
John Fredriksen
Foto: Scanpix code 20520/ picture-alliance/ dpaJetzt schlägt die Stunde von John Fredriksen. Der aus Norwegen stammende Multimilliardär mit zyprischer Staatsangehörigkeit, Typ knorriger Kauz, hat schon einige Aufs und Abs in seinen Investments weggesteckt: Als Tui-Großaktionär konnte Fredriksen (75) seine Vorstellungen nicht durchsetzen und stieg 2014 aus, für seine pleite gegangene Ölförderfirma Seadrill musste er 2018 eine Milliarde Dollar frisches Kapital aufbringen, im Folgejahr rettete der den Billigflieger Norwegian - aus heutiger Sicht keine gute Wahl. In diesem Jahr stürzten die Werte seiner Fischfarmen und Immobilien ab.
Doch all das spielt kaum noch eine Rolle, weil Fredriksen wieder als "Tankerkönig" glänzen kann - seine Hauptidentität, mit der er in den 70er Jahren ins Geschäft einstieg. An diesem Montag, als der Ölpreis seinen historischen Crash ins Negative erlitt, gewann die Aktie von Fredriksens Tankschiffreederei Frontline 13 Prozent.
Auch die anderen Wettbewerber, wie Frontline zumeist mit Sitz auf Bermuda, gewannen an der Börse zweistellig. Sie sind die Gewinner des Super-Contangos, wie ein Aufpreis für spätere Lieferung an den Terminmärkten genannt wird. Es lohnt sich, Öl aufzubewahren und erst später auf den Markt zu bringen. Doch die Speicher an Land sind nahezu erschöpft.
"Die verfügbare Kapazität in unseren Terminals ist fast komplett ausverkauft", sagte Gerard Paulides, Finanzvorstand des weltgrößten Tanklagerbetreibers Vopak aus den Niederlanden, am Dienstag zu "Bloomberg". "Und was ich von anderswo höre, sind wir nicht die einzigen."
Beim Hamburger Wettbewerber Marquard & Bahls war auf Anfrage von manager magazin keiner der Händler der Tochter Oiltanking für eine Auskunft verfügbar - alle zu beschäftigt wegen der außergewöhnlichen Nachfrage.
"Tanker sind der einzige Ort, wo das Kapital der Energiebranche hin kann, bevor sich das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wieder umkehrt", erklärt Jon Chappell, Analyst von Evercore ISI. Die Nachrichtenagentur Reuters meldet aus Schifffahrtskreisen, der Rekordwert von 160.000 Millionen Fass Öl werde derzeit auf See zwischengelagert - fast doppelt so viel wie in der Weltwirtschaftskrise 2009.
60 Supertanker seien zu diesem Zweck gechartet worden, in den kommenden Wochen dürfte ihre Zahl auf 200 steigen, und das zu stark steigenden Preisen: Die Charterrate für einen Tag habe sich auf mehr als 100.000 Dollar vervielfacht, teils würden Spitzenpreise von 400.000 Dollar gezahlt, nur um Öl irgendwo aufbewahren zu können.
"This time it's for real", frohlockte Frontline-Chef Robert Macleod schon im März. Er hatte bereits im vergangenen Herbst die Anleger auf rauschende Gewinne wegen eines Super-Contango eingestimmt. Die Situation hielt dann aber nur für vier Tage vor. Doch nun halten sich die hohen Charterraten schon länger als einen Monat - und damit auch die außerordentlichen Gewinne für John Fredriksen.