Bizarrer Rechtsstreit um "rosa Schleim" US-Sender soll 1,9 Milliarden wegen Hackfleisch-Mobbing zahlen

Rinderhackfleisch. Oder eher "rosa Schleim"?

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Die US-Hackfleischindustrie würde einen kritischen Fernsehjournalisten offenbar am liebsten zu einem ihrer Produkte verarbeiten: In einem bizarren Rechtsstreit wehrt sich der Nahrungsmittelkonzern Beef Products gegen die vermeintliche Verunglimpfung eines seiner wichtigsten Erzeugnisse, nämlich Rinderhack.

Satte 1,9 Milliarden Dollar fordert das Unternehmen laut einem Bericht des "Wall Street Journal"  vom US-Sender ABC News, weil dieser eine Sendung mit "negativem Dreh" über eine weit verbreitete Hackfleisch-Sorte ausgestrahlt habe. Autor Jim Avila hatte darin auf fragwürdige Produktionsmethoden hingewiesen.

Bei dem von Beef Products erfundenen Produkt handelt es sich konkret um so genanntes mageres, fein strukturiertes Rindfleisch, dem Konservierungsstoffe zugesetzt sind. Es besteht zum Teil aus Resten, die ansonsten nicht verkäuflich wären sowie Separatorenfleisch. Das sind maschinell vom Knochen gelöste Bestandteile des Tieres, die in Europa nicht die lebensmittelrechtliche Definition von Muskelfleisch erfüllen.

Auf die kritische Berichterstattung folgte ein Anti-Hack-Shitstorm in den sozialen Medien. Verbraucher ließen das als "Pink Slime" ("rosa Schleim") verunglimpfte Lebensmittel in den Regalen stehen. Auch Starkoch Jamie Oliver wies auf die vermeintliche Minderwertigkeit des Fleisches hin. Beef Products erlitt nach eigenen Angaben hohe Umsatzeinbußen und schloss eigenen Angaben zufolge drei von vier Werken.

"Unhöflich": Richterin moniert kritische Fragen des ABC-Reporters

Die zuständige Richterin in South Dakota, Cheryle Gering, monierte nun, ABC-Journalist Avila habe nicht sauber recherchiert und hege Vorurteile gegen die Fleischindustrie. "ABC und Avila haben rücksichtslos gehandelt", sagte Gering. Die These des Beitrags habe festgestanden, bevor die Recherche begann.

Sollte sich herausstellen, dass der Journalist mutwillig Unwahrheiten über das Hack verbreitet habe, könnte sich eine mögliche Strafe der Zeitung zufolge sogar auf sechs Milliarden Dollar verdreifachen. Möglich mache dies ein spezielles Gesetz des Bundesstaates South Dakota.

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ABC News wies die Vorwürfe zurück. "Wir sind zuversichtlich, dass wir am Ende gewinnen", teilte das Tochterunternehmen des Unterhaltungskonzerns Walt Disney mit. In der Berichterstattung habe der Autor nie behauptet, dass der Verzehr des Fleisches nicht sicher sei. Hauptkritikpunkt der Sendungen war, dass Hack-Käufer über zugesetztes fein strukturiertes Rindfleisch im Dunkeln gelassen würden.

Die Richterin kritisierte insbesondere Avilas Fragen an einen Vertreter der Fleischindustrie. Avila wollte unter anderem wissen, warum die Hersteller auf ihren Packungen nicht einfach auf den Anteil des strukturierten Rindfleisches hinwiesen. Derartige Fragen seien unhöflich, reißerisch und feindselig, befand die Richterin.

Diese Einschätzung empfingen indes sogar fleischindustrie-freundliche Wissenschaftler als "Bedrohung der freien Meinungsbildung". Die kritisierten Fleischprodukte seien zwar sicher und ein Fortschritt, sagte Rechtsprofessor Michael Roberts dem "Wall Street Journal". Es sei aber die Aufgabe von Medien, unbequeme Fragen zu stellen.

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