
Erfinder James Dyson "Pionierfirmen gibt es nur wenige"
mm: Herr Dyson, vor Ihrem Hauptquartier soll ein Flugzeug stehen, mit dem man senkrecht abheben kann.
Dyson: Ja, Wir haben einen Harrierer Jump Jet - wunderschön. Außerdem haben wir ein High Speed Landungsboot. Und ich hab auch einen englischen "Electric-lightning"-Abfangjäger gekauft - aber der ist leider so korrodiert, dass wir ihn nicht aufstellen konnten.
mm: Ihre Leidenschaft für Erfindergeist ist offenkundig. Mit ihrer eigenen Entwicklung eines filterlosen Staubsaugers sind Sie aber zunächst von Unternehmen zu Unternehmen getingelt - und keiner hat sich für Ihre Erfindung interessiert. Schließlich haben sie es selbst in die Hände genommen und verdienen mitterweile Millionen. Woran liegt es, dass die Konkurenz das Potenzial Ihrer Erfindung nicht gesehen hat?
Dyson: Die meisten Unternehmen sind nicht daran interessiert, innovativ zu sein, darin sich von andern zu unterscheiden und Veränderungen anzustoßen. Man hat es mir nie direkt gesagt, aber die wollten natürlich auch Filter und Staubsaugerbeutel verkaufen. Das ist ein Riesengeschäft.
mm: Tun sich europäische Unternehmen, was Innovation angeht, Ihrer Ansicht nach prinzipiell schwer?
Dyson: Pionierfirmen gibt es nur wenige. Die meisten wollen lieber, dass andere das Risiko übernehmen und kopieren dann. Ich weiß auch nicht, wie viele Kunden letzten Endes unsere neuen Wasserhahn mit intergriertem Händetrockner kaufen werden. Es ist ein Risiko. Aber wir müssen den Vorsprung halten. Also denken wir langfristig und stecken unser Geld in Dinge, die in fünf, zehn, 15 oder 20 Jahren Wirklichkeit werden.
mm: Stört es Sie, vor allem mit Staubsaugern in Verbindung gebracht zu werden?
Dyson: Wir sind ein Technikunternehmen, keine Firma, die Plastikstaubsauger herstellt. Wir entwicklen die schnellsten Elektromotoren der Welt und bauen sie in so prosaische Dinge wie Staubsauger und Händetrockner ein. Das ist das, was uns den Kick gibt
"Technik ist alles"
mm: Sie haben schwer mit Kopien zu kämpfen - haben Ende vergangenen Jahres sogar Ihren Konkurrenten Bosch wegen angeblichen Geheimnisverrats verklagt. Mittlerweile melden die Chinesen mehr Patente an als jedes andere Land der Welt. Macht Ihnen das Sorgen?
Dyson: Ob China oder Korea. Jedes Land kann jetzt alles herstellen. Es reicht nicht mehr, ein normales Produkt herzustellen. Um weltweit erfolgreich zu sein und weiter Wohlstand zu produzieren, müssen sie bessere Technologie produzieren als irgendwo anders auf der Welt. China wird alleine in diesem Jahr 2,5 Millionen Ingenieure hervorbringen. In Großbritannien sind es gerade einmal 12.000. Aber das ist kein britisches Problem. Es ist auch ein deutsches, ein französisches.
mm: Sind wir Europäer zu faul und selbstgefällig geworden?
Dyson: Meine Theorie ist, dass wir, mit dem Reichtum, den wir geschaffen haben, vergessen haben, wo dieser Wohlstand herkommt. Im 19. und 20. Jahrhundert haben wir phantastische Innovationen hervorgebracht. Aber wir haben noch nicht ganz verstanden, was für Folgen die Globalisierung hat. Es ist egal, wo man etwas herstellt. Was zählt, ist das geistige Eigentum. Der Westen hat noch nicht verstanden: Technik ist alles
mm: Sie beschäftigen in ihrem Hauptsitz im britischen Malmesbury 750 Ingenieure und stecken nach eigenen Angaben wöchentlich rund 1,8 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung. Trotzdem haben Sie massiv mit Kopien und Patentverletzungen zu kämpfen. Ist geistiges Eigentum ausreichend geschützt?
Dyson: Patente sind eine Erfindung Heinrich VIII. . Und sie haben sich seitdem nicht verändert. Aber die Welt hat sich verändert. Also müssen sich Patente verändern.
mm: Inwiefern?
Dyson: Patente sollten meiner Ansicht nach zum Beispiel nur dann erteilt werden, wenn der Betreffende einen funktionierenden Prototyp hergestellt hat. Nicht an den ersten, der einfach nur die Idee hat.
mm: Aber dann sind diejenigen, die weniger Geld haben, benachteiligt. Finden Sie das nicht ungerecht?
Dyson: Das stimmt. Als meine Firma noch klein war, konnte ich auch nicht so viele Patente einreichen wie ich wollte. Es war einfach zu teuer. Ich habe mich ja auch vor dem EuGH dafür eingesetzt, Patenterneuerungen kostenlos zu machen. Daran verdient sich jedes Land eine goldene Nase. Ein Autor oder Komponist hat dagegen Jahrzehnte Copyright, ohne etwas dafür zu zahlen.
mm: Ihre Ideen sind - so technisch kompliziert sie umgesetzt sind - überzeugend einfach. Wachen sie wie Goethe manchmal nachts auf mit "der" Idee im Kopf?
Dyson: Nein, ich bin kein Genie. Ich habe keine guten Idee in der Badewanne. Das ist harte Arbeit: Versuch, Fehler, Beobachtung.