Sturz aus dem Modehimmel Peek & Cloppenburg – Chronologie eines Niedergangs

1869: Von den Kaufleuten Johann Theodor Peek und Heinrich Cloppenburg in Rotterdam gegründet, eröffnete Peek & Cloppenburg 1901 seine ersten deutschen Verkaufshäuser in Berlin und Düsseldorf. Das Besondere: ein einheitliches Größensystem für die Herrenkollektion.
1907: Peek & Cloppenburg startet mit dem "Versandhandel": Erstmals verschickt das Unternehmen illustrierte Preisverzeichnisse, die einen Überblick über das aktuelle Sortiment geben.
1910: Jede Zeit hat ihre Moden: Peek & Cloppenburg bietet in seinem Sortiment Tropenkleidung an, um auch die Kunden in den deutschen Kolonien bedienen zu können.
1911: Es kommt zum Bruch: Heinrich Cloppenburgs Söhne Anton und James Cloppenburg, die inzwischen die Geschäfte übernommen hatten, teilen die Firma auf. Anton Cloppenburg eröffnet ein eigenes Unternehmen in Hamburg – unter gleichem Namen: Peek & Cloppenburg. Seitdem existieren das Düsseldorfer Mutterhaus und die Hamburger Neugründung getrennt nebeneinander.
1926: James Cloppenburg stirbt mit 50 Jahren und sein Sohn James Cloppenburg jr. übernimmt P&C Düsseldorf.
1936: Peek & Cloppenburg nimmt Damenbekleidung in sein Sortiment auf. Eine Filiale wird in Frankfurt am Main eröffnet, ein Jahr später eine in Essen.
1945: Kein einziges Peek & Cloppenburg-Haus übersteht den Krieg. Für die Standorte Berlin, Düsseldorf, Essen und Frankfurt werden in den kommenden Jahren neue Pläne entworfen und neue Kaufhäuser errichtet.
1960er- bis 1980er-Jahre: Mit dem Boom der Bundesrepublik erleben auch die Modekaufhäuser ihre goldenen Jahre. Für das Familienunternehmen beginnt die große Expansionsphase, zahlreiche Häuser entstehen.
1986: James Cloppenburg Jr. stirbt im Alter von 84 Jahren und Sohn Harro Uwe Cloppenburg übernimmt im Alter von damals 46 Jahren.
1989: Offizielle Gründung der Ansons's Herrenhaus KG. Sie soll in eigenen Filialen Herrenmode vertreiben.
1998: P&C expandiert ins Ausland, eröffnet Filialen in Belgien und den Niederlanden. Auch in Österreich öffnen die ersten Filialen in Wien und Vösendorf (SCS) ihre Pforten. Mit insgesamt 13 Hauseröffnungen ist es das expansionsstärkste Jahr in der Geschichte von P&C.
2000: Peek & Cloppenburg eröffnet in Deutschland seine 65. Filiale. Die 1999 eingeführte Werbekampagne "We are family" wird dazu mit Prominenten wie Ute Lemper, Heidi Klum oder Hardy Krüger fortgesetzt.
2008: Mit der Peek & Cloppenburg KG Wien wird eine Zentrale für Österreich und Osteuropa gegründet. Das Fanal, neue Märkte zu erobern.
2013: Launch des Onlineshops Fashion ID.
2014: Gründung der International Brands Company. Das Tochter-Unternehmen verantwortet seitdem die kreative und technische Produktentwicklung, die Produktbeschaffung sowie die Vermarktung etlicher Modemarken. Zu den Eigenmarken gehören unter anderen: Christian Berg, Jake*s, Joseph Janard, Review und Montego.
2017: P&C muss eine millionenschwere Strafe wegen unerlaubter Absprachen mit dem Jackenhersteller Wellensteyn zahlen. Das Bundeskartellamt verhängt ein Bußgeld von etwa 10,9 Millionen Euro gegen die beiden Unternehmen. Der Umsatz in Deutschland steigt auf die Rekordhöhe von rund 1,49 Milliarden Euro.
2019: Harro Uwe Cloppenburg zieht sich im Alter von 78 Jahren aus dem operativen Geschäft zurück. Sohn Patrick M. Cloppenburg übernimmt mit 36 Jahren viele seiner Aufgaben. Der Posten des Vorsitzenden der Geschäftsführung bleibt jedoch unbesetzt.
2020: Der frühere Daimler-Manager Edgar Hert, gerade 32, wird Managing Director bei P&C in Düsseldorf. Sein Aufstieg verwundert Außenstehende, nicht jedoch das intime Umfeld des Eigners. Das Unternehmen schließt das Jahr 2020 mit einem Umsatz von 1,02 Milliarden Euro ab, das Ebitda liegt bei minus 49,5 Millionen Euro, die Ebitda-Marge bei minus 4,8 Prozent.
