
Die designierte Haniel-Aufsichtsratschefin Doreen Nowotne
Foto: HanielÖffentlichkeitsheischendes Auftreten ist Doreen Nowotnes Sache nicht. Kaum hatte die Duisburger Haniel-Holding ihre Neuausrichtungspläne und den personellen Umbau verkündet, stand Haniel-CEO Thomas Schmidt bereit, um der Presse das Vorhaben zu erläutern. Nachhaltigkeit "in Verbindung mit den Megatrends", stünde nun auf der Investitionsagenda, die künftig Renditen von mindestens 9 Prozent bringen soll, führte der 47-Jährige aus. Auf neudeutsch: People, Planet, Progress.
Die designierte Aufsichtsratschefin Doreen Nowotne ward indes nicht gesehen. Sie überließ dem CEO die Bühne. Dabei soll sie als erste familienfremde und erste Frau an der Aufsichtsratsspitze der Familien-Holding den Wandel übersehen und begleiten. Zudem soll sie der mehr als 260 Jahre alten Dynastie nach schweren Jahren zu neuer wirtschaftlicher Blüte verhelfen.

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Obwohl schon seit Jahren als Multiaufsichtsrätin bei Unternehmen wie Haniel, Lufthansa Technik, Jenoptik oder dem Chemikalienhändler Brenntag tätig, ist nicht viel über Nowotne bekannt. Ihre Selbstbeschreibung auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn ist denkbar kurz und sachlich:
"Erfahrenes Board-Mitglied (Vorstand und Aufsichtsrat) mit breitem Sektorwissen und ausgeprägtem Finanzen-Hintergrund. Trackrecord im Erwerb, Management und der Entwicklung von Private-Equity-Portfoliofirmen, der Implementierung strategischen Wachstums und von Performanceverbesserungsplänen, organisatorischem Wandel sowie erfolgreichen Exits. IPOs eingeschlossen."
So dicht wie diese Kurzvorstellung liest sich auch der bisherige Karriereweg der 47-Jährigen. Geboren in der Oberlausitz, absolviert Nowotne Anfang der 90er Jahre an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden ihre Ausbildung zur Diplom-Kauffrau (FH) und heuert danach drei Jahre als Beraterin bei der Big-Five-Unternehmensberatung Arthur Andersen an.
Rasanter Aufstieg außerhalb des öffentlichen Radars
Danach geht es in stetigen Schritten weiter: Mit Stationen bei UBS Capital und dem Finanzinvestor BC Partners. Und zwischendurch noch einem Führungskräfteprogramm an der Privaten Wirtschaftshochschule IMD in Lausanne. Deutlich vor der Einführung der gesetzlichen Frauenquote sitzt Nowotne bereits im mehreren Aufsichtsräten - und mit wachsender Praxis steigt die Zahl der Ämter.
An ihren Erfahrungen lässt sie andere teilhaben, engagiert sich: In Frauennetzwerken wie FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte), als Mentorin für Migranten oder bei der Kinderschutzorganisation Save the children. Selten in der ersten Reihe. Und ohne großes Aufheben davon zu machen. Ein Charakterzug, der ganz nach dem Geschmack des scheidenden Aufsichtsratschefs Franz Markus Haniel sein dürfte, der Nowotnes Fähigkeiten ganz offensichtlich bereits im Zuge ihres Haniel-Aufsichtsratsmandates schätzen gelernt hat.

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Mit dem Umbau bei Haniel hat sich Nowotne, die Beobachter als sehr erfahren, zurückhaltend und humorvoll schildern, nun eine echte Herausforderung gesucht.
Denn bislang waren die Versuche der Familie, mit einer Private-Equity-ähnlichen Struktur wieder zu alter Größe zu kommen, von wenig Erfolg gekrönt. Das Portfolio mit Handel, Hygiene, Textil und Verpackungsunternehmen eher klassisch denn visionär. Und weit weg von den Megatrends, mit denen die Dynastie nun ihre Rendite pushen will.
Nun hofft Haniel - auch mit einem möglichen Verkauf seiner restlichen Metro-Anteile an den tschechischen Metro-Investor Daniel Kretinsky auf einen Neuanfang. Allerdings ohne sich zu weit von den Familienwerten zu entfernen.
Eine Gratwanderung. Doreen Nowotnes nächste Herausforderung. Diesmal in der ersten Reihe.