Streit der Drogerien in Österreich Wie Rossmann und Spar dm düpieren

Neuer Ärger in Österreich: Die Ehe zwischen Spar und dm scheint zerrüttet. Nun drängt sich mit Rossmann für Spar ein neuer Partner auf
Foto:Ralph Peters / IMAGO
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Die Partnerschaft zwischen Deutschlands umsatzstärkster Drogeriekette dm und seinem Mitgesellschafter Spar, dem österreichische Lebensmittelhändler, ist seit vielen Jahren kompliziert. Sie ist in jedem Fall alles andere als harmonisch: Immer wieder eskalierten Auseinandersetzungen so weit, dass die beiden Handelsunternehmen juristisch gegeneinander vorgingen und sogar bis vor den Obersten Gerichtshof zogen. Jetzt scheint es so, als wolle Spar-Chef Fritz Poppmeier (57), Sohn des gleichnamigen Spar-Gründers, dm-Chef Christoph Werner (51), ältester Sohn von dm-Gründer Götz Werner, mit einer neuen Partnerschaft schikanieren.
Ausgerechnet mit dm-Rivale Rossmann geht die Spar-Österreich-Gruppe eine Kooperation ein. Der österreichische Marktführer im Lebensmittelhandel vertreibt künftig die Rossmann-Eigenmarke Isana in seinen 1500 Filialen in Österreich und weiteren 1500 Filialen in den Auslandsmärkten Ungarn, Slowenien, Kroatien und Norditalien. Das teilte der zweitgrößte deutsche Drogeriehändler, gegründet von Dirk Roßmann (76), am Mittwoch in einer Pressemitteilung mit. Zunächst hatte die Lebensmittelzeitung darüber berichtet.
Dass Spar nun bei einer solchen Partnerschaft auf Rossmann statt auf dm setzt, könnte nicht nur der Auftakt für neue Streitereien zwischen den beiden Partnern sein. Der Schritt könnte ebenfalls ein Anzeichen dafür sein, dass Spar erwägt, sein Engagement bei dm künftig zu reduzieren und ihn durch Rossmann als strategischen Partner zu ersetzen. Dirk Roßmann wäre dann der Profiteur eines langjährigen Ehe-Streits zwischen dm und seinem österreichischen Anteilseigner.
Jahrelange Rechtsstreitigkeiten zwischen dm und Spar
Spar hält 32 Prozent an dm Österreich, seit der Lebensmittelkonzern 1981 seine eigenen Drogeriemärkte in die Gesellschaft von dm einbrachte. Doch die Partnerschaft ist schon länger brüchig. 2017 entfachte die Einführung des Rabattsystems Payback einen Streit zwischen Spar und dm. Als Spar sich querstellte, versuchte dm das Zustimmungsrecht seines Mitgesellschafters zu umgehen und berief dessen entsandten Aufsichtsrat ab. Spar klagte und bekam recht: Die Abberufung sei mit den zwischen den Gesellschaftern bestehenden Treuepflichten nicht vereinbar und die Bestellung eines Nachfolgers ungültig gewesen, wie die Zeitung "Der Standard " berichtete.
Ein anderer Streit drehte sich um die Investitionspläne eines Salzburger dm-Ablegers. Gegen diese legte die Aspiag, die Spar-Holding für Auslandsgeschäfte, 2018 ebenfalls Einspruch ein. Auch hier versuchte dm Spar das Stimmrecht zu verweigern und argumentierte vor Gericht, der Lebensmittelhändler verhindere als Wettbewerber die Expansion der Drogeriekette und greife somit in den Markt ein. Es folgte ein langer Rechtsstreit , bei dem erneut Spar die Oberhand behielt.
