Dubioser Investor ist zurück
Modekonzern Escada bekommt letzte Chance
Der einst schillernde Modekonzern Escada ist nach Informationen von manager magazin gerettet - zumindest ein Teil davon. Erneut heißt der Investor Regent. Unter dessen dubiosem Regime musste Escada Anfang September Insolvenz anmelden.
Schon wieder Regent: Escada-Zentrale in München (zur Zeit der ersten Insolvenz 2009)
Foto: Andreas Gebert/ dpa
Als Christian Gerloff am Donnerstagnachmittag vor die Belegschaft des einst so schillernden Modekonzerns Escada mit Sitz in Aschheim bei München trat, wussten viele nicht, ob sie sich über die Botschaften freuen sollen, die der Insolvenzverwalter zu verkünden hatte.
Die gute Nachricht: Es geht weiter. Escada bekommt nach der zweiten Insolvenz binnen weniger Jahre eine neue Chance – womöglich die letzte. Die schlechte: Es gibt herbe Einschnitte, den traurigen Rest übernimmt ausgerechnet Vorbesitzer Regent, ein umstrittener US-Investor, in den viele das Vertrauen verloren haben.
105 der 180 Mitarbeiter müssen gehen, sieben der acht verbliebenen Läden in Deutschland schließen. Nur die Filiale in München bleibt erhalten – vorerst zumindest. In den übrigen Läden versucht Gerloff nun die verbliebene Ware zu verramschen, bevor er Ende Februar den Stecker zieht. Eine Katastrophe für das Image einer Luxusmarke.
Zugriff nach Verstreichen mehrerer Deadlines
2020 endet für Escada mit einer Horrorbilanz. Corona, die Insolvenz und dem Geldmangel geschuldete Lücken in der Kollektion dürften zu einer Halbierung des Umsatzes führen. Wie Regent Escada neu ausrichten will, bleibt fraglich. Die Amerikaner treten bisher auf wie Hasardeure. Die insolvente Escada SE ist zwar das Herzstück des Konzerns, die Markenrechte liegen jedoch in einer Verwaltungsgesellschaft namens Margaretha und blieben damit im Besitz von Regent.
Ohne Zugriff auf die Markenrechte stand Insolvenzverwalter Gerloff vor der Wahl, den entschuldeten Betrieb an Regent zurück zu verkaufen oder endgültig einzustellen. Und das nutzte Regent aus, ließ eine Deadline nach der anderen verstreichen und schlug erst zu, als Gerloff die Reißleine ziehen wollte.
Ein kluger Schachzug, um den Kaufpreis zu drücken - die nötige Weiterentwicklung der Kollektionen hat dadurch jedoch massiv gelitten. Der ohnehin schwierige Neustart, für den Regent im Dezember die Design- und Vertriebsteams übernimmt, wird dadurch nicht leichter. Jetzt müssten die Amerikaner eigentlich kräftig investieren. Ob sie dazu bereit sind, ist unklar. Weder Gerloff noch Regent waren für eine Stellungnahme erreichbar.
Dafür haben die Amerikaner bereits im Vorfeld der Anfang September angemeldeten Insolvenz mit dubiosen Methoden für Aufsehen gesorgt.
Geld für Lieferanten nur gegen Klage
Inhaber Michael Reinstein hatte Escada im Herbst vergangenen Jahres von Megha Mittal (44) übernommen und andere Interessenten mit einer Bestandsgarantie bis zum 31. Dezember 2021 ausgestochen. Der Schwiegertochter des indischen Stahlmagnaten Lakshmi Mittal war es in rund einer Dekade nicht gelungen, den Luxusschneider für Damenmode neu auszurichten. 2018 sank der Umsatz um 3 Prozent auf 204,3 Millionen Euro, das operative Ergebnis (Ebit) rauschte auf minus 31,3 Millionen Euro ab. 2019 hatte sich die Lage nochmals verschlechtert.
Mit einem harten Sparkurs wollte Reinstein schon im laufenden Jahr eine schwarze Null erzielen und seine Kontakte zu Hollywood-Stars nutzen, um den Glamour vergangener Tage zurückzubringen.
Reinstein bekamen die Beschäftigten kaum noch zu Gesicht, die von ihm eingesetzte Geschäftsführung ist in Aschheim nie vorstellig geworden. Womöglich existierte diese nur auf dem Papier.
Eine Phantom-Führung
Nachdem sich der Finanzjongleur über Monate geweigert hatte, das ausgeschiedene Führungsduo um CEO Iris Epple-Righi und CFO Torsten Dühring aus dem Impressum und dem Handelsregister zu entfernen, fanden sich dort zwei Damen aus Südafrika wieder.
Als einige Angestellte nach ihren neuen Chefinnen zu googeln begannen, fanden sie weder Vita noch Fotos, mit einer Ausnahme: Unter "Aletta Catharina Britz", dem Namen einer der beiden Geschäftsführerinnen, gibt es ein Foto aus Südafrika, das ihren Namen und ihr Geburtsdatum zeigt - auf einem Grabstein. Immerhin fehlt bisher die Gravur des Sterbedatums. Ob es ein Fake oder ein merkwürdiger Witz ist, bleibt offen. Reinstein nimmt dazu keine Stellung.
Das Resultat ist unstrittig: Anfang September waren die Kassen endgültig leer. In einem Schreiben an die Belegschaft hieß es damals: "In den vergangenen zehn Monaten hat Escada seinen Weg zur Profitabilität begonnen, um so einen neuen Standard in der Luxusindustrie zu setzen." Dann sei mit Corona "eine Plage" über die gesamte Luxusmodebranche hergefallen.
Einige Tage später ließ Reinstein über ein Sprecher ausrichten, dass Regent weiter an Escada glaube. "Wir haben die veraltete Technik ersetzt und in den Online-Vertrieb investiert. Daher sind wir optimistisch, Escada in eine Omnichannel-Luxusmarke verwandeln zu können, die in 60 Ländern rund um den Globus aktiv ist."
Wenn er das ernst meint, muss er nun endlich liefern. Denn sonst bleibt von der Firma nichts als eine schöne Erinnerung an die 90er Jahre, als sich Escada zum Liebling der Schickeria aufschwang und mit zahlreichen Tochterfirmen über 700 Millionen Euro umsetze. Seither allerdings geht es steil bergab. 2009 musste Escada schon einmal Antrag auf Insolvenz stellen, ein drittes Mal dürfte die Firma wohl kaum durchstehen.