Sportartikelkonzern Bruch mit Kanye West zieht Adidas in die Verlustzone

Vorgewarnt: Adidas-CEO Bjørn Gulden stimmte die Märkte bereits Anfang Februar auf ein schlechtes Jahr ein
Foto: Daniel Karmann / dpa / picture allianceDie vollen Lager und die Aufkündigung der Yeezy-Partnerschaft haben den Sportartikelhersteller Adidas auch zum Jahresauftakt belastet. Im fortgeführten Geschäft stand im ersten Quartal ein Verlust von 24 Millionen Euro, wie Adidas am Freitag in Herzogenaurach mitteilte. Vor einem Jahr hatte die weltweite Nummer zwei hier noch einen Gewinn von 310 Millionen Euro erzielt. Der neue Vorstandschef Bjørn Gulden (57) bestätigte dennoch seine Jahresprognose.
Der Umsatz bewegte sich währungsbereinigt mit knapp 5,3 Milliarden Euro auf dem Vorjahresniveau. Das Betriebsergebnis brach um über 86 Prozent auf 60 Millionen Euro ein. Die entsprechende operative Marge lag nur bei 1,1 Prozent, nachdem sie ein Jahr zuvor 8,2 Prozent erreicht hatte.
Die Adidas-Aktie legte um rund 7 Prozent zu, stieg auf ein Jahreshoch und setzte sich an die Spitze des deutschen Leitindex Dax. Analysten hatten mit schlechteren Ergebnissen gerechnet. Branchenexperte James Grzinic vom Investmenthaus Jefferies lobte vor allem die Umsatzentwicklung. Diese könne dazu führen, dass Adidas im Gesamtjahr die vom Management ausgegebene Prognose übertreffen werde.
Lagerbestände sinken, China entwickelt sich besser als gedacht
Laut Konzernchef Gulden endete das erste Quartal damit etwas besser als erwartet. Die Lagerbestände seien immer noch zu hoch, aber schon 300 Millionen Euro niedriger als zu Beginn des Jahres. Zum Stichtag Ende März beliefen sich Adidas’ Vorräte auf fast 5,7 Milliarden Euro.
In Europa und speziell den USA sitzen Händler auf hohen Lagerbeständen. Im vergangenen Jahr hatten sie als Folge der Lieferkettenprobleme in erheblichem Umfang zusätzlich Produkte geordert, um die damals noch hohe Nachfrage bedienen zu können. Die Artikel liegen nun in den Lagern, während sich die Verbraucher angesichts der hohen Inflation mit Käufen zurückhalten.
Für 2023 erwartet CEO Gulden einen währungsbereinigten Umsatzrückgang um bis zu 9 Prozent. Dabei sieht der Konzernchef weiterhin ein erhöhtes Risiko einer Rezession in Nordamerika und Europa sowie Unsicherheiten mit Blick auf die Erholung in China.
Dort hatte Adidas unter seinem Vorgänger Kasper Rorsted (61) massiv an Boden verloren, der Marktanteil brach von 19 Prozent im Jahr 2019 auf 11 Prozent ein. Von den Boykottaufrufen nach der westlichen Kritik am Umgang mit den Uiguren wurde Adidas zudem stärker getroffen als die Konkurrenz, weil die Deutschen dort mehr auf Promis als Markenbotschafter setzten als auf Sportler, wie CMBI-Analyst Walter Woo sagt. Gulden steuert nun um: mit stärker auf China zugeschnittenen Produkten und mit Athleten als Werbeträgern. Im ersten Quartal habe sich das bereits ausgezahlt, der Umsatz entwickelte sich besser als gedacht, wie es in der Mitteilung vom Freitag hieß. "Das stimmt uns für den Rest des Jahres optimistisch", erklärte Gulden.
Zukunft der Yeezy-Produkte weiterhin unklar
In der Prognose ist ein Umsatzverlust von 1,2 Milliarden Euro enthalten für den Fall, dass Adidas seine restlichen Yeezy-Produkte nicht mehr verkaufen kann. Die Artikel waren in einer Partnerschaft mit dem umstrittenen US-Rapper Kanye West (45) entstanden. Adidas hatte daran in der Vergangenheit prächtig verdient. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern die Kooperation aber unter anderem wegen Antisemitismus-Vorwürfen gegen den Rapper beendet.
Im ersten Quartal büßte Adidas deshalb 400 Millionen Euro Umsatz ein. Weiterhin ist unklar, was mit den Produkten passiert. Die Optionen reichen von verschiedenen Verkaufsmöglichkeiten, die auch das Spenden der Erlöse beinhalten könnte, bis zur Vernichtung der Ware. Das Dilemma: Verkauft man den bei Fans begehrten "Yeezy"-Bestand, stünden West hohe Provisionen zu – und das Image von Adidas leidet. Wirft man die Millionen Paar Schuhe weg, drohen hohe Verluste.
Gulden hatte den Posten als Vorstandschef zum 1. Januar übernommen. Bereits im Februar stimmte er die Märkte mit einer Gewinnwarnung auf schlechte Zeiten ein, schließlich hatte er von seinem Vorgänger Rorsted einen Konzern voller Baustellen übernommen. Das laufende Jahr betrachte Gulden daher als Übergangsjahr. "2023 wird ein holpriges Jahr mit enttäuschenden Zahlen, in dem es nicht unser Ziel ist, unsere kurzfristigen Finanzergebnisse zu maximieren", sagte Gulden. Damit setzte er die Messlatte tief. Und schon mit den Zahlen zum ersten Quartal zeigt sich, wie sinnvoll diese Strategie war. So konnte der Adidas-CEO trotz schlechter Zahlen die Erwartungen der Anleger übertreffen.