Lieferwagen von Bringmeister
Foto: Edeka
Frische Lebensmittel: Diese Online-Supermärkte müssen Amazon Fresh fürchten
Es ist die schönste Ausrede für Unternehmen, die ein gewünschtes Produkt oder eine Leistung nicht zu liefern vermögen: Zu groß sei die Nachfrage, sorry - Sie müssen sich gedulden. Verkehrsunternehmen reden sich so überfüllte Busse und Bahnen schön, auch Elektroautobauer Tesla verweist angesichts von Lieferengpässen beim Model 3 mitunter auf die lange Warteliste.
Uneingeschränkt ärgerlich ist aber jedenfalls das, was offenbar gerade dem Lebensmittel-Lieferdienst Bringmeister in Berlin geschieht. Probleme in Logistik und IT verhindern einem Bericht der "Lebensmittelzeitung" zufolge , dass Kunden rasch ihre bei der Edeka-Tochter Einkäufe in Empfang nehmen können.
nope Samstag wird auch nichts pic.twitter.com/2lGlwDn2SN
— heckpiet (@heckpiet) March 1, 2018
Verspätete Sendungen sowie kurzfristig nicht verfügbare Ausliefertermine haben demnach zuletzt einen kleinen Shitstorm in den sozialen Medien entfacht. Twitter-User beschweren sich über Verspätungen, Wartezeiten von vier Tagen sowie darüber, dass Fahrer kein Leergut mitnehmen wollen.
"Bringmeister was ist los?", fragt beispielsweise User Caspar von Wrede. "Die letzten 4 Mal war die Lieferung verspätet. Heute um 45min. Früher gab's da noch ein Gutschein, neuerdings gar nichts mehr. Inakzeptabel. Stellungnahme bitte." Diese folgte prompt, in Form einer Entschuldigung und dem Versprechen, die Lieferkosten würden erstattet.
Die Probleme der Edeka-Tochter werfen ein Schlaglicht auf ein Problem, das im Einzelhandel grassiert: Kunden nehmen verstärkt den Lieferservice in Anspruch. Doch das Geschäft ist in der Branche erst im Aufbau, so dass es häufig noch knirscht.
Gewinne machen die Konzerne mit dem Angebot ohnehin in der Regel noch nicht. Sie wollen aber unbedingt früh dabei sein und sich wichtige Marktanteile sichern. Hintergrund ist auch Amazons aggressiver Einstieg in das Segment mit dem Service Fresh.
Das tut uns sehr leid, dass Du erst Montags bestellen kannst. Wie erwähnt, arbeiten wir gerade mit Nachdruck daran mehr Kapazitäten bereit zu stellen, damit unser Service wie gewohnt verfügbar ist. Viele Grüße, Deine Bringmeister
— Bringmeister.de (@bringmeister) March 1, 2018
Edeka versucht gar nicht erst, die Schwierigkeiten schönzureden und begründet sie gegenüber der "Lebensmittelzeitung" damit, dass in Berlin "in den vergangenen Wochen sprunghaft zugenommen" habe. Dies wirke sich vor allem in einer eingeschränkten Auswahl von Lieferterminen aus. Das Unternehmen wolle aber auf jeden Fall an dem Service festhalten.
Zuletzt gab es für Bringmeister auch an anderer Stelle Ärger. Das Kammergericht Berlin rügte das Unternehmen für mangelnde Transparenz.
Das Gericht mahnte an, Lebensmittel-Lieferdienste müssten Kunden vor der Bestellung im Internet über Zutaten und Allergene der angebotenen Produkte, über den Verzehrzeitraum und die Aufbewahrungsbedingungen informieren. Im Internetshop von Bringmeister fehlten laut dem Verbraucherzentrale Bundesverband Pflichtangaben beispielsweise bei Kartoffelchips, Tiefkühl-Pizzen und Schokoriegeln.
Trotz der gravierenden Probleme zu Lande will Bringmeister künftig auch Bestellungen aus der Luft annehmen. Dass soll eine Kooperation mit der Lufthansa ermöglichen. Hilfreich für das Konzept wäre allerdings, dass sowohl der Flieger als auch der Lieferdienst pünktlich sind.
Amazon Fresh
Der weltgrößte Online-Händler startet seinen Frische-Bringdienst zunächst in Berlin und Potsdam. Die breite Auswahl aus 85.000 Artikeln soll via DHL ausgeliefert werden. Bestellungen bis mittags sollen noch am selben Tag zum Abendessen geliefert werden. Bei einer Bestellung bis 23 Uhr kommt die Ware am nächsten Tag in einem ausgewählten Zwei-Stunden-Fenster
Rewe
Der Anbieter ist in rund 75 Städten verfügbar und verfügt über ein Sortiment von rund 9000 Artikeln, darunter auch Frischware. Rewe bietet auch Direktlieferungen am gleichen Tag an. Im Geschäftsjahr 2016 machte Rewe mehr als 100 Millionen Euro Umsatz im Online-Geschäft mit Lebensmitteln, hieß es auf der Bilanz-PK. Rewe liefert die Nahrungsmittel mit eigenen Kühlwagen aus.
