Die geplante Übernahme von rund 450 Tengelmann-Supermärkten durch Edeka wird wohl nichts. Das Kartellamt will das Geschäft untersagen. Konkurrent Rewe wittert Morgenluft.
Qual der Wahl am Kühlregal: Wenn es um die Auswahl der Einkaufsmöglichkeiten geht, sieht es nach Ansicht des Kartellamts in Deutschland weniger gut aus.
Foto: Oliver Berg / dpa
Bonn/Hamburg - Es wäre eine klassische Win-Win-Situation gewesen. Eigentlich wollte Tengelmann-Chef Erivan Haub seine rund 450 verbliebenen Supermärkte gerne loswerden. Das Geschäft mit den Lebensmitteln lohnte sich nicht mehr - zu klein war Tengelmann mit nur 0,6 Prozent Marktanteil, um gegen Rivalen wie Aldi, Lidl, Edeka oder Rewe eine Chance zu haben. Eine Rückkehr in die Profitabilität laut Chef Erivan Haub kaum denkbar.
Als Edeka bereit war zuzugreifen, schien die einfache Lösung nah. Für Haub, den deutschen Lebensmittlehändler Edeka - und für die rund 16.000 Beschäftigten.
Doch Edeka und Haub hatten das Geschäft ohne das Kartellamt gemacht. Und das legt den Deal, der eigentlich zum 30. Juni 2015 über die Bühne gehen sollte, erst einmal auf Eis. "Wir beabsichtigen, das am 6. November 2014 angemeldete Zusammenschlussvorhaben zu untersagen", zitierte die "Lebensmittelzeitung" aus einer den Unternehmen zugestellten Abmahnung.
Fortschreitende Konzentration im Lebensmittelhandel
Den Grund für ihr Veto liefern die Wettbewerbshüter gleich mit. Sie sehen neben den Markenherstellern auch Kunden sowie kleinere Einzelhändler als Leidtragende des Deals.
- Zum einen, weil bei einem Zusammenschluss den Markenherstellern mit Tengelmann eine der wenigen verbliebenen Absatzalternativen wegbreche, was die Marktmacht von Edeka, Rewe und der Schwarz-Gruppe (Kaufland und Lidl) weiter steigern würde.
- Für die Kunden würde sich die Wahlmöglichkeiten beim Einkauf weiter einengen. Ihnen bliebe vielerorts nur noch die Wahl zwischen zwei Konzernen: Edeka mit Netto oder Rewe mit Penny.
- und auch die kleineren Lebensmittelhändler würden unter der fortschreitenden Konzentration leiden. Fiele mit Tengelmann doch ein möglicher Partner bei der Einkaufskooperation weg.
Dass die Wettbewerbsschützer sich ein Zusammengehen sehr genau anschauen würden, war von Anfang an klar. Schließlich ist die zunehmende Konsolidierung im Lebensmitteleinzelhandel dem Kartellamt schon länger ein Dorn im Auge.
Dabei konstatierten sie bei einer sogenannten Sektoruntersuchung zuletzt neben dem zunehmenden Druck, den Händler über Eigenmarken in den Verhandlungen über die Einkaufskonditionen ausüben, auch die extrem starke Machtmacht von Edeka.
Jetzt liegt der Ball bei Edeka und Tengelmann. Sie haben nun bis 26. Februar Zeit zu dem sogenannten "Entscheidungsentwurf" des Bundeskartellamts Stellung zu beziehen, um Fristverlängerung zu bitten oder ihren Entwurf soweit abzuändern, dass das Kartellamt dafür grünes Licht geben würde.
Kommt Rewe doch noch zum Zug?
Auch Konkurrent Rewe, der ebenfalls auf Tengelmann Standorte gehofft hatte aber nicht zum Zuge gekommen war, dürfte wieder neue Hoffnung schöpfen. Laut "Lebensmittelzeitung" könnte er dabei auch ein ausländisches Handelsunternehmen mit ins Spiel bringen.
Kooperationen mit ausländischen Händlern vor allem beim Einkauf sind in der Branche bereits weit verbreitet. Aktuell arbeitet Rewe in diesem Bereich mit dem belgischen Discounter Colryt, der italienischen Einzelhandelskooperation Conad und Coop Schweiz zusammen.
Qual der Wahl am Kühlregal: Wenn es um die Auswahl der Einkaufsmöglichkeiten geht, sieht es nach Ansicht des Kartellamts in Deutschland weniger gut aus.