Sieben deutsche Versandzentren
Verdi bestreikt Amazons Black Friday
In sieben deutschen Versandzentren von Amazon beginnt ein mehrtägiger Streik. Der US-Konzern blockt die Forderung nach einem Tarifvertrag seit Jahren ab - doch mit Blick auf den Boom in der Corona-Krise macht die Gewerkschaft Verdi mehr Druck.
Nervenzentrum des Shopping-Booms: Versandzentrum von Amazon in Rheinberg (Kreis Wesel, Nordrhein-Westfalen)
Foto: Ralph Lueger/ imago images
Mit mehrtägigen Streiks beim Onlinehändler Amazon macht die Gewerkschaft Verdi im jahrelangen Kampf für einen Tarifvertrag erneut Druck. Rund um den umsatzstarken Einkaufstag "Black Friday" hat die Gewerkschaft an sieben deutschen Versandzentren zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen.
Mit Beginn der Nachtschicht von Mittwoch auf Donnerstag seien Beschäftigte in Leipzig (Sachsen), Bad Hersfeld (Hessen/zwei Standorte), Rheinberg, Werne (beide Nordrhein-Westfalen), Graben bei Augsburg (Bayern) und Koblenz (Rheinland-Pfalz) zu einem dreitägigen Streik aufgerufen worden, teilte Verdi mit. Ziel sei die Anerkennung der Flächentarifverträge des Einzel- und Versandhandels durch Amazon sowie der Abschluss eines Tarifvertrags für gute und gesunde Arbeit.
Bei Amazon hieß es zu ähnlichen Aktionen in der Vergangenheit stets, Kunden würden nichts davon spüren. Pakete kämen pünktlich an, der Großteil der Mitarbeiter kümmere sich wie üblich um Kundenbestellungen. Mit Blick auf die geplanten neuen Verdi-Proteste sagte ein Amazon-Sprecher in Koblenz, die Teams konzentrierten sich aktuell "darauf, die Pakete zum Kunden zu bringen". Auswirkungen auf Kundenlieferungen hätten die Aktionen in der Vergangenheit nicht gehabt.
Bei Amazon wird seit Mai 2013 in Deutschland immer wieder gestreikt - ohne dass es in dem festgefahrenen Konflikt zu greifbaren Ergebnissen gekommen wäre. Verdi ruft regelmäßig zu Arbeitsniederlegungen auf - etwa im Weihnachtsgeschäft oder an Schnäppchentagen wie "Black Friday" und "Cyber Monday". Die Gewerkschaft verlangt die Aufnahme von Tarifverhandlungen. Amazon lehnt das mit dem Argument ab, dass das Unternehmen eine Bezahlung am oberen Ende des Branchenüblichen in der Logistik anbiete, zudem gebe es Karrierechancen und viele Extras.
Verdi attackiert Jeff Bezos als Krisengewinner
Seit Jahren werde die geforderte tarifvertragliche und existenzsichernde Entlohnung abgelehnt, kritisiert Verdi-Vertreter Orhan Akman: "Gleichzeitig macht der Konzern mit dem reichsten Mann der Welt an der Spitze durch Coronavirus-Pandemie, 'Black Friday', 'Cyber Monday' und im Weihnachtsgeschäft riesige zusätzliche Milliardengewinne."
Amazon betreibt in Deutschland nach eigenen Angaben 15 Logistikzentren an 14 Standorten mit rund 16.000 fest angestellten Beschäftigten. Amazon sei ein fairer Arbeitgeber, macht der Onlinehändler geltend. Die Logistikmitarbeiter erhielten "ein sehr wettbewerbsfähiges Lohnpaket".
Der Konzern des US-Milliardärs Jeff Bezos (56) hat seine Mitarbeiterzahl in den vergangenen Jahren vervielfacht. Auseinandersetzungen mit den Gewerkschaften gibt es nicht nur in Deutschland. Das Unternehmen lehnt Tarifverträge grundsätzlich ab. Bezos gilt nach verschiedenen Vermögensschätzungen als der reichste Mensch der Welt. Aktuell schätzt "Bloomberg" seinen Reichtum auf 187 Milliarden Dollar (157 Milliarden Euro).