Sängerin und Schauspielerin Kylie Minogue (Bild Archiv) präsentierte bereits 2006 das Parfum "Darling" von Coty
Foto: Getty ImagesEs müsse nicht immer alles ein grandioser Erfolg sein, gab JAB-Chef Peter Harf im Sommer vergangenen Jahres in einem Interview mit manager magazin zu Protokoll. "Hauptsache, man begrenzt den Schaden rechtzeitig und lernt aus den Fehlern." Das Engagement bei Coty fällt für den Vertrauten der deutschen Milliardärsfamilie Reimann, der damals über seine Investments im Luxusbereich sprach, offenbar nicht in diese Kategorie. Am Dienstag kündigte die von Harf mitgeführte Familienholding JAB an, ihren Anteil an dem US-Kosmetikkonzern aufstocken und so die Mehrheit übernehmen zu wollen.
Bis zu 150 Millionen Coty-Aktien zusätzlich will die Familie über ein Investmentvehikel erwerben - für 11,65 Dollar je Papier. Damit könnte sich der Zukauf auf bis zu 1,75 Milliarden Dollar (1,55 Milliarden Euro) belaufen. Mindestens - so die Bedingungen des Angebotes - will JAB 50 Millionen Aktien kaufen und den Anteil damit auf etwa 47 Prozent hochschrauben. An den US-Börsen legte die Aktie von Coty daraufhin zweistellig zu.
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Aktuell hält JAB bereits rund 40 Prozent an Coty, einem Hersteller von Kosmetika und Parfums von Marken wie Calvin Klein, Wella oder Gucci. Doch die haben dem Milliardärs-Clan zuletzt wenig Freude bereitet. Die Aktie des Kosmetik- und Parfumherstellers, der vor drei Jahren angekündigt hatte, für umgerechnet 11,3 Milliarden Euro die Wella-Haarpflegeprodukte und andere Marken von Procter & Gamble (P&G) zu übernehmen, hatte in den vergangenen Jahren einen massiven Einbruch erlebt.
Die Eingliederung des Wella-Sortiments und anderer P&G-Marken erwies sich als äußerst mühsam und teuer. Auch das Massengeschäft mit Drogerien, das 41 Prozent der Coty-Erlöse ausmacht, lief zuletzt nicht mehr so gut. Einst etablierte Marken wie Astor oder Max Factor verloren angesichts jüngerer, hipper Konkurrenz Marktanteile. Notierte die Aktie Anfang Februar 2016 noch bei knapp 25 Euro, hat sie mittlerweile mehr als zwei Drittel ihres Wertes verloren. Allein im Jahr 2018 gab das Papier fast 70 Prozent ab. Anfang Februar verkündete Coty für das zweite Geschäftsquartal einen Nettoverlust von 960 Millionen Dollar.
Den Glauben an das Geschäft von Coty, dessen Wertverlust zuletzt sogar JAB ins Minus getrieben hatte, hat Peter Harf indes offenbar nicht verloren. Er hält an den lange gehegten Plänen fest, die Mehrheit zu übernehmen. Schon in den vergangenen Jahren kaufte die Familienholding weiter zu. Der steuersparenden P&G-Deal beschränkte allerdings die Größenordnung der Zukäufe.
Seit Oktober hat Harf nun freie Bahn - nutzt den vergleichsweise günstigen Preis und sucht bei Coty die Flucht nach vorne. Und nimmt dafür sogar in Kauf, dass das Rating der Familienholding weiter absinkt. So senkte S&P am Dienstag nach Bekanntgabe des Übernahmeangebots den Ausblick für JAB von stabil auf negativ. Und bekräftigte gleichzeitig seine Bewertung von A- für die Familienholding.
Harf dürfte genau wissen, worauf er sich einlässt. Hat er doch erst im November selbst den Aufsichtsratsposten bei Coty übernommen - und mit Pierre Laubies einen JAB-Veteranen als CEO eingesetzt, der bei der Zusammenführung der Kaffee-Units von Mondelez und Douwe Egberts bereits gezeigt hat, dass er Integration kann.