Edeka
Der Online-Supermarkt Edeka 24 hat keine Frische- und Tiefkühlprodukte im Sortiment. Dafür liefert das Unternehmen bundesweit per Paketzustellung innerhalb von ein bis drei Werktagen. Die Zustellung von Frischeprodukten übernehmen bei Edeka bislang die zusammengeschlossenen Einzelhändler, die ihren Kunden individuelle Angebote für die der Einkäufe machen. Kunden in Norddeutschland können auch Online in einem nahegelegenen Markt einkaufen und sich ihren Warenkorb liefern lassen.
Kaufland
Anfang Oktober startete auch Kaufland mit einem Testbetrieb in Berlin. Das Angebot umfasst ein Vollsortiment inklusive Frisch- und Tiefkühlware. Wie Rewe liefert auch Kaufland die Waren mit eigenen Kühlfahrzeugen aus. Kaufland hat sich für den Testbetrieb ein eigenes Lager im Süden Berlins gebaut. Das Sortiment umfasst eigenen Angaben zufolge mehr als 10.000 Artikel. Geliefert wird noch am gleichen Tag bei Bestellungen am Morgen.
Lebensmittel.de
Der Online-Anbieter Lebensmittel.de hat mehr als 24.000 Artikel im Sortiment, auch Frisch- und Tiefkühlware. Lebensmittel.de liefert europaweit. Die Bestellungen werden am Folgetag versandt. Die Lieferung per Paketdienst dauert ein bis zwei Werktage.
Lidl
Der Discounter hat den Online-Verkauf von Tiefkühl- und Frischeprodukten kurz vor dem anvisierten Start wieder gestoppt. Eigentlich sollte Lidl Express im Frühjahr an den Start gehen, doch das Pilotprojekt war dem neuen Vorstandschef offenbar zu teuer. Damit gibt es bei Lidl nach wie vor nur unverderbliche Lebensmittel zu bestellen, die innerhalb von zwei bis drei Werktagen per Paket verschickt werden.
Real
Auch der Discounter Real bietet die Möglichkeit, unverderbliche Lebensmittel online zu bestellen. Die Produkte muss der Kunde dann allerdings selber in einem Real-Markt abholen. Bisher bieten nicht alle Märkte diesen Service Der bisherige Lieferservice Real Drive wurde eingestellt. Der neue Dienst heißt Real Lebensmittelshop. Der Lieferservice wurde nach Angaben von Real nur vorübergehend eingestellt und soll wieder aufgenommen werden.
Bringmeister
Bringmeister hat neben unverderblichen Lebensmitteln auch Frisch- und Tiefkühlware im Sortiment. Das Unternehmen bietet seinen Dienst in Berlin und München an. Die bestellten Waren werden bis 24 Uhr ausgeliefert. Bringmeister setzt wie Rewe auf eigene Lieferfahrzeuge und betreibt eigene Lager. Bringmeister war ursprünglich der Online-Lieferdienst von Tengelmann. Mit der Übernahme der Supermarktkette durch Edeka gehört auch Bringmeister inzwischen zu dem Handelskonzern.
Saymo
Der Online-Supermarkt Saymo hat keine Frische- und Tiefkühlprodukte im Programm. Das Sortiment umfasst rund 20.000 Artikel. Der Versand erfolgt bundesweit per Paketzustellung über DHL, die Lieferzeit beträgt ein bis drei Werktage. Saymo existiert als Online-Lebensmittelhandel seit 2010.
Gourmondo
Gourmondo bietet etwa 17.000 ausgesuchte Lebensmittel aus verschiedenen Regionen. Darunter auch Molkerei- und Fleischprodukte, aber keine Tiefkühlware. Der Online-Shop ist als Anbieter für Feinkost und Spezialitäten aus aller Welt 2002 gestartet. Bei Bestellungen per Paketzustellung bis 16 Uhr wird am nächsten Tag geliefert. Den Transport übernehmen wahlweise DHL oder DPD.
DPD
Der Paketdienst hat sich mit dem Anbieter von Kochboxen Hello Fresh zusammengetan und will künftig deren Koch-Sets ausliefern. Informationen des Handelsblatts zufolge soll DPD alleiniger Paketzusteller werden. Ab dem Sommer sollen weitere Lebensmittel-Versanddienste folgen.
