Entrepreneure des Jahres 2003 Wegweiser für die deutsche Wirtschaft
"Innovativ ist nur, wer dorthin geht, wo die anderen nicht sind." Dieser Leitspruch des Gipfelstürmers und Keynote-Speakers Reinhold Messner kennzeichnet die Leistungen fünf herausragender mittelständischer Unternehmer, die gestern in Frankfurt als "Entrepreneure des Jahres" 2003 ausgezeichnet wurden.
Eine unabhängige Jury hatte die fünf Sieger ausgewählt. Deren teils ironische Selbstbeschreibungen und Titulierungen illustrierten die Vielfalt deutscher Mittelständler. Prämiert wurden unter anderem der "Herr der Achterbahnen", ein passionierter Tierfreund sowie ein Hochschulprofessor, der erfolgreich ein Softwareunternehmen aufgebaut hat, obwohl ihm das Kultusministerium eine Tätigkeit als Geschäftsführer untersagt hat.
Rund 300 Unternehmer hatten sich um den renommierten Preis beworben, der gestern bei einer großen Gala in der Frankfurter Alten Oper mit 800 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Medien in den fünf Kategorien Industrie, Handel, Dienstleistung, Informationstechnologie und Start-up verliehen wurde.

Es darf getanzt werden: Party-Stimmung in der Frankfurter Alten Oper
Foto: Stephan Maka
Gruppenfoto: Lachende Gesichter allenthalben
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Würdiges Ambiente: Die Alte Oper in Frankfurt
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Keynote-Speaker: Reinhold Messner
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Ein hungriger Bauch feiert nicht gern: Auch für das leibliche Wohl wurde gesorgt
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Mutig wie ein Mount-Everest-Bezwinger
Die Gewinner sind Hans Georg Näder, Chef der Otto Bock HealthCare GmbH in Duderstadt (Kategorie Industrie), Torsten Toeller, Gründer der Fressnapf Tiernahrungs GmbH in Krefeld (Handel), Roland Mack Chef und Mitgründer des Europa-Park in Rust (Dienstleistung), August-Wilhelm Scheer, Gründer der IDS Scheer AG in Saarbrücken (Informationstechnologie) sowie Karl Klamann, Vorstandsvorsitzender der HumanOptics AG in Erlangen (Start-up).
"Diese Entrepreneure haben eines gemeinsam", so Alfred Müller, Mitglied des Vorstands der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young, die Initiator des Wettbewerbs ist: "Sie haben bewiesen, dass sie den Mut und den Willen zum Erfolg haben. Damit agieren sie als Motor und Wegweiser für die deutsche Wirtschaft".
Der Wettbewerb wird bereits zum siebten Mal veranstaltet, unterstützt von der Deutschen Bank, SAP, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Cap Gemini Ernst & Young sowie manager magazin. Der Preis soll die Leistungsfähigkeit der mittelständischen Wirtschaft und ihre Bedeutung für die gesamte Volkswirtschaft hervorheben.
Gipfelstürmer Messner fand manche Analogie zu seinen Abenteuertouren auf die höchsten Berge der Welt, als er in seiner Festrede die Leistungen der versammelten Unternehmer würdigte. Auch er habe seine Pläne oftmals gegen herrschende Vorurteile durchgesetzt, etwa als er ohne Sauerstoffmaske den Mount Everest bestieg. Was ihn mit den Entrepreneuren verbinde sei der Mut, "immer dorthin zu gehen, wo zuvor noch kein anderer war".
Die Statements der Sieger
Die Statements der Sieger
Den Sieger in der Kategorie Industrie, Hans Georg Näder, lobte mm-Chefredakteur Arno Balzer als einen Mann, der jedes Handicap als Herausforderung annimmt. Näder hatte 1990 im Alter von 28 Jahren die Leitung der Firma seines Vaters übernommen, der Otto Bock Healthcare GmbH. Die Firma aus Duderstadt stellt Prothesen und Produkte der Rehabilitations-Technik her. Aus dem 1919 gegründeten Familienunternehmen formte Näder innerhalb von zwölf Jahren eine global tätige Firmengruppe. In diesem Zeitraum vervierfachte sich der Umsatz auf rund 350 Millionen Euro. Mit einem Seitenhieb auf die Politik formulierte der Hobby-Hochseesegler Näder seine Maxime, wie man auch in schwierigen Zeiten auf Erfolgskurs bleiben kann: "Wir brauchen nur verlässliche Rahmenbedingungen. Den Rest machen wir dann schon selbst."

