Halogen-Leuchten von Osram
Foto: Bodo Marks/ picture alliance / dpaDer Lichttechnikkonzern Osram will sich in die Hände von Finanzinvestoren begeben. Vorstand und Aufsichtsrat erklärten am späten Donnerstagabend, sie unterstützen das 3,4 Milliarden Euro schwere Übernahmeangebot der Beteiligungsgesellschaften Bain Capital und Carlyle. Sie wollen den Anteilseignern des MDax-Konzerns 35 Euro je Aktie bieten, 23 Prozent mehr als der Durchschnittskurs der vergangenen drei Monate. Die Investoren nannten als Bedingung der geplanten Übernahme, dass sie mindestens 70 Prozent der Aktien einsammeln können.
Carlyle hat seinen Sitz in der US-Bundeshauptstadt Washington und verwaltet 222 Milliarden Dollar Vermögen, die etwa halb so große Bain Capital hat 105 Milliarden Dollar Finanzanlagen in den Büchern stehen und sitzt in Boston.
"Wir begrüßen das Angebot von Bain und Carlyle und sind überzeugt, dass es sowohl einen fairen Wert für die Aktionäre als auch einen strategischen Mehrwert für unser Unternehmen bietet", erklärte Aufsichtsratschef Peter Bauer nach einer mehrstündigen Sitzung des Gremiums. "Bain und Carlyle sind für Osram die richtigen Partner zur richtigen Zeit", sagte Vorstandschef Olaf Berlien. Die Bieter wollen ihr offizielles Angebot nach der Freigabe durch die Finanzaufsicht Bafin veröffentlichen und voraussichtlich bis September laufen lassen.
Die beiden Bieter machten nach Angaben der drei Unternehmen umfangreiche Zusagen an das Osram-Management und die Belegschaft. Unter den 26.000 Mitarbeitern kursieren Sorgen vor einem Stellenabbau. "Im Zuge der unterzeichneten Investorenvereinbarung unterstützen Bain und Carlyle den eingeschlagenen Wachstumspfad und geben unter anderem umfangreiche Schutzzusagen für Mitarbeiter und Standorte ab", teilte Osram weiter mit.
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Investoren wollen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen nicht antasten
Bain Capital und Carlyle bekennen sich demnach zur bestehenden Strategie mit dem Fokus auf optische Halbleiter, Automobil und digitale Anwendungen. Bei dem von Berlien begonnenen Konzernumbau wollen sie den Angaben zufolge eng mit dem heutigen Vorstand zusammenarbeiten. Die Investoren sagten zu, Wachstumsprojekte, Akquisitionen und Investitionen in Produktentwicklungen zu unterstützen. Osram behalte seinen Sitz in München und die Rechte an seinen Patenten.
Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern würden nicht angetastet. Der paritätisch besetzte Lenkungsausschuss bleibe bestehen. Zudem sollen die Standorte der "wesentlichen Unternehmensbereiche" unverändert bleiben. Einig seien sich Bain, Carlyle und Osram aber auch darüber, dass das Marktumfeld "flexibles Handeln" erfordere. Ein Sprecher der IG Metall kündigte eine Stellungnahme für den heutigen Freitag an.
Das vor dem Ersten Weltkrieg gegründete Traditionsunternehmen wird damit voraussichtlich zum zweiten Mal seine Eigenständigkeit verlieren - und zwar in einem Abstand von ziemlich exakt 100 Jahren: 1919 hatte Siemens Osram übernommen und die Zügel bis zum Börsengang 2013 in der Hand behalten.
Zweiter Verkauf in 100 Jahren
In den vergangenen sechs Jahren Selbstständigkeit hat Osram sehr schwierige Zeiten durchlaufen. Der technologische Wandel in der Beleuchtungsindustrie hat das Unternehmen hart getroffen. Die Glühbirne, die einst den Werbespruch "Osram - hell wie der lichte Tag" inspirierte, ist längst Geschichte. Der größte Teil des Geschäfts mit traditionellen Leuchtmitteln wurde 2016 an einen chinesischen Konzern verkauft. Osram produziert heute hauptsächlich LEDs und Optoelektronik, Hauptabnehmer sind die Auto- und Elektronikindustrie.
Noch Ende 2017 sah die Zukunft rosig aus. Osram eröffnete 2018 ein großes neues Werk in Malaysia und kündigte eine Ausweitung der Produktion an. Doch dann folgte der Einbruch. Die gleichzeitige Schwächephase von Auto- und Smartphone-Herstellern hat Osram schwer in Mitleidenschaft gezogen, denn beide Branchen sind wichtige Kundengruppen.
Unerwartet brachen 2018 die Umsätze ein, auch dieses Jahr sieht es nicht gut aus: Anfang Mai gab Osram eine Gewinnwarnung heraus und senkte die Prognose für 2019. Der Umsatz könnte demnach um 11 bis 14 Prozent schrumpfen. Zuvor hatten Vorstandschef Olaf Berlien und seine Kollegen noch auf ein Plus von bis zu 3 Prozent gehofft.
Wer oder was ist Siemens, und wie lange noch? Die Frage stellt man sich nicht zuletzt in der 2016 eröffneten Münchener Zentrale. Die spiegelt schon baulich den Wandel des Konzerns in einen lockeren Holding-Verbund: Platz ist für 1200 Beschäftigte, aber nicht unbedingt ein fester Stammplatz im Büro.
