Dosenpfand EU setzt Ultimatum
Straßburg/Berlin - Die EU-Kommission hat Deutschland eine Frist von zwei Monaten zur Änderung der umstrittenen Dosenpfandregelung gesetzt. Die Kommission beschloss am Dienstag in Straßburg, das seit vergangenem Oktober anhängige Verfahren gegen die Bundesregierung voranzutreiben. Damit hat sich der Konflikt zwischen Brüssel und Berlin weiter zugespitzt.
Der zentrale Vorwurf der EU bleibt, dass das Pfand ausländische Getränkeanbieter benachteilige. Die Bundesregierung wies die Vorwürfe zurück. Sie gingen "völlig an der Realität vorbei", sagte Umweltminister Jürgen Trittin. Pfandgegner begrüßten die Entscheidung der EU.
Innerhalb von 60 Tagen muss Berlin nun mögliche Änderungen nach Brüssel übermitteln. Sollte Deutschland sich weigern, kann die Kommission Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einreichen. Ein Urteil dort würde voraussichtlich erst in einigen Jahren gefällt werden.
EU: Bedenken sind nicht hinreichend ausgeräumt
EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein bemängelt, dass es deutschlandweit kein funktionierendes Rücknahmesystem gibt. Er geht davon aus, dass der Handel das Angebot pfandpflichtiger Verpackungen angesichts verschiedener Rücknahmesysteme eher verringern wird. Da ausländische Getränkeanbieter vor allem auf Dosen und andere Einwegverpackungen setzten, seien sie somit benachteiligt.
Bolkestein sagte, die Kommission habe mehrfach auf hoher Ebene versucht, die Angelegenheit mit den deutschen Behörden beizulegen. In den Streit hatten sich das Bundeskanzleramt und Kommissionspräsident Romano Prodi selbst eingeschaltet. "Dabei konnten die Bedenken der Kommission nicht hinreichend ausgeräumt werden", sagte er. "Es bleibt der Kommission somit keine Wahl. Sie muss den Fall weiterverfolgen." Er sei zuversichtlich, dass noch eine einvernehmliche Lösung gefunden werden könne. Den ökologischen Sinn einer Pfandregelung zweifelt die Kommission ausdrücklich nicht an.
Trittin sagte zu der Entscheidung der EU-Kommission: "Es ist zu begrüßen, dass die Kommission sich zur Zulässigkeit des Dosenpfandes bekennt." Gleichzeitig behindere sie jedoch konstruktive Lösungen in der Umsetzung der Pfandpflicht und ignoriere Marktdaten und Entwicklungen wie den aktuellen Zusammenschluss der beiden führenden Rücknahmesysteme.
FDP geht fest von EU-Gerichtsverfahren aus
Nach Ansicht der FDP bestehen kaum noch Zweifel, dass die EU- Kommission gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof klagen wird. Die FDP-Umweltexpertin Birgit Homburger forderte Trittin auf, das Pfand auszusetzen. Auch der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) forderte, das Pfand zurückzunehmen. Ein jahrelanger Rechtsstreit vor dem EuGH würde zahlreiche Arbeitsplätze kosten. "Wir brauchen jetzt Rechtssicherheit", sagte HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr. Veränderungen an den Pfandregelungen, um den Forderungen der EU entgegen zu kommen, hält Pellengahr für unmöglich: "Das deutsche Zwangspfand kann nicht EU-konform gemacht werden."
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt (AGVU), Werner Delfmann, begrüßte die Entscheidung. Damit sei der Weg frei "für ökologisch und wirtschaftlich vernünftige Lösungen". Auch Betriebsräte in der Verpackungsbranche begrüßten das "Machtwort" der EU. Die Deutsche Umwelthilfe wies hingegen darauf hin, dass das Oberverwaltungsgericht in Berlin erst kürzlich die Position der Regierung eindeutig gestärkt habe, in dem es europarechtliche Einwände gegen das Pfand zurückwies.