Große Marktmacht
Kartellamt droht großen Lebensmittelketten
Deutschlands große vier Lebensmittelhändler werden laut Bundeskartellamt immer mächtiger. Die Preishüter schlagen Alarm - und kündigen an, Zukäufe von Aldi, Rewe und Co. künftig noch genauer zu prüfen.
Kunde am Kühlregal: Die Verbraucher profitieren laut Kartellamt nur auf den ersten Blick von niedrigeren Preisen - es drohen Qualitätseinbußen
Foto: Oliver Berg / dpa
München - Das Bundeskartellamt hat die großen Lebensmitteleinzelhändler vor einem Ausbau ihrer Marktmacht gewarnt. "Edeka, Rewe, Aldi sowie die Schwarz-Gruppe mit den Lidl-Märkten und Kaufland stehen für rund 85 Prozent des Marktes", erklärte Amtschef Andreas Mundt am Dienstag die Ergebnisse einer Branchenstudie. "Die Sektoruntersuchung zeigt, dass wir einer weiteren Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse konsequent entgegenwirken müssen." Die Konzerne hätten bereits jetzt einen deutlichen Einkaufsvorteil gegenüber den Mittelständlern.
Es bestehe die Gefahr, dass sich die ohnehin bereits hochkonzentrierte Marktstruktur weiter zu Lasten der Kleineren entwickle. Das Kartellamt müsse daher seine strenge Linie fortsetzen, erklärte Mundt. Man werde daher Fusionen unter Beteiligung der großen vier Ketten künftig "vertieft" prüfen.
Von den Rabatten, die die großen Ketten dank ihrer Marktmacht bei den Lebensmittelherstellern durchsetzen könnten, profitierten die Verbraucher nur auf den ersten Blick: Die Rabatte könnten zu Qualitätseinbußen und einem Verdrängungseffekt bei den Herstellern führen.
Einwände der Konzerne gegen eigene Marktmacht widerlegt
Für die in der Branche mit Spannung erwartete Untersuchung insbesondere zu den Verhandlungssituationen zwischen Einzelhändlern und Markenherstellern hatten die Wettbewerbshüter 21 Handelsunternehmen und mehr als 200 Hersteller befragt. Bei einer Analyse von etwa 3000 konkreten Verhandlungen seien insgesamt 65.000 Datensätze verarbeitet worden.
Mit ihren Eigenmarken machten die Händler zunehmend Druck in den Verhandlungen über die Einkaufskonditionen. Einwände der Konzerne gegen die bereits früher angenommene Marktmacht durch ihre Größe im Wettbewerb und beim Einkauf seien nun empirisch widerlegt.
Besonders stark ist laut Kartellamt Edeka im Markt platziert. Der Konzern habe im Verhältnis zu seinen jeweiligen nächsten Wettbewerbern eine etwa doppelt so hohe Gesamtverkaufsfläche sowie eine doppelt so hohe Standortdichte. Edeka sei gemessen an Umsatz, Beschaffungsanteilen bei Herstellermarken, der Verkaufsfläche und der Standortzahl der bei weitem führende Anbieter in Deutschland. Bei den Eigenmarken habe zwar Aldi eine herausragende Stellung, allerdings ziehe Edeka bei den untersuchten Märkten auch hier inzwischen den größten Anteil am Gesamtbeschaffungsvolumen auf sich.