Wegen eines „Zombies“ Streit um Tengelmann-Beirat eskaliert

Kommt mit ihren beiden Kandidaten nicht gut an: Katrin Haub, die Ehefrau des verschollenen früheren Firmenchefs Karl-Erivan
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Es sah nach Entspannung aus, nun eskaliert der Streit um die Besetzung des Tengelmann-Beirats aufgrund eines "Zombies". Eigentlich sollte Beiratschef Thomas Ingelfinger (60), im Hauptberuf Vorstand des Konsumgüterriesen Beiersdorf, am heutigen Mittwoch ein drittes Mitglied des Kontrollgremiums benennen, stattdessen gibt er den Auftrag an die Gesellschafter zurück und sorgt damit unfreiwillig für eine weitere Verschärfung des mit immer härteren Bandagen ausgetragenen Gesellschafterkonflikts innerhalb der Familie Haub.
In der jüngsten Gesellschafterversammlung am 28. Oktober hatten sich die rivalisierenden Familienstämme darauf verständigt, die von Christian (56) und Georg Haub (58) vorgeschlagenen Kandidaten Ingelfinger und die Unternehmerin Astrid Hamker (54), im Nebenjob Präsidentin des CDU-Wirtschaftsrates, in den Beirat zu wählen. Die beiden Mehrheitsgesellschafter konnten jedoch ihren dritten Wunschkandidaten Pier Paolo Righi (53), Chef der Modemarke Lagerfeld, nicht durchsetzen. Stattdessen sollte der designierte Beiratschef Ingelfinger sich binnen zwei Wochen für einen von drei von Katrin Haub (58), der Ehefrau des verschollenen früheren Firmenchefs Karl-Erivan, nominierten Kandidaten entscheiden. Das sah zumindest der Kompromissvorschlag vor.
Zwei potenzielle Kontrolleure hatte Katrin Haub bereits zur Wahl Ende Oktober vorgeschlagen: Barbara Lambrecht, Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Börse, und den Hamburger Finanzberater Carl-Thomas Epping (61).
Um die Nominierung des dritten Kandidaten gab es allerdings schon wenig später die ersten Verstimmungen, weil Katrin Haub zunächst darauf beharrte, einen dritten Kandidaten benennen zu können, dazu aber nicht verpflichtet zu sein. Schließlich stellte sie ihren Anwalt Ralph Drouven zur Wahl, was Christian und Georg Haub als Affront ansahen. Christian Haubs Anwalt Mark Binz (71) verglich den Schachzug sogar mit der Nominierung eines "Zombies", da Drouven weder unabhängig noch qualifiziert sei, einen Milliardenkonzern zu kontrollieren.
Ingelfinger fürchtet, in den Streit hineingezogen zu werden
Das sieht offenbar auch Ingelfinger so und hat den Kandidaten Drouven nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen. "Wie Herr Ingelfinger die Gesellschafter wissen ließ, sei die Nominierung des eigenen Prozessanwaltes durch Katrin Haub in der aktuellen Gesellschafterauseinandersetzung weder konstruktiv, noch ernstzunehmen und damit absolut lebensfremd", sagt Binz.
Stattdessen sorgt sich Ingelfinger nun, in den Gesellschafterstreit hineingezogen zu werden. Der Beiersdorf-Manager fürchtet, dass jede Entscheidung, die er mit der Nominierung eines Kandidaten trifft, später von einer der Parteien juristisch angegriffen werden könnte und er sich dann gegen den Vorwurf verteidigen müsse, er habe sich von einer Seite vereinnahmen lassen. "Das wäre mit meiner Rolle als unabhängiger Beiratsvorsitzender unvereinbar", heißt es in dem Schreiben von Ingelfinger an die Gesellschafter. Daher diene er dem Unternehmen am besten dadurch, keine Entscheidung zu treffen, zumal er auch gegen die beiden anderen von Katrin Haub nominierten Kandidaten Vorbehalte hege.
Damit besteht der Beirat bis auf Weiteres nur aus zwei Mitgliedern. Eine Situation, die in anderer Konstellation inzwischen eine gewisse Tradition hat, seit Katrin Haub mit Erfolg die Wahl des früheren Beiratsmitglieds Franz Markus Haniel (65) angefochten hat.
Headhunter könnte bei der Suche helfen
Um das Kontrollgremium zu komplettieren, könnten die Gesellschafter Ingelfinger bitten, den fehlenden Kandidaten durch einen Headhunter suchen zu lassen. Das legt der designierte Beiratschef zumindest in seinem Brief nahe.
So, wie sich der Gesellschafterstreit derzeit jedoch zuspitzt, dürfte Katrin Haub wohl kaum auf diesen Vorschlag eingehen. Der Streit zwischen den drei Familienstämmen wird in eine neue Runde gehen, zumal Christian Haub schon mehrfach angekündigt hat, die Familie seines verschollenen Bruders aus wichtigem Grund aus dem Unternehmen ausschließen zu wollen.
Aufgebrochen ist der Konflikt seit der frühere CEO, Karl-Erivan Haub, von einer riskanten Gletschertour am 7. April 2018 nicht zurückgekehrt war. Während seine Familie die Hoffnung hegte, die auf 450 Millionen Euro geschätzte Erbschaftsteuer nach Auflösung von Rücklagen und Veräußerung von Beteiligungen aus der Firmenkasse entnehmen zu können, hat Christian Haub, der die Rolle seines Bruders übernahm, von Anfang an betont, dass die Erbschaftsteuer Privatsache sei, um die sich jede Familie selbst kümmern müsse. Die Tengelmann-Gruppe, zu der auch so bekannte Firmen wie OBI und KiK gehören, setzt mit 90.000 Mitarbeitern rund acht Milliarden Euro um.