Gala-Veranstaltung: Festlich gedeckte Tische in der Alten Oper
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Unermüdlich: Bis tief in die Nacht wurde gefeiert
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Lichtspiele: Die Alte Oper erstrahlte festlich
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"Hallo, liebe Tierfreunde", begrüßte launig Torsten Toeller, Sieger in der Kategorie Handel, das Publikum in der Alten Oper. Dass er es 13 Jahre nach Gründung der Fressnapf GmbH geschafft habe, Marktführer in Europa zu werden, schrieb Toeller ironisch einem Mangel an Visionen zu. Gemeint war damit der ehemalige Arbeitgeber des gelernten Einzelhandelskaufmanns, der Toellers aus den USA mitgebrachte Idee eines Supermarktes für Tiernahrung keine Chance gab. So gründete Toeller 1990 kurzerhand selbst einen Fachmarkt für Tiernahrung und -zubehör. Inzwischen ist daraus ein Franchiseunternehmen mit über 2000 Mitarbeitern geworden, das 2002 einen Umsatz von über 400 Millionen Euro erzielte. Angesichts solcher Zahlen konnte es sich Toeller leisten, die schlechte Konjunktur mit einem lockeren Spruch zu parieren: "Überall ist von Rezession die Rede. Wir haben beschlossen, uns nicht daran zu beteiligen."
Widerstand und Angst vor der Augen-OP
Der "Herr der Achterbahnen" und Sieger in der Kategorie Dienstleistung, Roland Mack, konnte immerhin auf die Erfahrung seines Vaters zurückgreifen, mit dem er 1973 den Freizeitpark Rust gründete. Mack ist Spross einer Unternehmerfamilie, die seit 1780 Karussells und Zirkuswagen baut. An Besserwissern und Miesmachern herrschte auch bei der Verwirklichung von Macks Geschäftsidee kein Mangel. Die Banker gaben den beiden kein Geld und die Dorfbewohner fragten sich laut, wer denn wohl so verrückt sei, an die französische Grenze zu fahren, um sich dort zu amüsieren. Die Macks fingen trotzdem an, Fahrgeschäfte und Hotels in der südbadischen Provinz zu bauen und betreiben inzwischen Deutschlands größten Freizeitpark.
Widerstände von Seiten der Behörden wiederum konnten den Preisträger in der Kategorie Informationstechnologie, August-Wilhelm Scheer, nicht davon abhalten, 1984 ein Unternehmen für Softwareentwicklung und -beratung zu gründen, die IDS Prof. Scheer GmbH. Als Wissenschaftler an der Universität Saarbrücken wollte Scheer beweisen, dass sich seine Forschungsergebnisse in Wirtschaftsinformatik in marktfähige Produkte umsetzen lassen. Scheer hatte eine Software entwickelt, die hilft Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten. Doch das Kultusministerium untersagte ihm die Tätigkeit als Geschäftsführer. So trieb Scheer eben als Aufsichtsrat die Entwicklung des Unternehmens voran, das heute in 19 Ländern rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt. In seiner Dankesrede kritisierte Scheer die seiner Meinung noch immer unternehmerfeindliche Haltung an vielen deutschen Hochschulen. Eine gute Idee könne schließlich nur dann zur echten Innovation reifen, wenn sie auch umgesetzt werde, sagte Scheer.
"Besonders bei Männern gibt es zwei Organe, an denen sie sich gar nicht gerne operieren lassen", umriss Karl Klamann, Sieger in der Kategorie Start-up mit seinem Unternehmen HumanOptics, prägnant das Konzept seiner Geschäftsidee. Klamann kümmert sich um die Augen. Zusammen mit einem französischen Augenarzt entwickelte er eine künstliche Linse, die im Gegensatz zu konventionellen Heilmitteln nicht starr ist, sondern sich mit den Augenmuskeln verbindet. Diese bahnbrechende Erfindung einer verformbaren Linse gibt Patienten, die etwa am Grauen Star erkrankt sind, das einem gesunden Auge entsprechende Sehvermögen zurück. Klamanns künstliche Linse wurde inzwischen schon bei über 10.000 Patienten auf der ganzen Welt erfolgreich implantiert.
Rund 300 Teilnehmer
Um den renommierten Unternehmerpreis "Entrepreneur des Jahres" hatten sich in diesem Jahr rund 300 mittelständische Unternehmen beworben. Nur 64 Unternehmen schafften es nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren in die Finalrunde. Die unabhängige Experten-Jury beurteilte die Finalisten nach dem Engagement des Entrepreneurs, der Innovationskraft und dem Zukunftspotenzial des Unternehmens sowie der Nachhaltigkeit des Unternehmenswachstums.
Der Unternehmerwettbewerb ist inzwischen in aller Welt bekannt. In dreißig Ländern auf fünf Kontinenten veranstaltet die Ernst & Young-Gruppe das Entrepreneur of the Year-Programm. Gemeinsam mit den Siegern wurden alle Finalisten des Wettbewerbs in den Entrepreneur-des-Jahres-Club aufgenommen.
Galerie: Fünf Sieger Überblick: 64 Finalisten Der Wettbewerb: 300 Teilnehmer