Ob die neue Kooperation mit dem Dauerstreit zwischen Spar und dm zusammenhängt? Spar hält sich bedeckt und äußert sich nicht zu den Auswirkungen der Beteiligung an dm Österreich. Stattdessen lobt man die Rossmann-Marke Isana über den grünen Klee und sieht in Rossmann zugleich einen "Partner auf Augenhöhe": "Wir haben lange nach einer preisgünstigen, aber auch wirklich guten Alternative zu den etablierten Marken im Körperpflegebereich gesucht. Die Firma Rossmann ist ein Familienunternehmen wie Spar Österreich und wir hatten sofort eine gute Gesprächsbasis auf Augenhöhe. Wir sind davon überzeugt, dass die Isana-Produkte bei unseren Kunden sehr gut ankommen werden", sagt Einkaufs- und Marketingvorstand von Spar Markus Kaser. Eine Anfrage des manager magazins zu den Auswirkungen der neuen Kooperation ließ der Konzern unbeantwortet.
Ausweitung der Kooperation denkbar
Rossmann dagegen lässt durchblicken, dass eine Ausweitung der Kooperation zumindest angedacht ist. "Vorerst wird unsere Rossmann-Marke Isana bei Spar Österreich im Regal stehen, grundsätzlich können wir uns aber vorstellen, dieses Angebot um weitere Marken auszuweiten", teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Für den Konzern habe die Beteiligung von Spar an dm Österreich nie ein Hindernis dargestellt, "für Spar Österreich schien es das auch nicht zu sein, sonst würde Isana nicht in Kürze in ihren Regalen stehen."
Mit der Kooperation will Raoul Roßmann (38), der als jüngerer Sohn des Firmengründers Dirk Roßmann 2021 die Führung übernahm, den internationalen Vertrieb seiner Eigenmarken zu einer eigenen Geschäftseinheit ausbauen und diese zu einer internationalen Marke machen. "Die Rossmann-Marken halten über unser eigenes, stationäres Geschäft hinaus, in weiteren europäischen Ländern Einzug und etablieren sich als internationale Brand", sagt Roßmann. "Mit dem Familienunternehmen Spar haben wir dabei einen starken Partner an unserer Seite, der großes Vertrauen in uns und die Qualität unserer Produkte setzt." Das habe von Anfang an gut gepasst, ergänzte Roßmann auf LinkedIn.
Starker Partner, Partner auf Augenhöhe, zwei Familienunternehmen – das klingt schon nach etwas mehr als nach einem kurzen, flüchtigen Flirt zwischen Spar und Rossmann.
Bei dm reagiert man schmallippig auf das Intermezzo. "Wir haben die Information zu Rossmann und Spar zur Kenntnis genommen und möchten diese nicht kommentieren", teilt der Konzern mit.
Fest steht, Rossmann ist weiteren Bündnissen zugeneigt: Zuvor hatte der Discounter für seine Eigenmarken schon Kooperationen in der Schweiz mit dem Discounter Denner und in China mit der Supermarktkette Freshippo, eine Tochter der Alibaba-Gruppe, aufgebaut. Seine stationäre Präsenz will der Konzern ebenfalls ausbauen. 2023 sollen über 200 neue Filialen entstehen. Dem Konzern gelang mit zuletzt 60.500 Beschäftigten und mehr als 4.500 Filialen im abgelaufenen Jahr ein Umsatzsprung von 9,5 Prozent auf knapp 12,2 Milliarden Euro, wie das Unternehmen im Januar 2023 auf Basis vorläufiger Zahlen meldete.
Dm steigerte seinen Gesamtumsatz im Geschäftsjahr 2021/ 2022 um ein Zehntel auf 13,6 Milliarden Euro. Der deutsche Marktführer beschäftigte in der gesamten Gruppe zuletzt 71.620 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und führte in Europa 3.945 dm-Märkte.
Es bleibt abzuwarten, wie die Ehekrise zwischen dm und Spar ausgeht und welche Eskalationsstufe als Nächstes folgt. Rossmann darf sich zumindest Hoffnung auf einen Ausbau der Partnerschaft machen: Ob aus dieser Liaison mehr wird, ist offen.