Die Pleite der einstigen Drogeriekette beschäftigt das Gericht. Mitangeklagt sind auch zwei Wirtschaftsprüfer von der Gesellschaft EY (Ernst & Young)
Foto: Stefan Sauer/ dpaIm Strafprozess gegen den früheren Drogeriekettenbetreiber Anton Schlecker hat einer der zwei mitangeklagten Wirtschaftsprüfer den Vorwurf zurückgewiesen, er habe Bilanzfälschung gedeckt.
Die über ein Darlehen finanzierte Privateinlage von Schlecker im Jahr 2009 sei zu Recht als Eigenkapital ausgewiesen worden, erklärte der Mitarbeiter der Prüfungsgesellschaft EY (Ernst & Young) am Montag vor Gericht.
Schlecker hatte damals einen Kredit von rund 50 Millionen Euro von der Schlecker LDG, der Logistikfirma seiner Kinder Lars und Meike, in das laut Anklage schon 2009 zahlungsunfähige Unternehmen als Einlage verbucht, um Verluste auszugleichen. Nach Darstellung des Prüfers war das bilanzrechtlich korrekt. Die beiden mitangeklagten Prüfer forderten zudem die Abtrennung des Verfahrens von dem der Schlecker-Familie.
Die zwei Wirtschaftsprüfer von EY sind mitangeklagt, weil sie falsche Bilanzen testiert hätten. Nach Überzeugung der Anklage war das Unternehmen bereits 2009 pleite, die Insolvenz wurde aber erst Anfang 2012 angemeldet. Schlecker habe zu diesem Zeitpunkt weder nennenswertes Vermögen gehabt, um die seit Jahren angefallenen Verluste auszugleichen, noch Aussicht auf Kredite.
Für den Wirtschaftsprüfer war das nach eigener Darstellung nicht ersichtlich. Die Bilanzprüfung habe sich auf das Unternehmen Anton Schlecker beschränkt, das Privatvermögen sei außen vor geblieben. "Wir gingen uneingeschränkt davon aus, dass Herr Schlecker das Darlehen aus Privatvermögen zurückzahlen kann", sagte der Prüfer.
Begleitet von großem Medieninteresse hat an diesem Montag vor dem Stuttgarter Landgericht der Prozess gegen Anton Schlecker begonnen. ...
... Gleich zu Anfang warnte der Anwalt des Drogeriemarktgründers vor einer Vorverurteilung seines Mandanten.
Der Gründer der gleichnamigen Drogeriemarktkette ist wegen vorsätzlichen Bankrotts angeklagt. Laut Staatsanwaltschaft soll der 72-jährige Schlecker ...
... vorsätzlich Bestandteile seines Vermögens, das im Falle einer Insolvenz den Gläubigern zugestanden hätte, beiseite geschafft haben. Schlecker soll demnach mehr als 20 Millionen Euro in vielen Einzelbeträgen beiseite geschafft haben. Dabei geht es unter anderem um eine Wohnungsrenovierung seines Sohns Lars Schlecker für etwa 1 Million Euro, eine Reise der Kinder für mehrere Zehntausend Euro sowie Geldgeschenke an vier Enkel in Höhe von insgesamt 800.000 Euro.
Außerdem wirft die Staatsanwaltschaft dem Drogeriemarktgründer vor, den Zustand des Unternehmens im Konzernabschluss falsch dargestellt und vor dem Insolvenzgericht unrichtige Angaben gemacht haben.
Mit auf der Anklagebank sitzt auch Schleckers Frau Christa (69). Sie soll über vermeintliche Beraterverträge Zehntausende Euro erhalten haben.
Neben Anton und Christa Schlecker sind auch die beiden Schlecker-Kinder angeklagt ...
... Meike (43) und Lars Schlecker (45 Jahre alt, nächstes Bild) sind als ehemalige Gesellschafter der Logistikgesellschaft LDG wegen ...
.... Insolvenzverschleppung und Untreue angeklagt. Sie sollen trotz der drohenden Insolvenz des allein vom Schlecker-Konzern abhängigen Logistikers nicht reagiert haben.
Alle vier Angeklagten äußerten sich vor Prozessbeginn nicht. Sie gelangten durch einen Hintereingang in das Gerichtsgebäude. Alle vier erschienen in schwarzer Kleidung vor Gericht ...
... Zu Beginn des Prozesses wies Anton Schlecker die Vorwürfe der Anklage zurück. "Die Vorwürfe sind unzutreffend", sagte sein Anwalt Norbert Scharf vor dem Landgericht Stuttgart. Eine Insolvenz sei für ihn "schlicht unvorstellbar" gewesen. ...
... Außerdem warnte der Anwalt vor einer Vorverurteilung: "Wir sollten uns davon frei machen, was da im Umfeld getrieben wird". Schlecker selbst schwieg mit versteinerter Miene. ...
... Im Prozess gegen die Schleckers entscheiden letztendlich der Vorsitzende Richter Roderich Martis (Mitte), Richterin Gabriele Sannwald (r) und Richterin Tanja Krämer. Bislang sind bis Oktober 26 Verhandlungstage angesetzt.
Die Familie Schlecker mied bislang öffentliche Auftritte. Fotos vom Schlecker-Gründer und seiner Familie galten als Rarität. Mit dem Auftritt vor Gericht müssen sich nun alle Beteiligten der Öffentlichkeit zeigen. Dieses seltene Foto zeigt das Ehepaar Anton und Christa Schlecker im Jahr 2009.
Europas ehemals größte Drogeriekette Schlecker hatte im Januar 2012 Insolvenz angemeldet. Mehr als 25.000 Menschen in Deutschland und genau so viele im Ausland verloren ihren Arbeitsplatz.
Die ehemalige Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Drogeriemarktkette Schlecker, Christel Hoffmann, sitzt am Montag als Zuschauerin im Gerichtssaal.