In der "Vision 2020" von Konzernchef Joe Kaeser galt die Sparte Power and Gas noch als Kerngeschäft und wurde mit Milliardenzukäufen gestärkt. Doch heute gilt die "Vision 2020+" mit Sparplänen im seit Jahren mauen Geschäft mit der Produktion von Turbinen. Gemeinsam mit den Diensten für die Öl- und Gasindustrie soll die Sparte 2020 eine eigene Existenz als börsennotiertes Unternehmen beginnen, Siemens behält vorerst noch eine Sperrminorität.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 5,7 Milliarden Euro
Marge: 4,9 Prozent
Die Windkraftsparte ist bereits seit 2017 eigenständig: Siemens Gamesa Renewable Energy entstand aus der Fusion mit dem spanischen Wettbewerber Gamesa. Das gemeinsame Unternehmen mit Sitz im Baskenland gehört zu 59 Prozent Siemens (in Zukunft der Power-and-Gas-Firma), und wird etwas überambitioniert zum "Marktführer im Geschäft mit Erneuerbaren Energien" ausgerufen. Angesichts roter Zahlen begann der Kahlschlag tausender Stellen hier noch eher als im fossilen Energiegeschäft. Jetzt kommen Profite und Wachstum zurück.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 4,7 Milliarden Euro
Marge: 5,3 Prozent
Healthineers war lange der größte Gewinnbringer unter den Siemens-Sparten, passte aber auch nicht so recht zum Kerngeschäft - und war gut zu Kasse zu machen. Im März 2018 ging die Medizintechnik an die Börse, brachte einen Milliardenerlös und einen eigenen Auftritt im MDax. Siemens behält - zumindest vorerst - die Mehrheit der Anteile.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 6,8 Milliarden Euro
Marge: 16,9 Prozent
Für die Bahnsparte Mobility gab es schon einen eigenen Exit-Plan, unter Führung des französischen Rivalen Alstom mit Siemens als Mehrheitseigner die Bahnindustrie zu dominieren. Die EU ließ das neue Monopol jedoch nicht zu. Kaeser nennt das Geschäft weiter "strategisch", hält sich aber alle Optionen einschließlich eines weiteres Börsengangs offen.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 4,3 Milliarden Euro
Marge: 10,8 Prozent
Die Sparte Process Industries and Drives, die beispielsweise Antriebe für den Maschinenbau fertigt, ist notorisch weit von ihren Margenzielen entfernt. In der neuen Konzernstruktur mit den zwei Kernsparten "Digital Industries" und "Smart Infrastructure" verschwindet der Bereich, einzelne Betriebsteile werden als Sanierungsfälle behandelt.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 4,2 Milliarden Euro
Marge: 8,2 Prozent
Energy Management passt wiederum eindeutig in die Idee der "Smart Infrastructure". Das klassische Geschäft mit Transformatoren und Umspannwerken erfüllt auch - abgesehen von anfänglichen Fehlinvestitionen mit dem Anschluss von Offshore-Windparks - die Hoffnung, von der Energiewende zu profitieren. Die Nachfrage nach Ausbauten im Stromnetz erweist sich bisher als solider als die nach Windrädern oder gar Gaskraftwerken. Für die Zukunft hofft Siemens auf Wachstum beispielsweise mit Stromspeichern und E-Auto-Ladesäulen.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 5,8 Milliarden Euro
Marge: 6,4 Prozent
Die Gebäudetechniksparte Building Technologies passt ebenso in die neue Sparte. Hier glaubt auch Siemens an den Trend zum "Smart Home" - während die Hausgerätesparte vor Jahren schon an den Ex-Partner Bosch ging, der im Unterschied zu Siemens Potenzial in der Vernetzung Weißer Ware sieht.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 3,3 Milliarden Euro
Marge: 9,6 Prozent
Die Vorzeigesparte heißt Digital Factory, die den Kern der eigenständig geführten Firma "Digital Industries" bildet. Siemens baut zwar selbst keine Roboter, sieht sich aber als einer der Vorreiter in der Automatisierung und Digitalisierung der Industrie - der "vierten industriellen Revolution". Abgerundet wird das Geschäft auch durch herkömmliche Schaltanlagen, verstärkt wurde es zuletzt durch mehrere teure Zukäufe von Industriesoftwarefirmen. Netto soll der nun gefasste Plan 10.000 Stellen schaffen, indem 20.000 neue Siemensianer eingestellt werden, an anderer Stelle aber 10.000 gehen müssen.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 6,6 Milliarden Euro
Marge: 19,8 Prozent
In der "Vision 2020" von Konzernchef Joe Kaeser galt die Sparte Power and Gas noch als Kerngeschäft und wurde mit Milliardenzukäufen gestärkt. Doch heute gilt die "Vision 2020+" mit Sparplänen im seit Jahren mauen Geschäft mit der Produktion von Turbinen. Gemeinsam mit den Diensten für die Öl- und Gasindustrie soll die Sparte 2020 eine eigene Existenz als börsennotiertes Unternehmen beginnen, Siemens behält vorerst noch eine Sperrminorität.
Umsatz im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2019: 5,7 Milliarden Euro
Marge: 4,9 Prozent