Videokonferenz-Anbieter Wie sich Zoom, Teams und Co. für die Zukunft wappnen

Seit der Pandemie gehören Videokonferenzen zum Arbeitsalltag. Zoom und Co. gelten als Gewinner der Krise. Wie werden sich die Angebote entwickeln, wer wird dabei punkten? IDC-Analyst Wayne Kurtzman verrät, welche neuen Trends er erwartet.
Mixed Reality und Künstliche Intelligenz dürften Videokonferenzen in neue Dimensionen heben

Mixed Reality und Künstliche Intelligenz dürften Videokonferenzen in neue Dimensionen heben

Foto: Jamie Lee Finch/ dpa

Videokonferenz-Anbieter gelten als Gewinner der Coronakrise. Beschäftigte arbeiten aus dem Homeoffice, Geschäftstreffen und -konferenzen finden online statt, Schüler und Studierende lernten noch im Frühjahr im Homeschooling. Kein Wunder also, dass die Umsätze der Anbieter in die Höhe schnellten: ob bei Zoom, Microsoft Teams, Cisco oder Google. Wie aber werden sich die Nutzerzahlen entwickeln, wenn die Pandemie nachlässt und die Menschen sich wieder treffen und ins Büro gehen?

Zoom war eine Art "erste Hilfe" zu Pandemiebeginn. "Der Anbieter war mit einer robusten, einfach zu bedienenden und - vielleicht am wichtigsten - einfach zu erwerbenden Lösung gut aufgestellt", sagt Wayne Kurtzman , IDC Worldwide Research Director für Social, Communities & Collaboration, gegenüber manager magazin. Die weltweiten Umsatzschätzungen für das Jahr 2020 zeigten, dass Zoom vor den etablierten Anbietern Microsoft, Cisco und Google liege. Tatsächlich explodierten die Nutzerzahlen auf der ganzen Welt. Der Umsatz von Zoom stieg zeitweise um mehr als 300 Prozent, der Aktienkurs erklomm mit 550 Dollar ungeahnte Höhen.

Die Marktbeobachter von IDC schätzen, dass der Umsatz der Digitalkonferenz-Anbieter insgesamt um 46,8 Prozent auf 8,7 Milliarden Dollar weltweit angewachsen ist. Die Top Ten der Unternehmen – darunter Zoom, Microsoft, Cisco, LogMeln und Google – repräsentieren dabei etwa 82,8 Prozent des Marktes.

Aktienkurs

Doch der Rausch der ersten Corona-Monate dürfte vorbei sein. Als Zoom Anfang Dezember die jüngsten Quartalszahlen vorlegte, machte sich Ernüchterung breit. Das Umsatzwachstum? Lag nur noch bei 35 Prozent. Die Aktie rauschte in die Tiefe und notierte schließlich bei rund 162 Euro. Auf Bloomberg hieß es, jetzt sei die Frage, woher das Wachstum nach Corona herkomme, auch bei den Investoren angekommen.

Kurtzman sieht zudem die Konkurrenz inzwischen gut aufgestellt. "Mit Verbesserungen an Microsoft Teams und Google Workspace haben beide Anbieter ebenfalls erhebliche Zuwächse erzielt."

Dass die etablierten Anbieter deutlich aufgeholt haben könnten, darauf deutet auch die Beschwerde beim Bundeskartellamt vom Cloud-Spezialisten Nextcloud hin. Das Stuttgarter Unternehmen wirft Microsoft vor, seine Macht für den Verkauf von Paketlösungen für Microsoft Office auszunutzen, heißt es in einer SPIEGEL-Meldung von Ende November. Die Kooperationsplattform Teams habe einen erheblichen Marktanteil, genauso wie die Cloud-Lösung OneDrive. Nextcloud hat nun beim Bundeskartellamt den Antrag gestellt, dass die Behörde überprüfen soll, ob Microsoft eine marktbeherrschende Stellung hat.

Für die Strategie des US-Konzerns spielt Teams eine der zentralen Rollen. Das Tool solle zur Schaltzentrale für Wissensarbeiter werden, erzählen Microsoft-Manager schon seit Monaten. Teams könnte als Plattform für die Integration vieler Programme einmal so ähnlich funktionieren wie das Betriebssystem Windows, meinte Konzernchef Satya Nadella (54) schon Anfang des Jahres. Anders als Windows läuft Teams auf verschiedenen Geräten und auf unterschiedlichen Betriebssystemen. Die Vision: Über Teams sollen künftig die Kommunikation, die Zusammenarbeit und die Geschäftsprozesse laufen.

Kurtzman meint, die Zukunft von Konferenzanwendungen liege darin, dass sie wichtiger Bestandteil des Arbeitsalltags werden - nicht nur für Konferenzen. "Die Anwendungen müssen so wichtig sein, dass sie auch dann verwendet werden müssen, wenn Personen zusammen im selben Raum sind."

Auch Zoom arbeitet an Erweiterungen. Ins Portfolio kommen Großkonferenzen, auch will der Anbieter die gesamte Telefonie von Konzernen übernehmen. Die geplante Übernahme des Call-Center-Anbieters Five9, die Firmengründer Eric Yuan (51) im Sommer dieses Jahres angekündigte hatte, scheiterte hingegen jäh am Desinteresse der Investoren. Womöglich spielte auch die Ankündigung der US-Regierung eine Rolle, die Akquisition darauf zu überprüfen, ob die nationale Sicherheit gefährdet sei.

Bei Cisco hat man die Zeichen der Zeit ebenfalls längst erkannt. Vor gut 14 Jahren übernahm der IT-Konzern den Kommunikationsspezialisten Webex für 3,2 Milliarden Dollar. Zwar litt der Konferenzdienst Webex anfangs an der wenig komfortablen Handhabung und konnte so zu Pandemiebeginn nicht vom großen Bedarf profitieren wie beispielsweise Zoom. Mittlerweile hat Cisco aber nachgerüstet. Die Bedienung ist einfacher geworden und das Angebot wurde um einige Tools erweitert.

IDC-Analyst Kurtzman prognostiziert, in der Zukunft werde "die Ergänzung von maschinellem Lernen, künstlicher Intelligenz und mehr Mixed Reality einschließlich Augmented und Virtual Reality zu beobachten sein." Er erwartet Funktionen wie Transkription und Übersetzungen in Echtzeit sowie eine Aufzeichnung von Besprechungen, die automatisch personalisierte Videos der relevantesten Momente erstellt.

"Schon bald wird es auch neue Möglichkeiten zur Visualisierung von Daten innerhalb des Meetings geben", so Kurtzman. Letztendlich würden mit der Integration der Konferenzsysteme in die IT-Plattformen, mit denen die Mitarbeiter arbeiten, die Arbeitsweisen optimiert werden. Kurtzman denkt dabei an Anbieter wie beispielsweise Slack, Microsoft Teams and Google. "Das führt zu echtem Mehrwert für Unternehmen", so der US-Amerikaner. Und wohl auch zum nachhaltigen Umbau der Arbeitswelt.

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