Inflation Rewe sagt weiter steigende Lebensmittelpreise voraus

"Preiserhöhungen, die nicht gerechtfertigt sind": Rewe-Chef Lionel Souque stellt sich gern als Vorkämpfer gegen überzogene Preisforderungen der Hersteller dar. Doch auch der Händler Rewe hat die Preise für Lebensmittel im laufenden Jahr massiv erhöht.
Foto: Oliver Berg / picture alliance/dpaIm Lebensmittelhandel droht Verbrauchern eine weitere Welle von Preiserhöhungen. "Wir haben allein in Deutschland als Rewe Group für das erste Quartal von Markenartiklern Preiserhöhungen im Volumen von mehr als einer Milliarde Euro auf dem Tisch liegen", sagte Rewe-Chef Lionel Souque (51) der Deutschen Presse-Agentur. Der Handelsriese werde aber nicht mitmachen.
"Wir können und wollen die Preise nicht so stark erhöhen, wie die Industrie das fordert. Die Menschen haben nicht so viel Geld", erklärte der Manager. Bereits im Jahr 2022 habe Rewe durch hartes Verhandeln die Umsetzung von mehr als der Hälfte der Preisforderungen der Hersteller verhindert, behauptet Souque. Gleichwohl rechnet der Manager im Schnitt mit Preiserhöhungen von fünf Prozent bei Lebensmitteln im kommenden Jahr, "vielleicht auch etwas mehr", wie er dem "Spiegel" sagte.
"Gerade große, internationale Konsumgüterhersteller versuchen auch in der aktuellen Situation noch, ihre Gewinnmargen zu erhöhen, und fordern Preiserhöhungen, die nicht gerechtfertigt sind", wiederholte der Manager seine Kritik. Edeka als auch Rewe haben gegenüber manager magazin in diesem Jahr bereits mehrfach die Preisforderungen der Markenartikler und Hersteller scharf kritsiert . Da ist von "Inflations-Wucher" und Preistreiberei die Rede. Auch warf Lionel Souque zuletzt im Interview mit manager magazin den Herstellern vor, mit ungerechtfertigten Preiserhöhungen, "ihre eigene Fehler auszubügeln" .
Die Konflikte mit den Lebensmittelriesen führten manchmal auch zu Regallücken durch Lieferstopps oder Auslistung, erklärte Souque weiter im Gespräch mit der dpa. "Aber wenn wir einfach alles abgenickt hätten, was die Konzerne fordern, wären die Preiserhöhungen in unseren Läden doppelt so hoch wie sie jetzt sind - und sie sind schon hoch genug." Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lagen die Preise für Nahrungsmittel im November 2022 um 21,1 Prozent höher als im November 2021.
Lebensmittelpreise um mehr als 21 Prozent gestiegen
Der Markenverband als Zusammenschluss der Markenhersteller indes hat die Vorwürfe in einem offenen Brief an den deutschen Lebensmittelhandel zurückgewiesen. Darin schreibt Hauptgeschäftsführer Christian Köhler: "Der Vorwurf von Teilen des Handels, die Industrie sei der Inflationstreiber, widerspricht eklatant den Tatsachen." Die Preise für die Handelsmarken der Hersteller seien zuletzt noch stärker gestiegen als die der Markenartikler.
Der Rewe-Chef betonte, die Inflation habe das Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden spürbar verändert. "Die Leute kaufen definitiv mehr Sonderangebote. Besonders da, wo ihnen die Preiserhöhungen bei Markenartikeln zu hoch waren, wechseln sie auch verstärkt zu Eigenmarken." Außerdem gebe es eine leichte Tendenz, mehr im Discount statt im Supermarkt einzukaufen. "Die Discounter gewinnen in diesem Jahr insgesamt Marktanteile gegenüber den Supermärkten, aber insbesondere verliert der Fachhandel."
Diese Entwicklung und die neue Sparsamkeit bekommen auch und vor allem die Händler von Bio-Lebensmitteln zu spüren. Insgesamt sank der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln zuletzt im Oktober um 4,1 Prozent auf rund 15 Milliarden Euro. Doch gibt es Unterschiede zwischen den Vertriebsschienen.
Nach Zahlen des Marktforschers GfK aus dem Herbst brachen die Umsätze der Bio-Supermärkte binnen Jahresfrist um 10,8 Prozent ein. Die Naturkostläden und Reformhäuser verzeichneten sogar ein Minus von 37,5 Prozent. Zugleich schwappt eine Insolvenzwelle durch den Bio-Fachhandel: Bekannte Bio-Händler wie Superbiomarkt, Reformhaus Bacher oder die Bio-Kette Basic haben wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Übreschuldung Rettung in Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gesucht.