Milliardentransfer an Hedgefonds Alameda FTX-Gründer Bankman-Fried will von Geldverschiebungen nichts gewusst haben

FTX-Gründer Sam Bankman-Fried (während einer Anhörung in Washington im Mai 2022): Inzwischen hält sich der gestürzte Kryptokönig SBF lieber auf den Bahamas auf
Foto: Tom Williams / APWenige Wochen nach der Pleite der Kryptobörse FTX sucht deren geschasster Gründer Sam Bankman-Fried (30) verstärkt das Licht der Öffentlichkeit - und versucht, sich von strafrechtlich relevanten Vorwürfen reinzuwaschen. Er habe "keine Ahnung" davon gehabt, dass offenbar FTX-Kundengelder in Milliardenhöhe verschoben und dazu genutzt worden sind, um den in Not geratenen Hedgefonds Alameda zu stützen, sagte Bankman-Fried am Donnerstag im Interview mit dem US-Fernsehsender ABC News. "Ich wusste nicht, dass Kundengelder von FTX unrechtmäßig verwendet wurden", behauptete Bankman-Fried.
Alameda wurde ebenfalls von "SBF" gegründet und ist mehrheitlich in dessen Besitz. Der Hedgefonds hatte mit spekulativen Kryptowetten jahrelang ein großes Rad gedreht, war aber während der Krypto-Turbulenzen in diesem Jahr ebenfalls in Schwierigkeiten geraten. FTX verschob daraufhin Kundengelder in Höhe von bis zu 10 Milliarden Dollar zu Alameda, um dessen Liquiditätslücken zu füllen, wie zwei Insider gegenüber der Agentur Reuters bestätigten. Alameda-Chefin Caroline Ellison, die zeitweise mit Bankman-Fried in einer Luxus-Villa auf den Bahamas lebte, hatte Anfang November zugegeben, von den unerlaubten Transaktionen gewusst zu haben.
Nicht so ihr Ex-Freund Bankman-Fried. Der gestürzte Krypto-Milliardär hatte bereits Mitte der Woche in einem Video-Interview während einer Konferenz der "New York Times " bestritten, in die betrügerischen Vorgänge verwickelt zu sein. Er habe keine Kenntnis davon gehabt und glaube nicht, dass er nach dem FTX-Kollaps strafrechtlich angreifbar sei. Sein Erklärungsansatz lautete stattdessen: Bei FTX und bei dem Hedgefonds Alameda seien einige interne Konten "falsch ausgezeichnet" (mislabeled) worden. Dadurch sei ein Kontostand auf einem Alameda-Konto "um Milliarden Dollar höher, als wir angenommen hatten."
"Konten leider falsch ausgezeichnet"
Bankman-Fried hält sich aktuell auf den Bahamas auf und scheint der Haltbarkeit seiner eigenen rechtlichen Argumentation nicht recht zu trauen. Auf die Frage, ob er in Kürze in die USA zurückkehren werde, um sich den Fragen der Aufsichtsbehörden persönlich zu stellen, gab Bankman-Fried keine eindeutige Antwort.
FTX hatte am 11. November einen Insolvenzantrag gestellt, nachdem Kunden mehr als 6 Milliarden Dollar aus der Handelsplattform abgezogen hatten. Ein kurzfristiges Angebot, FTX zu übernehmen, zog der Chef der konkurrierenden Kryptobörse Binance, Changpang Zhao, wieder zurück. Zhao und Bankman Fried tragen seit Monaten eine öffentliche Fehde aus, der Sturz des Konkurrenten festigt die Position des neuen Kryptokönigs Zhao.
Bankman-Fried hatte die Leitung des Hedgefonds Alameda bereits im Oktober 2021 an Caroline Ellison und Sam Trabucco abgegeben. Trabucco hatte Alameda wenige Monate später verlassen. Alameda habe sich in großem Umfang an FTX beteiligt und mit diversen Kryptowährungen spekuliert, erklärte SBF. Die Wetten seien immer riskanter geworden und hätten immer mehr Kapital beansprucht - bis zu einem "point of no return". Jedoch seien die Probleme bei Alameda während eines Zeitraums aufgetreten, als er selbst nicht mehr CEO des Hedgefonds war, sagte Bankman-Fried - und wies auf diese Weise die Verantwortung seiner Ex-Freundin Caroline Ellison zu.
Er sei dazu gedrängt worden, auch für den US-Zweig von FTX einen Insolvenzantrag einzureichen, obwohl FTX US "meines Wissens nach eigentlich noch solvent" gewesen sei, sagte Bankman-Fried. Er sei falsch informiert worden – "von Leuten, die wohl nicht mehr im Interesse der FTX-Kunden gehandelt haben". Um wen es sich dabei genau handele, wollte SBF nicht ausführen. Schon kurz nach der FTX-Pleite hatte er sich bei Twitter einen erneuten Schlagabtausch mit Binance-Chef Zhao geliefert und sich selbst als Opfer dargestellt.
"Habe vielleicht noch 100.000 Dollar auf dem Bankkonto"
Bankman-Fried hatte nach dem Studium zunächst bei einem Broker an der Wall Street angeheuert und sich 2017 mit der Brokerfirma Alameda selbstständig gemacht. Mit dem Geld aus Spekulationen mit Kryptowährungen gründete er zwei Jahre später FTX, deren Geschäft explosionsartig wuchs. Im selben Jahr landete er mit einem geschätzten Vermögen von 26,5 Milliarden Dollar auf der Liste der reichsten Amerikaner des Magazins "Forbes". In dem Interview am Mittwoch sagte Bankman-Fried nun, dass er "fast nichts" mehr habe und nur noch eine funktionierende Kreditkarte mit "vielleicht 100.000 Dollar auf dem Bankkonto" besitze. Er bedauere, dass er "dem Risikomanagement in den vergangenen ein, zwei Jahren wenig Aufmerksamkeit gewidmet" habe. Hier hätten seine Unternehmen "komplett versagt".
Der neue FTX-Chef John Ray III übernahm im Zuge des Konkursverfahrens die Führung. Er kritisierte seinen Vorgänger scharf: "Noch nie in meiner Karriere habe ich solch ein komplettes Versagen an Unternehmenskontrolle und so einen Mangel an vertrauenswürdigen Finanzinformationen erlebt." Was die Ex-Führungsriege um Bankman-Fried veranstaltet habe, sei schlicht "inakzeptabel". In den USA laufen Ermittlungen und Sammelklagen gegen Bankman-Fried.