Wort des Jahres Hunzinger als "verbales Leitfossil"
Wiesbaden Dies gab die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) am Freitag bekannt. Die Wortschöpfung "Teuro" sei prägnant und kreativ zugleich, drücke ein verbreitetes Gefühl aus und habe zahlreiche Ableitungen wie "Teuro-Debatte" und "Teuro-Sheriff" inspiriert, sagte Jury-Mitglied Joachim Heise.
Auf die Plätze zwei und drei kamen "Pisa-Schock" und "Jahrtausendflut". Position vier belegte Bundeskanzler Gerhard Schröder mit "Kakophonie". Der Kanzler habe einen bildungssprachlichen Ausdruck wiederbelebt, um die Missklänge in der rot-grünen Koalition zu benennen, sagte Heise.
Die GfdS kürt alljährlich Ausdrücke, die den öffentlichen Sprachgebrauch des betreffenden Jahres geprägt haben. Zu der zehn Positionen umfassenden Liste trug in diesem Jahr VW-Manager Peter Hartz mit seinem Papier zur Reform der Arbeitsvermittlung allein zwei Begriffe bei: "Ich-AG" kam auf Platz fünf, "Job-Floater" auf sieben. Dazwischen rangiert "Bush-Krieger". Die Jury wertete den vom SPIEGEL geprägten Ausdruck als kreative Wortverschmelzung.
"Es gibt nur ein' Rudi Völler"
Beim einzigen Verb auf der Liste steht der Frankfurter PR-Unternehmer Moritz Hunzinger Pate: "verhunzingern" (Platz 8) bezeichne eine neue Form von Lobbyismus, sagte Heise. Sprachlich handele es sich um eine im Deutschen seltene Ableitung aus einem Familiennamen.
Platz neun ging dagegen an eine typisch deutsche Prägung: "Arzneimittelausgaben- begrenzungsgesetz" ist in den Augen der Jury das Parade-Beispiel einer Komposita-Bildung (Wortzusammenfügung), die andere Sprachen kaum kennen.
Auch ein Lied-Titel schaffte es auf die Liste der prägenden Wörter: "Es gibt nur ein' Rudi Völler" brachte nach Ansicht der GfdS die Freude der deutschen Fußballfans über den Vizeweltmeister-Titel am besten auf den Punkt.
Preisschub bei Dienstleistungen nicht rückgängig gemacht
Unterdessen teilte das Statistische Bundesamt mit, dass sich der Euro trotz höherer "gefühlter Inflation" nicht als "Teuro" erweise. Diese Aussage von Währungshütern untermauerten die Statistiker am Freitag mit neuen Zahlen. Die Inflationsraten der vergangenen Monate zeigten, dass die Euro-Einführung auf die Verbraucherpreise keinen wesentlichen Einfluss gehabt habe. Sonderentwicklungen dürften aber zum "Teuro"-Gefühl beigetragen haben: So sei bei keiner der untersuchten Dienstleistungen der Preisschub vom Januar rückgängig gemacht worden.
Die Wörter des Jahres seit 1971
Als Wort des Jahres kommen Ausdrücke in Frage, die die öffentliche Diskussion des betreffenden Jahres bestimmten, wichtige Themen bezeichnen oder aus anderen Gründen als charakteristisch erscheinen. Die GfDS spricht von "verbalen Leitfossilien". Im vergangenen Jahr gelangte sogar ein Datum wie "Der 11. September" auf die Liste.
2001: Der 11. September
2000: Schwarzgeldaffäre
1999: Millennium
1998: Rot-Grün
1997: Reformstau
1996: Sparpaket
1995: Multimedia
1994: Superwahljahr
1993: Sozialabbau
1992: Politikverdrossenheit
1991: Besserwessi
1990: Die neuen Bundesländer
1989: Reisefreiheit
1988: Gesundheitsreform
1987: Aids, Kondom
1986: Tschernobyl
1985: Glykol
1984: Umweltauto
1983: Heißer Herbst
1982: Ellenbogengesellschaft
1981: Nulllösung
1980: Rasterfahndung
1979: Holocaust
1978: Konspirative Wohnung
1977: Szene
1971: aufmüpfig