.
Kion, der Präzedenzfall. Viele in Deutschland und in China schauen deshalb auf Kion, ob dieses Experiment west-östlicher Kooperation gelingt. "Wir stehen unter Beobachtung", sagt denn auch Riske, der freilich gute Voraussetzungen für grenz- und kulturüberschreitende Zusammenarbeit mitbringt.
Weichai als strategischer Investor
Der 56jährige Riske ist Amerikaner, arbeitet aber seit Jahrzehnten für deutsche Firmen - erst für Kuka, dann Deutz, seit 2007 für Kion. Und Riske kennt die Chinesen. Schon bei Deutz fädelte er ein Joint-Venture mit Weichai Power ein. Deren Chef damals wie heute ist Xuguang Tan. "Wir sind Freunde", sagt Riske.
Tan war es auch, der vor der versammelten Kion-Belegschaft eine begeisternde und mitreißende Rede hielt, die die Ängste und Befürchtungen vieler Mitarbeiter zu zerstreuen versuchte. Er bekannte sich zum Standort Deutschland und versprach den Gewerkschaften, sich an die bestehenden Vereinbarungen zu halten. Außerdem machte er deutlich, dass Weichai als strategischer Investor eingestiegen sei.
Riske hörte diese Botschaft gerne. Bislang dominierten bei Kion die eher kurzfristig denkenden Finanzinvestoren KKR und Goldman Sachs. Doch nun sind die Planungshorizonte andere. "Jetzt reden wir über Zeiträume von fünf bis zehn Jahren," sagt Riske. Das mache das Managen etwas unaufgeregter.
Schritt für Schritt will er nun - in Abstimmung mit Tan - dessen Worten Taten folgen lassen. In Aschaffenburg entsteht derzeit ein neues Motorenwerk. Konsequent wollen die beiden Unternehmen Synergien im Einkauf und Vertrieb nutzen.
So kann und wird Kion, das jetzt schon die ausländische Nummer Eins in China ist, mit seinen Marken Linde und Still von den über 500 Verkaufsstellen Weichais in China profitieren. China ist mit rund 250.000 verkauften Exemplaren der größte Gabelstaplermarkt der Welt, der auch in den nächsten Jahren weiterhin zweistellige Wachstumsraten erzielen wird.
Mit Hilfe Weichais kann Kion dort seine Position weiter ausbauen - und somit seinem Ziel, Toyota als Weltmarktführer in diesem Segment abzulösen, immer näher kommen.
So etwas nennt man win-win-Situation.
China schickt sich an, mehr und mehr Unternehmen im Ausland zu übernehmen und sich damit Knowhow und weitere Absatzmärkte zu erschließen. Treiber der Go-Out-Politik sind nicht nur die immensen Kapitalreserven, sondern auch einige einflußreiche Dealmaker.
Jiang Jiemin ist Chef der SASAC. Unter dem Dach dieser Holding befinden sich alle großen Staatsunternehmen, derzeit sind es 117.
Chen Yuan ist Chairman der China Development Bank. In dieser Funktion ist er Finanzier vieler milliardenschwerer Deals, vor allem im Rohstoffbereich.
Lou Jiwei, Chairman des Staatsfonds CIC, ist nun auch Finanzminister Chinas und damit einer der einflussreichsten Dealmaker weltweit.
Gao Hucheng ist Minister des MOFCOM, des chinesischen Handelsministeriums.