Jetzt muss Harfs Plan für einen Wiederaufstieg Cotys auch am Aktienmarkt nur noch aufgehen. Die Wette - mit ziemlich hohem Einsatz - läuft.
Bart Becht: Nach dem Debakel beim Parfümhersteller Coty, das schon den Abgang Bechts als Coty-Aufsichtsratschef zur Folge hatte, tritt der 62-Jährige nun auch den Rückzug aus der JAB Holding an. Wie die Holding des Reimann-Clans mitteilte, legt Becht mit sofortiger Wirkung seine Chairman-Posten in den Unternehmen der Holding nieder und will sich noch im laufenden Jahr auch als Senior Partner aus dem dreiköpfigen Führungsgremium von JAB zurückziehen. Wie genau das Ausscheiden vollzogen werden soll, ob der gebürtige Niederländer sein in die Holding investiertes Kapital bei seinem Abschied mitnimmt oder ganz oder teilweise investiert bleibt, wurde nicht kommuniziert. Becht kündigte lediglich an, nach 40 Jahren im Marken-Konsumgütergeschäft seine Aktivitäten refokussieren und sich zur Ruhe setzen zu wollen. Mit dem Ausscheiden Bechts wird JAB - falls es keine weiteren Änderungen gibt - dann künftig nur noch von zwei Senior-Partnern geführt.
Einer der verbleibenden Senior-Partner ist der 72-jährige Peter Harf. Nominell als Senior Partner auf gleicher Stufe mit seinen Kollegen ist der Manager, der schon lange mit der Familie verbunden ist, nach wie vor der mächtigste Mann an der JAB-Spitze. Harf hat angesichts der Probleme bei Coty, die nun durch neues Personal und eine neue Strategie überwunden werden sollen, zuletzt sogar noch mehr Macht im Reimann-Reich gewonnen. Ende des Jahres übernahm er von Becht den Aufsichtsratsposten in einem der wichtigsten JAB-Investments, dem Parfümhersteller Coty.
Sein Kollege Olivier Goudet, zusammen mit Harf einer der beiden verbliebenen Senior Partner an der Spitze von JAB, ist innerhalb des Gremiums für die Deals zuständig. Der 54-Jährige war es nach den Worten von Peter Harf auch, der dem Reimann-Clan das Investment ins Kaffeegeschäft antrug. Ein Engagement, das die Familienholding seither massiv ausgebaut hat. Wie Harf und die anderen Partner ist auch der Franzose und ehemalige Mars-Manager mit seinem eigenen Vermögen an JAB beteiligt, wovon sich der deutsche Milliardärsclan clevere Managemententscheidungen erhofft.
Aus Brasilien stößt Ricardo Rittes de Oliveira Silva Paiva als Partner zur JAB Holding dazu. Der Finanzexperte, der seine Karriere nach einer frühen Station bei Advent in weiten Teilen beim Bierriesen AB InBev verbrachte, ist große Deals gewohnt. Und er ist als Finanzverantwortlicher großer Brauereibeteiligungen zudem geübt darin, milliardenschwere Finanzierungen zu organisieren. Wie JAB mitteilte, soll Rittes die Expansion in die Emerging Markets verantworten und für JAB ein Büro in Sao Paulo aufmachen.
Ein weiterer Neuzugang bei JAB kommt mit Jacek Szarzynski aus Polen. Nach einer 24-jährigen Karriere bei Mars soll Szarzynski bei JAB als Lead Operating Partner die Verantwortung für die neue Pret-Panera-Holding übernehmen. Darin hat JAB sein erst kürzlich zugekauftes Geschäft der Ketten Pret-a-manger und Panera Bread eingebracht.
Mit dem ehemaligen Mars- und Jacobs-Douwe Egberts-Manager Fabien Simon stößt nun ein weiterer Franzose und Kenner des Kaffeegeschäfts in höhere Gefilde bei der Reimann-Holding vor. Simon, der für die Zukaufsstrategie bei der Kaffeebeteiligung der Reimanns zuständig war und die Integration von Mondelez und Douwe Egberts zu JDE mit vorantrieb, soll als CFO und Partner künftig die Finanzen der JAB Holding verantworten.