Expansion Modehaus Marks & Spencer fordert Zalando heraus

Marks and Spencer in London: Erneute Expedition nach Deutschland - diesmal allerdings nur digital
Foto: Getty ImagesDüsseldorf - Die Niederlage schmerzt bis heute. Siegessicher war die in der Heimat sehr erfolgreiche Kaufhauskette Marks & Spencer einst nach Kontinentaleuropa vorgestoßen. Auch in deutschen Städten hatte man sich für seine Filialen Standorte in den Top-Lagen der Einkaufsstraßen gesichert.
Doch das Angebot der Modehäuser kam auf dem Festland nicht so gut an wie daheim - die kostspielige Expansion geriet zum finanziellen Desaster. Marks & Spencer kapitulierte und schloss im Jahr 2001 sämtliche 38 Filialen auf dem europäischen Festland. Vor allem die Verluste in den deutschen Filialen hatten dem Konzern schwer zu schaffen gemacht.
Der deutsche Modemarkt gilt für ausländische Händler als potenziell attraktiv, allein schon aufgrund seiner Größe. Fast 60 Milliarden Euro setzte der deutsche Textilhandel im vergangenen Jahr um, zeigen Daten des Bundesverbands Textileinzelhandel.
Doch er gilt auch als besonders schwierig, weil die deutschen Konsumenten vor allem billig und bequem einkaufen wollen. Der Margendruck ist hierzulande besonders hoch.
Marks & Spencer war deshalb nicht die einzige internationale Handelskette, die auf dem deutschen Markt scheiterte. Ähnlich erging es dem US-Bekleidungsriesen GAP, und auch der britische Warenhaus-Konkurrent Woolworth holte sich auf dem deutschen Markt eine blutige Nase.
Multi-Channel-Strategie: Zweiter Anlauf zum internationalen Player
Rund zehn Jahre hat es gedauert, bis sich Marks & Spencer von dem Schock des Expansions-Flops erholt hatte. Die Briten konzentrierten sich auf den Heimatmarkt, wagten vorsichtige erste Schritte mit Filialen in Übersee - doch eine Rückkehr nach Kontinentaleuropa wagten sie lange nicht.
Im Jahr 2010 dann verkündete das Management-Team rund um den neuen CEO Mark Bolland plötzlich, jetzt doch wieder zum internationalen Player aufsteigen zu wollen - fast 400 Läden auf der Insel sind nicht genug. Schließlich gibt es jetzt das Internet. Marks & Spencer will dank einer Online-Expansionsstrategie in den nächsten Jahren zum "internationalen Multi-Channel-Anbieter" aufsteigen.
Auf dem Heimatmarkt läuft die Multi-Channel-Strategie bereits. Kunden können online bestellte Ware in den zahlreichen Filialen abholen oder umtauschen. Mit digitalen Bestell-Displays in den Läden, QR-Codes an den Produkten, speziellen Smartphone-Apps für das Shopping via Internet-Fernsehen und ähnlichen Angeboten fühlt sich das Traditionskaufhaus nun wieder auf der Höhe der Zeit - und wagt sich auch wieder auf die Auslandsmärkte.
Wie groß dabei der Respekt gerade vor dem schwierigen deutschen Markt ist, zeigt sich schon daran, dass Marks & Spencer seine Auslands-Expansion im vergangenen Jahr nicht etwa auf dem nach Großbritannien zweitgrößten E-Commerce-Markt Deutschland startete, sondern im krisengeplagten Irland und in Frankreich. In beiden Ländern trauen sich die Briten neben den Online-Shops auch den Betrieb stationärer Shops und Flagship-Stores zu - genauso wie auf dem Heimatmarkt und inzwischen wieder in mehr als 40 anderen Ländern in der ganzen Welt.
100 neue Shops auf dem Festland, Online-Auftritt in Deutschland
100 neue Shops pro Jahr will der Händler eröffnen. Allerdings nicht in Deutschland. Hier wagt Marks & Spencer heute nur den Start mit einem reinen Online-Auftritt. Zurzeit gebe es keine Pläne, in Deutschland eigene Läden zu eröffnen, heißt es aus dem Unternehmen.
