Insolventer Kaufhauskonzern Diese 52 Warenhäuser schließt Galeria Karstadt Kaufhof

Der insolvente Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will in zwei Schritten 52 der verbliebenen 129 Warenhäuser schließen. Etwa 5000 Beschäftigten droht damit die Kündigung. Über die Fortführung von Galeria wird in einer Gläubigerversammlung am 27. März entschieden.
Warenhauskette in der Krise: Galeria-Filiale in Würzburg

Warenhauskette in der Krise: Galeria-Filiale in Würzburg

Foto: Karl-Josef Hildenbrand / dpa

Die letzte große Warenhauskette in Deutschland, Galeria Karstadt Kaufhof, will dem Gesamtbetriebsrat zufolge zahlreiche Filialen schließen. Von aktuell noch 129 Warenhäusern mit rund 17.400 Beschäftigten sollen 52 Filialen die Pforten schließen, teilte der Gesamtbetriebsrat und das Unternehmen Galeria Karstadt Kaufhof am Montag mit. 4039 Beschäftigte sind betroffen, inklusive der Servicecenter-Mitarbeiter droht knapp 5000 Menschen die Kündigung. "Dies ist ein rabenschwarzer Tag", betonte der Betriebsrat.

Von den 52 Häusern könnten einzelne von Interessenten fortgeführt werden, es wird jedoch kein größeres Paket geben. Entsprechende Verhandlungen seien gescheitert, erfuhr das manager magazin von einem Aufsichtsratsmitglied. Die Schließung der Warenhäuser soll in zwei Schritten erfolgen.

Diese Filialen sind betroffen

Zum 30. Juni 2023 sollen folgende 21 Standorte geschlossen werden:

Celle, Coburg, Cottbus, Duisburg Düsseldorfer Straße, Erlangen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamburg-Harburg, Hamburg-Wandsbek, Leipzig Neumarkt, Leverkusen, München-Bahnhof, Neuss, Nürnberg Königstraße, Nürnberg-Langwasser, Offenbach, Paderborn, Regensburg Neupfarrplatz, Saarbrücken am Bahnhof, Siegen, Wiesbaden Kirchgasse.

Zum 31. Januar 2024 ist dann die Schließung dieser 31 Filialen geplant:

Bayreuth, Berlin-Charlottenburg, Berlin-Müllerstraße, Bielefeld, Braunschweig, Bremen, Darmstadt am weißen Turm, Dortmund, Düsseldorf Schadowstraße, Essen, Esslingen, Frankfurt Zeil, Hanau, Heidelberg Bismarckplatz, Hildesheim, Kempten, Krefeld, Leonberg, Limburg, Lübeck, Mönchengladbach, Oldenburg, Pforzheim, Reutlingen, Rosenheim, Rostock, Schweinfurt, Siegburg, Stuttgart-Eberhard-Straße, Viernheim-RNZ, Wuppertal.

Für die anderen Filialen greife der Sanierungsplan, teilte das Unternehmen mit. Demnach können 77 Standorte bestehen bleiben, die eine "tragfähige wirtschaftliche Perspektive" haben. Das entspreche rund 11.000 Arbeitsplätzen. Dort solle es künftig ein Sortiment geben, das "stärker auf die lokalen und regionalen Bedürfnisse ausgerichtet ist". Stationärer und Online-Handel sollen stärker verzahnt und die Filialen in den kommenden drei Jahren "umfassend" modernisiert werden. Von den Filialschließungen sind laut Galeria insgesamt rund 4000 Mitarbeitende betroffen. Auch in der Essener Zentrale sowie den Servicefunktionen wie IT und Facility Management fallen 300 Stellen weg. Die betroffenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten das Angebot, in eine Transfergesellschaft zu wechseln.

Verdi kündigte an, die vorgelegte Streichungsliste "genau" zu prüfen. Es müsse weiter jede Möglichkeit und Chance genutzt werden, um Filialen zu erhalten. "Wir werden zusammen mit den aktiven Beschäftigten um jeden Arbeitsplatz kämpfen", hieß es weiter. Nötig sei außerdem eine neue Managementführung.

Konzern in der Dauerkrise

Galeria Karstadt Kaufhof schlittert seit Jahren von einer Krise in die nächste. Zuletzt hatten die behördlichen Auflagen in der Corona-Krise das Geschäft belastet, das Unternehmen griff nach Staatshilfen, dann litten die Filialen an der Zurückhaltung der Verbraucher nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Zudem machten hausgemachte Probleme dem Konzern zu schaffen, welcher der milliardenschweren Signa-Holding des österreichischen Investors René Benko (45) gehört, der Karstadt und Kaufhof zusammengeführt hatte.

Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhielten die betroffenen Mitarbeiter eine Abfindung in Höhe des zweifachen Monats-Brutto-Entgelts. "Die Bevölkerung muss sich im Klaren sein, dass es nur eine attraktive Innenstadt geben wird, wenn die regionalen Einzelhändler genutzt werden", appellierte der Betriebsrat an die Verbraucher. Über die Fortführung von Galeria wird nun in einer Gläubigerversammlung am 27. März entschieden, am 2. Mai soll das Schutzschirmverfahren beendet werden.

Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Konzernchef Miguel Müllenbach (47) ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die erneute Sanierung mit erheblichen Einschnitten in das Filialnetz und einem deutlichen Stellenabbau verbunden sein würde.

Bisherige Hilfsaktionen blieben ohne Erfolg

Es ist bereits der zweite Versuch, den Handelsriesen durch ein Schutzschirmverfahren und den damit verbundenen Schuldenschnitt wieder dauerhaft auf Erfolgskurs zu bringen. Ein erster Anlauf, der 2020 während des ersten Corona-Lockdowns gestartet worden war, hatte dem Unternehmen trotz der Schließung von rund 40 Filialen, dem Abbau von etwa 4000 Stellen und der Streichung von mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden nur vorübergehend Entlastung gebracht.

Bereits Anfang 2021 und Anfang 2022 noch einmal musste der geschrumpfte Handelsriese angesichts der Pandemie um staatliche Unterstützung bitten. Insgesamt griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Traditionsunternehmen in zwei Hilfsaktionen mit 680 Millionen Euro unter die Arme – ohne Erfolg.

Der Galeria-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz (53), der schon das erste Schutzschirmverfahren als Sanierungsexperte begleitet hatte, zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass es dank des zweiten Schutzschirmverfahrens noch eine Perspektive für den Warenhauskonzern gebe. "Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form", betonte der Sanierer in einem Interview. Der Handelsriese müsse dafür allerdings kleiner und dezentraler werden. Galeria werde hoffentlich "in drei Kalenderjahren" wieder Gewinn machen. Vorher fielen wegen der Umstrukturierungskosten etwa für Umbauten sicher weitere Verluste an.

hr/Reuters, dpa-afx
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