2021: P&C kauft die dänische Kaufhauskette Magasin du Nord. Dem Vernehmen nach sollen Filialen in Norddeutschland aufgebaut werden. Sogar die historische Trennung soll überwunden werden. Eine Übernahme des kleineren Schwester P&C Hamburg scheitert jedoch am Widerstand der Hamburger Familie.
Im selben Jahr zieht es P&C Düsseldorf in die Schweiz. Im Oktober gründet der Konzern die JC Switzerland Holding AG in Zug – offiziell zum Erwerb und zur Verwaltung von Beteiligungen. Den Verwaltungsrat der neuen Holding leitet Clan-Chef Patrick Cloppenburg. Dem Management gehören zum Start neben seiner Schwester Catharina auch David Barst und Ernst-Albrecht von Hake an.
Der Umsatz in Deutschland lag 2021 bei rund 1,055 Milliarden Euro. In der Corona-Zeit verliert P&C etwa 30 Prozent an Umsatz.
Peek & Cloppenburg Düsseldorf - Filialen und Töchterunternehmen
Deutschland: 67
Niederlande: 5
Belgien: 1
Schweiz: 1
2022: Marcus Diekmann tritt im Januar als Co-Chef bei der P&C-Tochter International Brands Company an. Lange hält es den Digital- und Restrukturierungsexperten nicht, bereits nach drei Monaten verlässt er die Düsseldorfer wieder. Im Interview mit dem manager magazin berichtet er von den Gründen .
Als Strategiechef übernimmt der frühere Galeria-Karstadt-Kaufhof-Chef Stephan Fanderl Verantwortung. Er bis dahin Mitglied der Geschäftsführung der P&C KG, nun gehört er dem Management der JC Switzerland in Zug an.
Der 2013 gestartete Onlinehändler Fashion ID wird eingestellt – künftig wird unter dem Namen Peek & Cloppenburg online verkauft. Ein Hamburger Landgericht dem Düsseldorfer Unternehmen, "Bekleidungswaren mit dem Zeichen Peek & Cloppenburg" im Vertriebsgebiet von P&C Hamburg anzubieten oder zu vertreiben.
März 2023: Die Lage eskaliert. Geschäftsführer Edgar Hert verlässt das Unternehmen, statt seiner soll der frühere Adler-Chef Thomas Freude P&C sanieren. Im März meldet Peek & Cloppenburg Düsseldorf Insolvenz an, Deutschlands zu diesem Zeitpunkt größter Modehändler ist pleite. Das Unternehmen rettet sich unter das Schutzschirmverfahren, um sich nach einem Schuldenschnitt neu aufzustellen. Gleichzeitig werden Stellenstreichungen in der Zentrale inklusive der Führungsebenen angekündigt. Der Onlinehandel sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben, sagt Freund. Deshalb soll nicht Online First, sondern künftig Store first gelten.
Wenige Tage nach der Insolvenzanmeldung wird bekannt, dass die Unternehmensleitung ausgetauscht wird: Thomas Freude, CFO Steffen Schüller und Dirk Andres, der für Restrukturierungsthemen verantwortlich ist, sollen das Unternehmen künftig leiten. In Wien sind es Alexander Deopito und Steffen Schüller. An Bord bleibt zudem noch Einkaufschef Uwe Fehr. Freigestellt wurden stattdessen Sven Bernhardt, zuständig für Online und CRM, Logistikchef Ricardo Carballo, Vertriebschefin Melanie Kleemann, Personalchefin Carolin Schwarz, Damenmode-Einkaufschefin Henriette Tesch sowie John Cloppenburg, der in der Branche hoch angesehene Bruder des Clanchefs.
Die Schulden drücken, insgesamt lasten 400 Millionen Euro auf dem Düsseldorfer Unternehmen. Im April gehören offiziell noch 162 Stores in 16 Ländern zur Gruppe. Rund 16.000 Mitarbeitende sind in der Unternehmensgruppe tätig.
Unter den Gläubigern allerdings wächst die Unruhe. Sie glauben Indizien zu haben, die auf eine geplante Insolvenz hindeuten . Der Streit droht weiter zu eskalieren.
Mai 2023: P&C kündigt an, dass rund 350 von insgesamt über 1.500 Arbeitsplätzen in den Düsseldorfer Zentralbereichen wegfallen sollen. Die rund 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 67 Verkaufshäusern seien davon nicht betroffen, heißt es in einer Pressemitteilung. Dort hätten zahlreiche Arbeitsplätze durch Eigenkündigungen, Befristung und Probezeitkündigungen abgebaut werden können. Weitere Mitarbeiter sollen in eine Transfergesellschaft wechseln.
Juni 2023: Das Amtsgericht in Düsseldorf bestätigt zum 1. Juni das Verfahren in Eigenverwaltung. Damit erhält P&C grünes Licht, seinen geplanten Restrukturierungskurs umzusetzen. Kernelemente der Restrukturierung ist laut der Sanierungsplan die Neuaufstellung des Unternehmens sowie eine Einigung mit den Gläubigern.