Dass sich der Online-Store in deutscher Sprache rechnen wird, da sind sich die Briten hingegen sicher: Schon jetzt würden viele deutsche Kunden über die britische Website Waren bestellen.
Was Marks & Spencer beim letzten Expansions-Versuch zum Verhängnis wurde, soll jetzt die Verkäufe ankurbeln: Die Eigenart der Deutschen, gerne bequem und billig einzukaufen. Denn das macht sie zu eifrigen Online-Shoppern.
Marktkenner sind jedoch skeptisch, dass internationale Anbieter es mit Online-Shops in Deutschland leichter haben als mit Läden in den Einkaufsstraßen. "Die Herausforderung, mit Online-Shops in Deutschland erfolgreich tätig zu sein, ist nicht zu unterschätzen", sagt Christoph Wenk-Fischer, Geschäftsführer des Bundesverbands des deutschen Versandhandels. "Marks & Spencer deckt mit seinem Angebot keine Lücke ab, sondern der Wettbewerb ist groß, die deutschen Anbieter sind gut aufgestellt."
Deutschland: Günstige Preise und mehr Retouren
Auch das Preisniveau in Deutschland sei "ausgesprochen kundenfreundlich", die Margen für die Händler seien daher oft geringer als sie es von anderen Märkten gewöhnt seien. Zudem sei der deutsche Käufer durch kundenfreundliche und sichere Zahlkarten wie den Kauf auf Rechnung verwöhnt und im internationalen Vergleich "retourenfreudiger" als die Nachbarn. "Dies alles bereitet Anbietern aus dem Ausland Probleme."
Das sieht auch Kai Hudetz so, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln. Mode sei seit drei Jahren die umsatzstärkste Branche im deutschen Online-Handel - und der Markt hart umkämpft. "Deutschland ist von der Bekleidungsbranche schon lange für den Distanzhandel erschlossen worden", erklärt Hudetz. Dank der früheren Platzhirsche des Katalog-Versandhandels, Otto und Quelle, seien die Deutschen geübte Mode-Besteller.
Selbst Online-Händler wie Zalando und Otto eröffnen eigene Läden
Davon profitieren jetzt im Digitalzeitalter auch deutsche E-Commerce-Größen wie die Versandhändler Zalando und Otto, denen Marks & Spencer jetzt Konkurrenz machen will. "Die Konkurrenz im Online-Handel ist hart. Reine Online-Shops wie Amazon und Zalando haben die Kunden an sehr kurze Lieferzeiten gewöhnt. Und Modeketten wie H&M oder Esprit bieten zusätzlich zum Online-Shop auch den Service und das Einkaufserlebnis in den Filialen", sagt Hudetz.
Selbst Online-Händler wie Zalando eröffnen inzwischen vereinzelt eigene Läden, damit Kunden sich das Angebot ihrer Online-Shops auch vor Ort anschauen und Rücksendungen abgeben können. Auch Versandhändler Otto unterhält deutschlandweit rund 400 Filialen.
Post aus Großbritannien
Marks & Spencer hingegen traut sich nicht, im margenschwachen deutschen Markt teure Läden in den Einkaufsstraßen zu eröffnen.
Die Briten wollen den deutschen Markt schlicht per Paketlieferung von den bestehenden Umschlagplätzen in Großbritannien aus beliefern - es wird nach eigenen Angaben drei bis fünf Tage dauern, bis die bestellte Ware beim Kunden in Deutschland ankommt.
Knapp fünf Euro wird der Versand kosten. Rücksendungen sollen deutsche Kunden an eine lokale Versandadresse schicken können. "Mehr als ein erster Schritt, um wieder einen Fuß auf den deutschen Markt zu bekommen, kann der Online-Shop nicht sein", sagt Hudetz. Die Briten werden wohl deutlich mehr investieren müssen, wenn sie nicht wieder scheitern wollen.
Online-Modehäuser: Zalandos wichtigste Wettbewerber